Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 130 Reinhausen, ev.-luth. Kirche St. Christophorus 1522

Beschreibung

Zwei Schlußsteine. Sandstein. Die beiden Steine liegen in der Mauritiuskapelle im ersten Stock des Turms. Sie wurden 1892 aufgefunden und sollen aus der Grabkapelle der Familie von Uslar-Gleichen stammen (vgl. Kommentar). Der eine Schlußstein trägt in der Mitte eine Rosette im Relief. Die in einem vertieften Feld umlaufende Inschrift A ist nur noch fragmentarisch erhalten, da die Kante an der einen Seite zu einem Viertel weggebrochen und auf der anderen Seite beschädigt ist. Der zweite Schlußstein trägt ebenfalls eine in einem vertieften Feld umlaufende Inschrift, das Innenfeld ist glatt. Beginn und Ende der Inschrift sind durch einen kleinen Wappenschild voneinander getrennt. Auch dieser Stein ist an einer Stelle an der Kante beschädigt. Die Inschriften sind erhaben gehauen.

Maße: Dm.: 45 cm (A), 41 cm (B); Bu.: 5 cm (A), 6,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    · an(n)o · 1 · 5 · 22a) · d(omi)n(u)s · m[at]hias · [........]

  2. B

    frater · reÿnerusb) · prior ·

Wappen:
Majus1)

Kommentar

Matthias Majus wird in der Zeit von 1499 bis 1512 im Wechsel mit einem Johannes und einem Albertus verschiedentlich als Prior des Klosters Reinhausen erwähnt.2) In dieser Zeit legte er Verzeichnisse über Einnahmen und Ausgaben des Klosters an, mit deren Hilfe die Finanzverwaltung entsprechend den Statuten der Bursfelder Union von 1494 auf einen besseren Stand gebracht werden sollte.3) Als Abt des Klosters Reinhausen fungierte er in der Zeit von 1519 bis zu seinem Tod im Jahr 1525.4) Der Prior Reiner ist in diesem Amt erstmalig 1517 urkundlich nachweisbar,5) und wurde nach dem Tod des Matthias Majus zum Abt gewählt. Im September 1526 ist er erstmalig als Abt genannt.6) Er resignierte im Frühjahr 1534 möglicherweise wegen Auseinandersetzungen mit dem Göttinger Rat infolge der Einführung der Reformation.7)

Daß die beiden Schlußsteine ursprünglich zur Grabkapelle der Familie von Uslar-Gleichen gehört haben,8) ist mehr als zweifelhaft. Die Kapelle, die im Nordosten an die Kirche angebaut war und im 18. Jahrhundert abgerissen wurde, ist in einer Urkunde vom 1. Mai 1394 erstmalig erwähnt.9) Die fälschliche Annahme, ihre Erbauung sei im Jahr 1322 erfolgt, geht auf eine Fehllesung der Jahreszahl auf dem einen Schlußstein als 1322 statt 1522 zurück.10) Da die Familie kaum einen Umbau ihrer Kapelle im Jahr 1522 finanziert hätte, um dann Wappen und Namen von Prior und Abt in die Schlußsteine hauen zu lassen, ist anzunehmen, daß sich die Nennung von Prior und Abt auf eine ganz andere Baumaßnahme auf dem Klostergelände bezieht. Möglicherweise stand diese in Zusammenhang mit einer weiteren, durch eine heute verlorene Inschrift bezeugten Baumaßnahme (vgl. Nr. 131).

Textkritischer Apparat

  1. 1522] 1322 Müller, Klosterkirche und Müller, Reinhausen, der aufgrund dieser Fehllesung die Grabkapelle der Famile von Uslar-Gleichen auf das Jahr 1322 datiert.
  2. reÿnerus] remigius Lücke und Müller.

Anmerkungen

  1. Wappen Majus (gespalten).
  2. UB Reinhausen, Nr. 404–427.
  3. Dazu Manfred Hamann, Alltag im Kloster Reinhausen am Vorabend der Reformation. In: Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 88, 1990, S. 75–94, hier S. 76f.
  4. UB Reinhausen, Nr. 436–439.
  5. UB Reinhausen, Nr. 433.
  6. UB Reinhausen, Nr. 440.
  7. UB Reinhausen, Nr. 456. Lücke, Klöster, S. 22.
  8. So Müller, Klosterkirche, S. 7, u. Ulbrich, Reinhausen, S. 16.
  9. UB Uslar-Gleichen, Bd. 1, S. 129.
  10. Vgl. Anm. a.

Nachweise

  1. Lücke, Garte, S. 187.
  2. Lücke, Klöster, S. 22.
  3. Müller, Reinhausen, S. 27 u. Abb. 27/28, S. 29.
  4. Müller, Klosterkirche, S. 7.

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 130 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0013004.