Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)

Nr. 18 Braach (Rotenburg), Evangelische Kirche 1133

Beschreibung

Bauinschrift auf einem Quader aus rotem Sandstein, der in Zweitverwendung unten links im Portal der Kirche vermauert ist. Der ursprüngliche Anbringungsort ist unbekannt. Vom unteren Teil des Quaders scheint ein Stück zu fehlen, so daß heute nur noch vier Zeilen der auf ihm angebrachten Inschrift vorhanden sind. Wie groß der Textverlust ist, läßt sich nicht entscheiden. Die Oberfläche des Steins ist stark abgewittert, wodurch in der letzten Zeile Textverlust eingetreten ist. Als Worttrenner dienen halbkugelig vertiefte Punkte.

Maße: H. 32, B. 66, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/1]

  1. ANNO ∙ D(OMI)NICAE / INCAR(NATIONIS) ∙ MCXXX / IIIa) [X]IIIIb) ∙ K(A)L(ENDAS) IVNII / [HAEC DOMVS / RENOVATA EST]c)

Übersetzung:

Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1133, am 14. Tag vor den Kalenden des Juni (19. Mai) ist dieses Haus erneuert worden.

Kommentar

Die starke Abwitterung des Steins erschwert es, die Ausführung der Buchstaben in allen Einzelheiten genau zu beurteilen. Die Inschrift zeigt neben dem trapezförmigem A mit nach links überstehendem Deckstrich in ANNO auch ein spitzes A in INCARNATIONIS und ein spitzes, ganz schmales im Nexus von DOMINICAE. Das M ist sehr breit und mit einem fast bis zur Grundlinie reichenden Mittelteil gebildet, das R trägt eine stachelförmige Cauda, und große Bögen sind nur unvollkommen dem Kreisbogen nachgebildet. Die Buchstaben sind im Wesentlichen gleichstrichig, und Bogenverstärkungen sind kaum vorhanden. Die Sporen sind dreieckig. Auf Unzialbuchstaben oder runde Buchstabenvarianten wurde vollständig verzichtet. Die Inschrift besitzt somit ein retardierendes, noch stark an der spätkarolingischen Kapitalis orientiertes Schriftbild, von dem lediglich das stark trapezförmige A abweicht.

Die in Braach schon zur Zeit Luls bestehende Siedlung besaß offenbar eine alte Kirche, die im 12. Jahrhundert umgebaut und erneuert wurde. Die für eine Dorfkirche extrem frühe Inschrift erklärt sich aus der besonderen Stellung des Ortes und seiner Kirche, die den Sitz eines Erzpriesters über 16 Kirchspiele mit 66 Gemeinden bildete.1)

Textkritischer Apparat

  1. MCXXXIIII Lucae; ihm folgt Bingemann, der gegen die Nachzeichnung auf 1134 datiert, wo nur MC XXX zu erkennen ist.
  2. D(IE) XIV Lucae; von dem X ist nur der obere Teil erhalten geblieben.
  3. Ergänzt nach der Lesung von Pfarrer Zieske (1928–48) bei Bingemann. In der untersten Zeile sind Buchstabenreste erkennbar, die aber nicht genau zugeordnet werden können. Die Lesung von Zieske setzt den kompletten Verlust einer weiteren Zeile voraus.

Anmerkungen

  1. So nach Bingemann.

Nachweise

  1. Lucae, Kleinod 437 (215).
  2. Möller, Gut Bubenrode 30.
  3. Bingemann, Dorfkirche Braach o. S. (mit Nachzeichnung von Ludwig Hönig).

Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 18 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0001802.