Inschriftenkatalog: Landkreis Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 66: Lkr. Göttingen (2006)

Nr. 114 Reinhausen, ev.-luth. Kirche St. Christophorus 1507

Beschreibung

Altarschrein. Holz, farbig gefaßt. Der Schrein bildete den Mittelteil eines Jodokusaltars, der vermutlich bei der Errichtung des Kanzelaltars im 18. Jahrhundert auseinandergenommen und teilweise in diesen verbaut wurde. Mithoff, zu dessen Zeit der Kanzelaltar noch bestand, hielt daher den Schrein ebenso wie die Teile des Altars Nr. 82 für Bestandteile eines Stücks.1) Ein zu dem Schrein gehörender Altarflügel, der nach Mithoff vorübergehend als Kirchenstuhlbrett zweckentfremdet worden war, zeigt zwei Szenen aus der Jodokuslegende auf der einen und Darstellungen der Heiligen Jodokus und Hubertus auf der anderen Seite in je zwei übereinander angebrachten Bildfeldern. Er befindet sich heute in der Landesgalerie Hannover,2) das Gegenstück ist ebenso verloren wie ein weiteres zu dem Schrein gehörendes Flügelpaar. Im Schrein stehen auf Postamenten drei Heiligenfiguren, links Bartholomäus mit Buch, in der Mitte Jodokus mit Pilgerhut und Buch sowie rechts Blasius mit Bischofshut, Tuch und Buch. In dem mit Blumenranken verzierten Goldhintergrund der Figuren große Nimben mit den Tituli der Heiligen (A). Auf den Postamenten von links nach rechts die Inschriften B–D. Der Mantel des Jodokus ist durch eine Gewandsauminschrift (E) verziert, die durch Faltenwurf und Umschläge unterbrochen ist. Alle Inschriften sind leicht erhaben in glatten Buchstaben vor aufgerauhtem Hintergrund einpunziert.

Maße: H.: 174,5 cm; B.: 153,5 cm; Bu.: 7 cm (A), 3,5–4,5 cm (B–D), 3,3 cm (E).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Sabine Wehking [1/3]

  1. A

    SANCTVSa) · BARTHOLOMEVSb) · // SANCTVSa) · JODOCVSc) · // SA(N)CTVSd) · BLASIVS ·

  2. B

    SANCTVS · BARTOLOMEVS

  3. C

    · DVSENT · VNDE · VIF · HVNDERT · SEVENe) ·

  4. D

    SANCTVS · BLASIVS · EPISC(OPVS)f)

  5. E

    · SANCTVS · // · CRISTVS · MARIE // IHE·SVS // · M // MANG

Kommentar

Der auf 1507 datierte Schrein wird dem Hildesheimer Epiphaniusmeister zugeschrieben.3) Den Namen gab die Figur des heiligen Epiphanius, die sich heute im Bischofshaus in Hildesheim befindet und mit einer Gewandsauminschrift versehen ist. Demselben Meister wird auch der Marienaltar in der Alexandrikirche in Einbeck zugeschrieben.4) In der Ausführung der frühhumanistischen Kapitalis steht der Reinhäuser Schrein der schlichten Form dieser Schrift auf der Epiphaniusfigur sehr viel näher als der manierierten Form auf dem Einbecker Altar. Als charakteristische Formen der frühhumanistischen Kapitalis zeigen die Inschriften des Reinhäuser Schreins A mit beidseitig weit überstehendem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken, epsilonförmiges E, eingerolltes G, H mit Ausbuchtung des Mittelbalkens, I mit Nodus nach links sowie L mit Balkensporn. Die Worttrenner teilweise in Form von Quadrangeln mit nach oben und unten ansetzenden Zierhäkchen.

Textkritischer Apparat

  1. SANCTVS] S. Mithoff.
  2. Das erste O klein zwischen H und L.
  3. IODOCVS] JAKOB MAJ Mithoff irrtümlich wohl aufgrund des Pilgerhutes.
  4. SA(N)CTVS] SCS. Mithoff.
  5. SEVEN] SEFVND Lücke, der annimmt, die Inschrift sei unvollständig, und die Jahreszahl zu 1527 ergänzen will.
  6. Die letzten vier Buchstaben möglicherweise auf der nicht einsehbaren Sockelrückseite ausgeführt.

Anmerkungen

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 182.
  2. Inv.Nr. PAM 704.
  3. Stuttmann/von der Osten, Bildschnitzerei, Nr. 22, S. 33.
  4. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 275. DI 42 (Einbeck), Nr. 34.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 182 (A).
  2. Lücke, Garte, S. 188f. (A nach Mithoff, D).
  3. Stuttmann/von der Osten, Bildschnitzerei, Nr. 22, S. 33 (D).
  4. Gmelin, Tafelmalerei, Nr. 186, S. 562.
  5. Ulbrich, Reinhausen, S. 27 (A, D).
  6. Wolfson, Gemälde, Nr. 77, S. 198 (D).

Zitierhinweis:
DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 114 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0011400.