Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 241 Duderstadt, Westertorstr. 22/24 1600

Beschreibung

Schwellbalken und Brüstungstafel. Dreigeschossiges traufenständiges Fachwerkhaus mit vorgekragten Obergeschossen, sechs Gefache breit. Die Inschrift A zwischen Zahnschnittleisten in vertiefter Zeile auf dem Schwellbalken des zweiten Obergeschosses, die Inschrift B auf dem Schwellbalken des ersten Obergeschosses. Die erhaben geschnitzten Buchstaben sind in Gold auf Blau gefaßt. In den Brüstungsfeldern des zweiten Obergeschosses Ornamente in Flachschnitzerei, im vorletzten Feld rechts ein bekrönter Pfau, der von einem nackten Mann mit Stock an der Leine gehalten wird, im letzten Feld von Ornament umgebene Zeichen, die sich weder mit der griechischen noch mit der hebräischen Schrift oder einer Schrift aus dem arabischen Raum vereinbaren1) und daher auch nicht wiedergeben lassen, möglicherweise eine Geheimschrift.2) In den Brüstungsfeldern des ersten Obergeschosses ebenfalls in Flachschnitzerei farbig gefaßte Darstellungen von kämpfenden Landsknechten, im äußeren linken Feld ein von zwei Putten mit Palmzweigen gehaltener, mit vier Rosen besetzter Blätterkranz, darin eine Hausmarke (H12).

Maße: Bu.: ca. 7 cm (A), ca. 9 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Sabine Wehking [1/3]

  1. A

    DER · HEILGE · CHRIST · GOTTES · SON · VND · DER · WELT · HEILANT · IST · DER · IST · VNS · ZV · GVTE · MENSCH · GEBORN · DIE · WIR · IN · SVNDEN · WAREN · VERLORN · ANNO · 1 · 6 · 0 · 0 ·

  2. B

    ROM · 4 · DEM · ABER · DER · NICHT · MIT · WERKEN · VMGEHT · GLEVBT · ABER · AN · DEN · DER · DIE · GOTLOSEN · GERECHT · MACHT · DEM · WIRT · SEIN · GLAVBE · GERECHNET · ZVR · GERECHTIGKEIT 3) NBa)

Kommentar

Das Römerbriefzitat der Inschrift B entspricht einem Kerngedanken der lutherischen Lehre, daß der Mensch allein durch den Glauben vor Gott gerechtfertigt ist. Als Hausinschrift ist diese Bibelstelle eher ungewöhnlich und deutet wie auch Inschrift A auf einen dezidiert protestantischen Erbauer hin, bei dem man einen gehobenen Bildungsstand voraussetzen kann. Durch den Platz am ersten Obergeschoß wird die Inschrift B besonders in den Blick des Betrachters gerückt.

Textkritischer Apparat

  1. Die Bedeutung der Initialen ist fraglich. Es dürfte sich nicht um den Erbauernamen handeln, da der Schoßumgang von 1600/1 (StA Duderstadt, AB 15) keinen entsprechenden Namen verzeichnet. Möglicherweise sind die Initialen als N(OTA) B(ENE) aufzulösen und würden dann noch einmal besonderen Nachdruck auf die Aussage der dezidiert protestantischen Inschrift legen.

Anmerkungen

  1. Auskunft von Prof. Dr. Peter Bachmann (Göttingen).
  2. Eine falsche Restaurierung eines ursprünglich deutschen Textes scheidet wohl als Möglichkeit aus, da sich ähnliche Zeichen auch am Nebenhaus Westertorstr. 26 (Nr. 245) finden.
  3. Rö. 4,5.

Nachweise

  1. Engelhard, Hausinschriften, S. 34f.
  2. Jaeger, Bilder, S. 26 (nach Engelhard).
  3. Haase, Die Evangelischen, S. 64 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 241 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0024102.