Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 253† Solz (Bebra), Evangelische Kirche 4. V. 16. Jh.

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Epitaph der Barbara von Trott zu Solz. Über die Gestaltung des Denkmals sowie seine Wappen macht Lucae keine Angaben.

Nach Lucae.

  1. Barbara sub ge[li]doa) iacet Trottina sepulchroNobilis et vera virgo pudicitia.Quae quia divini coluit mysteria verbiIntegritate probans et pietate fidem.Percipit aeternae iam caelestiab) gaudia vitaeSponsa Deo sponso consociata suo.

Übersetzung:

Hier ruht unter dem kalten Grabmal Barbara Trott, eine edle Jungfrau und von wahrhafter Sittsamkeit. Weil sie die Geheimnisse des göttlichen Wortes ehrte, machte sie den Glauben durch ihre Reinheit und durch ihre Frömmigkeit sichtbar. Schon empfängt sie die himmlischen Freuden des ewigen Lebens und wird als Braut mit Gott, ihrem Bräutigam, vereint.

Versmaß: Drei elegische Distichen.1)

Kommentar

Der Terminus post quem für das Epitaph ergibt sich aus der Stiftungsinschrift eines Kelches, den Barbara Trott zu Solz 1565 an die Kirche von Solz schenkte (Nr. 162). Barbara, die in den Stammtafeln der Familie Trott zu Solz nicht nachgewiesen ist,2) blieb unverheiratet, da sie in der Inschrift als Jungfrau bezeichnet wird. Obwohl die Familie Trott zu Solz evangelisch geworden war, nimmt die Inschrift Formulierungen auf, wie sie schon vor der Reformation für Nonnen und für andere fromm und enthaltsam lebende Frauen üblich waren. Dazu gehört etwa die Bezeichnung als vera virgo pudicitia und die Aussage, sie habe die Geheimnisse des göttlichen Wortes geehrt. Der letzte Vers schließlich greift das alte Bild der Christusvermählung auf, mit dem schon in karolingischer Zeit die enge Beziehung der Nonnen zu Gott, dem sie ihr Leben geweiht hatten, zum Ausdruck gebracht wurde.3)

Textkritischer Apparat

  1. Gemdo Lucae, was jedoch auf einen Lesefehler zurückgehen dürfte.
  2. In der Handschrift nur caelesta.

Anmerkungen

  1. Ob hier die nicht mehr zeitgemäßen einsilbigen Leoniner wirklich gesucht wurden, steht dahin. Es könnte sich auch um mehr oder weniger zufällig zustande gekommene Reime aus der grammatischen Kongruenz handeln. Das ist umso wahrscheinlicher, als anders als bei den mittelalterlichen Reimen hier nur die Endvokale übereinstimmen.
  2. Vgl. Buttlar-Elberberg, Stammbuch, Trott zu Solz Taf. I.
  3. Vgl. dazu Scholz, Karolingische Inschrift 150–153 und Bischoff, Epitaphienformulare 152 f.

Nachweise

  1. Lucae, Kleinod 419 (202).
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. Oktober 2022):

Hinweis zu Inschrift und Übersetzung:

Dr. Edgar Siedschlag, Witzenhausen, regt aus Gründen der Metrik eine Verbesserung der Lesung von Lucae an:

1. Zeile: „… iacet hic Trottina …“

5. Zeile: Tilge „iam“.

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 253† (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0025303.