Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 127 Duderstadt, Rathaus 1520, 1573–1650

Beschreibung

Graffiti in den Gewölbefeldern im Zwischengeschoß des Ratsweinkellerflügels. Die in den Graffiti enthaltenen Namen, die bis in das 19. Jahrhundert hinein reichen, sind bereits von Fricke vollständig verzeichnet worden.1) Daher sind hier nur diejenigen Inschriften berücksichtigt, die in die Zeit vor 1650 fallen. Diese ältesten Graffiti befinden sich vor allem im südöstlichen Gewölbe, die genaue Position wird hier nach den im Lageplan bei Fricke eingetragenen Ziffern der Gewölbefelder angegeben: Gewölbefeld 6 (A), Gewölbefeld 8 (B), Gewölbefeld 9 (C), Gewölbefeld 11 (D), Gewölbefeld 12 (E), Gewölbefeld 13 (F). Diese Graffiti enthalten im wesentlichen die Namen der seit 1573 jeweils amtierenden Viermänner, die die Rechnungsführung der Kämmerei zu prüfen hatten, sowie der Kammerschreiber. Das älteste Graffito, das im Gewölbefeld 12 angebracht ist, verweist dagegen auf eine ursprünglich andere Nutzung der Räume als Gefängnis (E6). Einzelne Graffiti aus dem Bearbeitungszeitraum finden sich noch im Vorraum in den Gewölbefeldern 2 (G) und 3 (H). Die Graffiti sind mit Kohlestift oder Rötel ausgeführt. Auf der Tür, die das südöstliche Gewölbe vom Vorraum trennt, finden sich ebenfalls Graffiti (I), die mit weißer Kreide teilweise leicht eingeritzt sind und zum Teil in die Zeit vor 1650 fallen.2) Sie sind besonders im oberen linken Bereich stark verwischt und nicht mehr vollständig zu lesen.

Schriftart(en): Kursive, Minuskeln mit Versalien, Kapitalis, stark differierende Buchstabenhöhen, ca. 0,5–3 cm.

Sabine Wehking [1/9]

  1. A1

    Hans [ – – – ] / Andr[ – – – ] / Bartold de [ – – – ] / Sebastian [ – – – ] / 1635 3)

  2. A2

    Hans [ – – – ] / 162[.] / 163[.] / 1631 / 163[.] 4)

  3. B1

    anno 1 · 5 · 73 · des / Fridags post trium reg(um) 5) / Si deus pro nobis quis / contra nos 6) / Frederich engelke / Valentin Roleff / · 1 · 5 · 73 ·

  4. B2

    Bernhardt de Holle /Andreas Sothen / Hanß Hertwich / Henrich Gerlach / Henric(us) Beckmann 7) / 1645

  5. B3

    Ludolffus Ludolff / 1567 8)

  6. B4
    [ – – – ] Morick  a(nn)o 1621 
    [...]oni(us) Holtzborn Jun(ior)  a(nn)o 1623 
      1625 
    [...]ob Morick  Anno 1629 
    Hans Hardt  16309) 
  7. B5

    xlv

  8. B6

    1645 / Bernhardt von [ – – – ] / [ – – – ] / Hanß Hertwich / Henrich Gerlach / Henri[ – – – ] 10)

  9. C1

    Cristoffl hertwich / hanß gorteler / hanß ludolff / Andreß kersten / 1634 :

  10. C2

    Andreas Stromeier / Hans Richtstigk / Jacob Grobecker / Hanss Badinck / a(nn)o 83

  11. C3

    It(em) lv guld(en) va(n) den va(n) / geveldehus(en) geld(er) 11)

  12. D1

    Bernhardt von Hollen / Andreß Sothen / Hanß Hertwig / HENRICH GERLACH / HENRIC(US) BECKMAN / 1645

  13. D2

    Jacob Stolteheis / Borchard Goltman / Anno . 1610 . 12)

  14. D3

    Lorentz Hoffman / Hanß peter / Hanß Henrich Roden / Andreß Monnickhoff / Henric(us) Beckman 13)

  15. E1

    Heinrich Marten / Henrich Bosenberlt / Christoff Hertwich / Hanß Görteler / Herwich Zincke / 1633

  16. E2

    C S 14) 97

  17. E3

    Gorgen Kullenn 98 15)

  18. E4

    Henrich Boseberldt 16)

  19. E5

    su(mm)a iiiƒ sintener xxxviiƒ pu(nt) a)

  20. E6

    O mensheyt blos o martir groß O vunden / deyff O blodes krafft O gottes barmhertichkeyt / Johannes Langreffe prister / p(er)severauit hic vii ebdomandas / post d(iem) carnatione(m) 17) xv hundert 20 / Dauit / Junior fui ete(ni)m senui (et) non vidi Justum / derelictu(m) nec seme(n) ejus quaere(n)s panem 18)

  21. E7

    Frede(ricus) engelken 19)

  22. F1

    B · Wulffg(ang) Bunßen / Valtin Morigk / Jacob Boning / Berendt Garbode / 16//37b)

  23. F2

    Henrich Hertwich 1610 . / Dietherich Morick A(nn)o 1610 20)

  24. F3

    Balzer Morigk / Herwich Rode anno 74 21)

  25. F4

    Clawes Stromeyer 97 unde 98 22) / Bernhard Schrader / Gorgen Kullen 98 / steyndor / Georg Lemke / 98 23)

  26. G1

    Wulffg(an)g / Bunsen / Valtin Morigk / [...]ob Boning / [...]ent / Garbode / Andreas Lemken / 16//37 24)

  27. H1

    Lorentz Hoffman / Hanß Peter / Hanß Henrich Roden / Andres Monnickehoff / Henricus Beckman 25) / Anno 1647

  28. H2

    Bernhardt von Hollen /Andreas S[.....] / Hanns Hertwich / Henrich Gerlach 26)

  29. I1

    [ – – – ] 1631 / 1632 [ – – – ]

  30. I2

    henneken27)

  31. I3

    Jost Kleinen[....] / [ – – – ] / Hanns Firlehaus / Anno / 1598 28)

  32. I4

    [ – – – ] Plumkern / an(no) 1600 / Christian Mori[..] / Anno 1600 29)

  33. I5

    Barthold Wehren / Jurgen Bredenbecg / 1613 30)

Übersetzung:

Wenn Gott für uns (ist), wer (kann da) gegen uns (sein). (B1)

Der Priester Johann Landgreve verbrachte hier sieben Wochen nach dem Tag der Fleischwerdung (des Herrn) im Jahr 1520. David: Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe den Gerechten nicht verlassen gesehen und seinen Samen nicht um Brot bitten. (E6)

Kommentar

Die Gefangenschaft des Priesters Johann Landgreve im Duderstädter Rathaus ist nicht nur durch das Graffito E6 dokumentiert, sondern auch durch eine im Beisein des Nörtener Offizials in Göttingen getroffene Vereinbarung zwischen dem Priester und der Stadt Duderstadt vom 14. Juli 1520. Darin verpflichtete sich die Stadt Duderstadt, den Priester für seine Gefangenschaft zu entschädigen.31) Niederschlag fand die Angelegenheit auch in der Kämmereirechnung 1519/20, in der auf einer ganzen Seite die unterschiedlichsten Ausgaben in dieser Angelegenheit vermerkt sind. Insgesamt zahlte die Stadtkasse 95 Mark und 4 Schillinge.32) Während die Kosten der Angelegenheit bis ins Kleinste dokumentiert sind, enthalten die Quellen jedoch keinerlei Hinweis darauf, um was es bei der Gefangennahme des Priesters eigentlich ging. Lediglich der Umstand der Entschädigungszahlung deutet darauf hin, daß Landgreve unschuldig war.

Textkritischer Apparat

  1. 3 ½ Zentner 37 ½ Pfund, die letzte Einerziffer jeweils durchstrichen und damit halbiert, hier als ƒ dargestellt. Der Vermerk ist nicht zu datieren, dürfte aber aus dem 16. Jahrhundert stammen.
  2. Die Jahreszahl zu beiden Seiten der Namen. Welche Bedeutung das B am Beginn des Graffitos haben soll, ist nicht klar, da es sich hier um die Viermänner des Jahres 1637 handelt.

Anmerkungen

  1. Hans-Reinhard Fricke, Dokumentation. In: Rathaus Duderstadt, S. 293–302, hier S. 299–301.
  2. Die Inschriften auf der Tür nicht bei Fricke (wie Anm. 1).
  3. Zu ergänzen zu: Hans Ludolf, Andreas Kersten, Bartold de Wehren, Sebastian Vogt. StA Duderstadt, AB 178, fol. 1r (1634/5). Fricke (wie Anm. 1) identifiziert die Vornamen irrtümlich mit den Viermännern von 1613, von denen jedoch nur drei die gleichen Vornamen trugen.
  4. Die Ziffern links von einer geschweiften Klammer zusammengefaßt. Möglicherweise auf den Viermann Hans Hardt bezogen, der um 1630 dieses Amt ausübte (vgl. a. Graffito B4). StA Duderstadt, AB 173, fol. 2r (1628/9), den folgenden Annalen fehlt das Eingangsblatt mit dem Verzeichnis der Viermänner.
  5. 9. Januar.
  6. Rm. 8,31.
  7. Heinrich Beckmann, der nicht in die Reihe der Viermänner von 1645 gehört, ist für dieses Jahr als Kammerschreiber verzeichnet (StA Duderstadt, AB 187, fol. 137v).
  8. Die Jahreszahl 1567 markiert den Amtsbeginn des Ludolf Ludolf als Kammerschreiber. Er übte dieses Amt 30 Jahre lang bis 1596/7 aus. StA Duderstadt, AB 119, fol. 88v (1567/8, der vorhergehende Jahrgang nicht erhalten); AB 146, fol. 115r (1596/7).
  9. In den Annalen von 1621 bis 1627 und von 1630 bis 1632 sind keine Viermänner verzeichnet. Die Annalen von 1627/8 sowie 1628/9 nennen in Übereinstimmung mit dem Graffito Ludwig Morick, Antonius Holzborn, Jakob Morick und Hans Hardt (StA Duderstadt, AB 172, fol. 2r; AB 173, fol. 2r). Die fünf hier genannten Jahreszahlen dürften sich auf sämtliche Viermänner beziehen.
  10. Wiederholung des Graffitos B2.
  11. Dieses Graffito, das sich offenbar auf einen Einnahmeeintrag in den Kämmereiregistern bezieht, läßt sich in der Annale 1582/3 nicht finden, die die Viermänner des Graffitos C2 verzeichnet. Der Einnahmevermerk ist daher nicht zu datieren, dürfte aber der Schriftform nach im 16. Jahrhundert ausgeführt worden sein.
  12. Jakob Stolteheise und Borchard Goldmann amtierten 1610 zusammen mit Henrich Hertwich und Dietrich Morick als Viermänner; vgl. Graffito F2.
  13. Es handelt sich um die Viermänner und den Kammerschreiber des Jahres 1646/7 (StA Duderstadt, AB 189, fol. 1r u. 138r).
  14. Die Initialen, die links und rechts von einer Hausmarke (H3) stehen, bezeichnen den 1596/7 und 1597/8 amtierenden Viermann Clawes Stromeyer. Vgl. a. das Graffito F4 mit derselben Marke.
  15. Jurgen Kullen ist in der Annale 1597/8 in einer zweiten Spalte neben den Viermännern eingetragen (StA Duderstadt, AB 147, fol. 5r).
  16. Vgl. Graffito E1.
  17. 25. Dezember.
  18. Ps. 36,25.
  19. Vgl. Graffito B1.
  20. Die beiden anderen dazugehörigen Viermänner des Jahres 1610 unter D2.
  21. Baltzer Morick und Herwich Rode amtierten 1574 zusammen mit Hans Koel und Andreas Lemke als Viermänner (StA Duderstadt, AB 125, fol. 155r).
  22. Unter dem Graffito dieselbe Hausmarke (H3) wie bei dem Graffito E2.
  23. Die in dem Graffito genannten Viermänner sind in der Annale 1597/8 in einer zweiten Spalte neben anderen Viermännern notiert, die den Vermerk primo anno tragen (StA Duderstadt, AB 147, fol. 5r).
  24. Die Namen der Viermänner und des Kammerschreibers in einer Art Wappenschild, die Jahreszahl links und rechts davon. Vgl. Graffito F1.
  25. Die Namen stehen in einer Art Wappenschild. Dieselben Namen auch im Graffito D3.
  26. Vgl. die Graffiti B2, B6 u. D1. Der Eintrag bezieht sich auf das Jahr 1644/5.
  27. Der Name auf dem rechten Türbrett oben ist anders ausgeführt als die ihn umgebenden jüngeren Graffiti und scheint einzeln zu stehen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den Stadtschreiber und späteren Schultheißen Johann Hennicke (vgl. Nr. 209).
  28. Jost Kleinenberg und Hans Firlinghaus sind 1598/9 als Viermänner verzeichnet. StA Duderstadt, AB 148, fol. 4r.
  29. Heinrich Plumkern und Christian Morick gehörten zu den Viermännern des Jahres 1599/1600. StA Duderstadt, AB 149, fol. 1r.
  30. Bartold Wehre und Jürgen Bredenbeck gehörten zu den Viermännern des Jahres 1612/3. StA Duderstadt, AB 161, fol. 4r.
  31. StA Duderstadt, Urkunden Rep. 2, Nr. 65.
  32. StA Duderstadt, AB 87, fol. 285v.

Nachweise

  1. Hans-Reinhard Fricke, Dokumentation. In: Rathaus Duderstadt, S. 293–302, hier S. 299–301.
  2. Jaeger, Bilder, S. 49f. (E6).

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 127 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0012707.