Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 286† Kerstlingerode, ev.-luth. Kirche St. Johannes d. T. 1608

Beschreibung

Glocke. Ende des 19. Jahrhunderts war die Glocke schon nicht mehr vorhanden.1) Die Inschriften befanden sich nach Heise an der Glockenschulter (A) und auf gegenüberliegenden Seiten auf dem Mantel (B, C).

Inschriften nach Heise.

  1. A

    Mit Gottes Hulfe goß mich Hanß Reuter zu Gottingen Psallite Domino in buccinis et sono tubae

  2. B

    Johann Tornarius Superintendens Johann Coelerus Pastor loci Henrich Wessel Ober Ambtmann im Lande Göttingen Anno salutis 1608

  3. C

    Zu der Ehre JESU Christi hat die Edle und Viel=Tugendsahme Frau Maria von Kerstlingeroda Witwe XXIV Taler Gefen

Übersetzung:

Lobpreiset den Herrn mit Hörnern und dem Klang der Trompete. (A)

Kommentar

Hans Reuther ist 1607 als Gießer einer Glocke in Wehnde (Kreis Worbis) bezeugt und goß 1610 eine Glocke für die Kirche in Dankelshausen (Nr. 290).2) Er war Göttinger Bürger und bewohnte ein Haus in der Roten Straße. Dort ist er erstmalig im Jahr 1595/6 und ab dem folgenden Jahr einige Häuser weiter in den Schoßlisten im selben Bezirk bis 1609/10 nachzuweisen.3) Im Jahr 1610/1 ist seine Witwe verzeichnet.4) Hans Reuther war zweimal verheiratet, in erster Ehe einem Eintrag im Willkorebuch von 1597 zufolge mit Gertrud Stalknecht.5) Nach seinem Tod verkaufte seine zweite Ehefrau Anna zusammen mit den Kindern aus erster und zweiter Ehe am 10. April 1611 das Haus an der Roten Straße.6) Beruflich war Hans Reuther verschiedentlich auch für die Stadt Göttingen tätig und wird in diesem Zusammenhang als Rotgießer bezeichnet. So enthalten die allgemeinen Ausgaben der Stadt 1597/8 einen Eintrag, demzufolge Reuther den Mörser des Apothekers ausgebessert hatte. Mehrfach wurde er auch für die Anfertigung neuer Strenzen (= Röhre, Spritze) entlohnt.7)

Johannes Tornarius war von 1599 bis zu seinem Tod 1610 Superintendent an St. Martin in Dransfeld.8) Zu dem Pastor Johann Koler vgl. Nr. 282. Heinrich Wissel studierte seit 1563 Jura an der Universität Wittenberg und seit 1569 in Frankfurt an der Oder.9) Danach fungierte er seit 1570 zunächst als Amtsschreiber in Calenberg, seit 1574 als Amtmann auf verschiedenen Posten und wurde 1589 zum Oberamtmann des Landes Göttingen berufen. Wissel starb im Jahr 1624.10) Die in Inschrift C genannte Maria von Kerstlingerode, auf deren Kosten die Glocke gegossen wurde, war die Witwe des 1603 verstorbenen Johann Wilhelm von Kerstlingerode (vgl. Nr. 321).

Anmerkungen

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 119.
  2. Walter, Glockenkunde, S. 847.
  3. StA Göttingen, AB Kämmereiregister Nr. 196, fol. 14v; Nr. 197, fol. 3v; Nr. 210, fol. 44r, sowie alle dazwischenliegenden Jahrgänge der Kämmereiregister.
  4. Ebd., Nr. 211, fol. 20r.
  5. StA Göttingen, AB MS 1, 16, 34, Nr. 191.
  6. StA Göttingen, AB MS 1, 16, 35, Nr. 1477.
  7. StA Göttingen, AB Kämmereiregister, u. a. Nr. 198, fol. 84r u. 87r; Nr. 200, fol. 119v; Nr. 203, fol. 123v u. 124r.
  8. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 209.
  9. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 47b, Nr. 22. Matrikel Frankfurt, S. 213b, Nr. 65.
  10. Zu Wissels Biographie vgl. dessen Leichenpredigt, verf. v. Christoph Losse, Helmstedt 1625 (SUB Göttingen 4° V. V. 9). Es gibt auch ein in gedruckter Form erhaltenes, für Wissel verfaßtes lateinisches Gedicht von Heinrich Meibom, Helmstedt 1625 (SUB Göttingen, 4° V. VI. 15).

Nachweise

  1. Heise, Antiquitates, S. 189.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 119 (C nach Heise).

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 286† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0028601.