Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 36 Duderstadt, Westertor 1424

Beschreibung

Steintafel und Quader mit Bauinschriften. Die querrechteckige Steintafel mit der Inschrift A über der Tordurchfahrt an der Innenseite des Tores. Oben am Turm unterhalb einer Nische mit der Figur des Apostels Andreas darin links und rechts von dem in einem verwitterten Engelskopf endenden Konsolstein die zweizeilige, in zwei Spalten angeordnete Inschrift B. Der linke Teil der Inschrift fehlt bis auf wenige Buchstaben am Zeilenende, da der Quader hier abgeschnitten ist. Beide Inschriften sind in erhabenen Buchstaben in vertieften Zeilen ausgeführt.

Maße: Bu.: 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    A(n)no · d(omi)ni · m · cccc° · xxiiii° / Crasti(n)a · palmar(um)1) · et · i(n) · p(ro)festo / valerianj2) · (com)bvsta · (est) · dvderst(adivm) / a valva · svp(er)iori · ad · ha(n)c · valva(m) / q(ua)rta · pe(n)the(costes)3) · h(aec) · valva · (est) · incepta ·

  2. B

    [ – – – ]ten / [ – – – ]d[.] // Het · dyt · d/or · gema·ket

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1424 am Tag nach Palmsonntag und am Tag vor Valerian verbrannte Duderstadt vom Oberen Tor bis zu diesem Tor. Am Mittwoch nach Pfingsten wurde dieses Tor (zu bauen) begonnen. (A) ... hat dieses Tor gemacht. (B)

Kommentar

Die beiden Inschriften sind in derselben gotischen Minuskel ausgeführt. Charakteristisch ist das doppelstöckige a, dessen linker Teil des gebrochenen oberen Bogens in einen weit nach unten gezogenen Schnörkel aufgelöst ist, t mit Balken nach rechts und angesetztem senkrechten Zierstrich, ebenso g mit Balken nach rechts und Zierstrich. Bemerkenswert ist auch das in Inschrift A zweimal vorkommende est-Kürzel in Form dreier übereinandergesetzter Quadrangeln. Die Ober- und Unterlängen reichen in die die Zeilen begrenzenden Stege hinein. Als Worttrenner sind in der Inschrift A größere (Zeile 1) und kleinere Quadrangeln mit nach oben und unten angesetzten Zierhäkchen und kleine Kreuze verwendet, die Quadrangeln in der ersten Zeile sind in der Mitte vierpaßartig durchbrochen.

Nach dem Bericht des Chronisten Johann Barckefeldt brach das in Inschrift A erwähnte Feuer in einer Scheune bei der Cyriakuskirche aus und verbreitete sich vom Wind begünstigt so schnell, daß die ganze halbe Stadt vom Oberen Tor bis ans Westertor zu Grunde ausgebrannt und nichts stehen blieben als das Eckhaus beim Obern Tor und Hermans von Lengede Vorhaus auf der Spiegelbrücken, und weil alle Straßen zugefallen, sein viele Leute verbrannt und umbkommen und zwar über hundert Menschen, darunter 37 Bürger, so begraben worden.4) Der in der Inschrift B im heute fehlenden linken Teil ursprünglich genannte Name des Baumeisters, der das Westertor wiederaufbaute, läßt sich nicht ergänzen, da die Stadtrechnungen zwischen 1410 und 1432 eine Lücke aufweisen.

Anmerkungen

  1. 17. April.
  2. 13. April. Wenn sich beide Daten auf denselben Brand beziehen, der nach kurzer Zeit wiederaufflammte, sind die Daten in chronologisch verkehrter Reihenfolge mitgeteilt. Nach Wolf, Geschichte, S. 101 (unter Berufung auf die Chronik des Dietrich Engelhus), brachen die Feuersbrünste am 17. April und am 31. Oktober aus. Der 31. Oktober läßt sich jedoch nicht mit einem heiligen Valerian in Verbindung bringen. Außerdem spricht der bereits kurz nach Pfingsten begonnene, inschriftlich dokumentierte Wiederaufbau des Turms gegen dieses Datum.
  3. 14. Juni.
  4. Barckefeldt, Duderstadt, S. 137.

Nachweise

  1. Wolf, Geschichte, S. 224 (A).
  2. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 31 (A).
  3. Jaeger, Bilder, S. 12 (A).
  4. UB Duderstadt, Nr. 262, S. 180 (A).
  5. Bernhard Otto, Das Wahrzeichen Duderstadts. In: Die Goldene Mark 27, 1976, S. 87f., hier S. 87 (A).
  6. Lufen, Altkreis Duderstadt, S. 118 (A), Abb. S. 119 (B).

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 36 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0003601.