Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 304 Hann. Münden, Steinbachtal 1614

Beschreibung

Kreuzstein zum Gedenken an Johann Kettler. Der Stein steht am Weg unterhalb der über das Steinbachtal führenden Brücke in unmittelbarer Nähe eines zweiten Kreuzsteins (Nr. 305). Auf der einen Seite des hochrechteckigen, oben abgerundeten Steins die Inschrift A, darunter ein Schleifenornament. Auf der anderen Seite ein von einem Schwert durchstochenes Kreuz, die Jahreszahl B sowie ein Wappenschild mit Hausmarke, links und rechts davon Initialen (C). Die Inschriften A und C sind eingehauen, die Jahreszahl B erhaben gehauen.

Maße: H.: 90 cm; B.: 51 cm; Bu.: 3,5 cm (A), 8–9 cm (B), 4 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    IOHANN KESSL/ER BVRGER VND K/RAMER ZV MVNDEN I/ST AVF SEINER HEIMREIS/E VON CASSELL AN DIE/SEN ORT VONBOSENB[VBE]/N BERAVBET VND MIT SE/INEM KVNFTIGEN EID/EM GEORGEN SMALKE/L ERMORDERT WORD/EN A(NN)O 1614a) AM 4 / OTb) OCTOBRIS DEM / GOIT GNAD (etcetera)

  2. B

    1614

  3. C

    I(OHANN) K(ESSLER)

Wappen:
Kettler1)

Kommentar

Die N der Inschrift A sind ohne Ausnahme retrograd, die Wörter sind nicht durch Spatien voneinander getrennt.

Johann Kettler wurde im Jahr 1603 in die Mündener Kaufgilde aufgenommen.2) Kurz vor seinem gewaltsamen Tod kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Johann Kettler und der Gilde, weil Kettler schon seit längerer Zeit mit dem von ihm getätigten Eisenhandel gegen die Gildestatuten verstoßen hatte. Der Eisenhandel war ausschließlich der Schmiedegilde vorbehalten. Die Kaufgilde drohte Kettler mit dem Verlust der Gildemitgliedschaft, falls er den Eisenhandel nicht unverzüglich einstelle, und verhängte eine Strafzahlung in Höhe von 10 Talern.3) Daß die Familie Kettler auch nach der Ermordung Johanns im Oktober 1614 weiter Eisenhandel betrieb, belegt ein undatiertes Schreiben, in dem die Witwe Ortia Kettler die Kaufgilde bittet, ihr das von der Gilde beschlagnahmte Eisen zurückzuerstatten. Die Kaufgilde erklärte sich dazu bereit, falls die Witwe sich mit ihr einigen würde.4) Die Ermordung Kettlers findet im Kaufgildebuch keine Erwähnung. Nach Sittig handelte es sich bei dem zusammen mit Kettler ermordeten Georg Schmalkalden um den Sohn eines in Langensalza am Kornmarkt ansässigen Händlers.5) Die Kirchenrechnung von St. Blasius verzeichnet unter den Einnahmen neben dem Läutegeld für Johann Kettler und Georg Schmalkalden auch je drei Ellen Leinwand (vgl. Nr. 161) für das Begräbnis der beiden Ermordeten und vermerkt dabei, daß Georg Schmalkalden mit einer Tochter Johann Kettlers verlobt gewesen sei.6)

Textkritischer Apparat

  1. Vor der 6 ein großer Schnörkel
  2. OT] Die Bedeutung ist nicht klar, möglicherweise falsch für OCTOBRIS, das dann noch einmal neu ausgeführt wurde.

Anmerkungen

  1. Wappen Kettler (Hausmarke H20).
  2. StA Hann. Münden, Protokollbuch der Kaufgilde (ohne Signatur), fol. 46r. Die Namensschreibung in den Archivalien durchgängig als Kettler.
  3. Ebd., fol. 107v/108r.
  4. Ebd., loses Blatt.
  5. Sittig, Mordsteine.
  6. Pfarrarchiv St. Blasius, Hann. Münden, KR I. 7., fol. 174v u. 165r.

Nachweise

  1. Fischer, Kunstdenkmäler, S. 42.
  2. Gerhard Meyer, Alte Wahrzeichen bei Münden. In: Oberweser Heimat, Niedersächsische Heimatblätter der Mündenschen Nachrichten 2. Jg., Nr. 13 vom 28. März 1931, mit Abb.
  3. Mittelacher, Mordsteine (normalisiert, mit Abb.) – Brethauer, Münden 2, S. 114.

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 304 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0030404.