Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 208 Niederaula, Hauptstraße 13, ehemaliger Amtshof 1584
Beschreibung
Bibelzitat und Bauinschrift auf einer zweiteiligen Wappentafel aus hellrotem Sandstein, die mit dunkelgrauer (Öl-?)Farbe überstrichen worden ist. Der ursprüngliche Anbringungsort der Tafel innerhalb des Amtshofes ist unbekannt, da sie um 1910 im Keller des Anwesens lag und später in die Öffnung eines Kellerfensters eingepaßt wurde.1) Heute befindet sie sich unter Dach außen an dem rückwärtigen modernen Anbau und blickt, an einer modernen Mauer auf der Südseite der Gebäude des Amtshofs aufgehängt, zur Hauptstraße.2) Das Bibelzitat (A) steht innen auf der Fase eines Rundbogens, unter dem die von einem geflügelten Engelskopf bekrönte und von Roll- und Blattwerk gerahmte vierzeilige Bauinschrift (B) angebracht ist. Auf einer eigenen Tafel folgt darunter folgt das Vollwappen des Abtes. Wegen der unterschiedlichen Breite der Stücke kann man einen Verlust am Seitenhang nicht ausschließen. Als Trenner dient ein Quadrangel. Zwischen den Ziffern der Inschrift (B) steht ein Steinmetzzeichen (Nr. 12).
Maße: H. 95,5, B. 74,5, Bu. 3,5 (A), 3,5–4,5 (B) cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
VERBVM DOMINI MANET IN AETERNVM3) ∙ 1584
- B
15//84 / LVDOVICVS / ABBAS CONF(IRMATVS)a) HERSFELD/ENSIS ME AEDIFICARIb) CVRAVIT
Übersetzung:
(A) Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. – (B) 1584. Ludwig, bestätigter Abt von Hersfeld, ließ mich bauen.
Stift Hersfeld/Landau4) |
Textkritischer Apparat
- Das F mit einem unteren Balken wie ein E geschrieben.
- Zwei Balkenansätze eines E vorhanden, aber die Mittelbalken offenbar nicht ausgeführt, um das I des Infinitiv Passiv zu retten; eine ähnlich Nachlässigkeit bei Anm. a.
Anmerkungen
- Hörle 119. Handke, Abtsbilder 17 vermutete sie ursprünglich in dem runden Untergeschoß der nordwestlichen Eckbastion.
- Kemp, Kulturdenkmäler II 671.
- Jes 40,8; 1 Petr 1,25.
- Im gespaltenen Schild vorne Stift Hersfeld, hinten Landau (zwei [Pilger]stäbe); Helmzier: Mitra.
- Löbe, Wahlsprüche 165 f.; DI 39 (Lkr. Jena) Nrr. 136 f.; DI 41 (Göppingen) Nr. 421.
- Vgl. dazu Demme, Nachrichten I 53 und 73; zur Biographie Abt Ludwigs vgl. Nr. 213.
Nachweise
- Hörle, Alt-Hersfelder Inschriften 119 und 118 (Abb.).
- May, Sprache der Wappen 24 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 208 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0020808.
Kommentar
Der Text von Inschrift (A) bildete zunächst den privaten Wahlspruch des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, bevor er zur Losung des Schmalkaldischen Bundes wurde und als Devise der Reformation allgemeine Verbreitung fand.5) Seine Verwendung durch Abt Ludwig zeigt, daß dieser wie schon sein Vorgänger Michael Landgraf der Reformation wenigstens nach außen hin verbunden war.6) Das CONFIRMATVS in Inschrift (B) bezieht sich auf die notwendige Bestätigung des Hersfelder Abtes durch Kaiser und Papst.
Ludwig ließ den Amtshof in Niederaula nicht nur erweitern, sondern auch durch eine Mauer abschließen (Nr. 209).
Die Schrift von (B) ist wenig professionell in den verbleibenden Raum gequetscht, teilweise sehr gedrängt und in der untersten Zeile kleiner unter die Voluten geschrieben. In der Qualität der Ausführung und im Niveau der Formgebung fällt sie hinter die Inschrift im Bogen zurück. Wegen der überflüssigen Wiederholung des Datums könnte sie einem anderen Arbeitsgang angehören.