Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 199 Bad Hersfeld, Stiftskirche/Stiftsruine 1580
Beschreibung
Grabplatte des Friedrich Risner. Die Platte aus gelbgrauem Sandstein befindet sich heute im Nordquerhaus. Die Grabinschrift (A) läuft auf dem Rand zwischen Linien um. Im oberen Teil des Feldes steht ein Engel, der eine Rollwerktafel mit dem Bibelzitat (B) vor sich hält. Daran ist ein Wappenschild an einem Ring aufgehängt. In der rechten unteren Ecke befindet sich die Meistersignatur (C). Als Worttrenner dienen Quadrangel.
Maße: H. 225, B. 101, Bu. 5–5,7 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO D(OMI)NI ∙ 1 ∙ 5 ∙ 80 ∙ 17 CAL(ENDAS) OCTOB(BRIS) / PIE IN CHRISTO OBIIT CLARISS(IMVS) VIR FRIDERICVS RISNER(VS) INSIGNIS ET PRAE/STANTISS(IMVS) MATHEMATICVS / QVI HIC TERRAE MANDATVS SONITVM TVBAE EXPECTAT ∙ AETATIS SVAE 47 ∙
- B
CONVERTERE ANIMA MEA IN / REQVIEM TVAM QVIA / D(OMI)N(V)S BENEFECIT TIBI / PSALM ∙ 1141)
- C
V(ALENTINVS) ∙ H(EP) ∙
Übersetzung:
(A) Im Jahre des Herrn 1580, am 17. Tag vor den Kalenden des Oktober (15. September) starb fromm in Christo der hochberühmte Mann Friedrich Risner, der ausgezeichnete und vortrefflichste Mathematiker, der hier der Erde übergeben den Schall der (Auferstehungs-)Posaune erwartet, im Alter von 47 Jahren.
(B) Kehre zurück, meine Seele, in deine Ruhe, denn der Herr hat dir wohlgetan.
Risner2) |
Anmerkungen
- PsG 114,7.
- Redend: ein Ast (Reis), begleitet von zwei Sternen.
- Vgl. zu weiteren Arbeiten der Werkstatt Hep Nrr. 172, 173, 184, 186, 195 f., 203; Nrr. 181, 213 und Einleitung Kap. 5.2.
- Hörle 42; erw. auch bei Demme, Nachrichten I 77.
- Vgl. Neuhaus 164 mit älterer Literatur.
Nachweise
- Wendelstädt, Bemerkenswerthe Grabsteine 359.
- Neuhaus, Friedrich Riesner 164 (A, B).
- Neuhaus, Bei den Toten 73 mit Abb.
- Hörle, Die Grabsteine im Stift aus dem 16. Jahrhundert 42 (A, B tw., C).
- Neuhaus, Geschichte Hersfeld 180 mit Abb. (A).
- Bildhauer Valentin Hep 54.
- Wiegand, Kulturdenkmäler 148 (erw.) mit Abb.
- „Friedrich Risner 1580, Hersfeld“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1092> (Stand: 14. 11. 2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL).
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 199 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0019906.
Kommentar
Die schlanke Kapitalis ist im Wesentlichen gleichstrichig. Lediglich der Schrägschaft des N ist regelmäßig dünner als die übrigen Schäfte ausgeführt worden. Die Schrift zeigt insgesamt die typischen Merkmale der Werkstatt Valentin Heps, unter denen vor allem das E mit drei gleich langen Balken hervorsticht. Auffällig ist hier das zweibogige E in REQVIEM und BENEFECIT, das in anderen Arbeiten Heps nicht erscheint.3) Die Schrift steht den Arbeiten Heps viel näher als die für den verwandten Georg Risner (Nr. 194).
Friedrich Risner stammte aus Hersfeld, ging nach Paris, wo er Gehilfe des Mathematikprofessors Petrus Ramus († 1572) wurde, und kehrte wegen der konfessionellen Auseinandersetzungen im Gefolge der Bartholomäusnacht 1572 selbst als berühmter Gelehrter nach Hersfeld zurück.4) Er machte sich als Forscher zur Optik und Astronomie einen Namen – einen Opticae thesaurus veröffentlichte er 1572 in Basel, ein vierbändiges Werk zur Optik erschien 1606 unter landgräflicher Ägide in Kassel.
Seine Grabplatte wurde angeblich von Abt Ludwig gestiftet.5) Das ist umso wahrscheinlicher, als der Abt dem Gelehrten im Westen der Kirche ein Wandgemälde (Nr. 201) mit ausführlichem Totenlob HONORIS ERGO zur Memoria stiftete und seine Gelehrsamkeit über alles pries.