Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 66 Rottweil, Dominikanermuseum M. 15. Jh., 1591

Beschreibung

Zwei Altarflügel. Vom Retabelaltar in der Wallfahrtskirche und ehem. Pfarrkirche (St. Petrus) auf dem Lotenberg (Gde. Eschenbach). 1810 zusammen mit vier Heiligenfiguren und dem Schrein in die kath. Pfarrkirche zu Reichenbach im Täle verbracht und dort hinter dem Choraltar aufgehängt1. 1848 in die Sammlung Dursch, mit dieser 1850 in die Sammlung Lorenzkapelle in Rottweil gelangt; seit 1991/92 im neuen Dominikanermuseum, Inv.-Nr. Sammlung Dursch, I. 312/L 313. Holz, bemalt. Auf den Außenseiten Verkündigung Mariae: auf dem linken Flügel Erzengel Gabriel mit Kreuzstab in der Linken und aufflatterndem Schriftband (A) in der Rechten; auf dem rechten Flügel Maria, die sich zu dem Engel umwendet, vor ihr und an der Wand zwei geöffnete Bücher mit unleserlicher Seitenbeschriftung. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts restauriert und verfälschend übermalt. Auf den Innenseiten links die hll. Katharina und Dorothea, rechts die hll. Petrus und Laurentius, ohne Inschriften. 1810 konnte der Reichenbacher Pfarrer Klaiber an nicht näher bezeichneter Stelle an einem der beiden Flügel eine Ritzinschrift von 1591 (B) feststellen2, die mittlerweile durch Restaurierungen beseitigt wurde.

Wortlaut von (B) nach Ziegler, Lotenberger Altar.

Maße: H. (jeweils) 141, B. 74, Bu. 4,5 cm (A).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal in gotischer Majuskel (A), gotische Kursive? (B).

Dominikanermuseum Rottweil; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    ·a) Aveb) · maria · gracia · plena · d(omi)n(u)s · tecumc)3)

  2. B

    im Jahre 1591 an Michaelstag ich Jakob Holder in dieser hl. Kapelle gewesen bin

Übersetzung:

Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.

Datum: 29. September.

Kommentar

Heribert Meurer rückt die Entstehung der Altarflügel wohl zutreffend aufgrund stilistischer Beobachtungen in die Mitte des 15. Jahrhunderts4. Der Schriftbefund kann bei der Datierungsfrage nicht weiterhelfen, da die strengen Texturaformen der sorgfältig ausgeführten gotischen Minuskel über einen langen Zeitraum nahezu unverändert epigraphisch verwendet wurden.

Zwei Glocken aus der 1814 abgebrochenen Lotenberger Kirche befinden sich heute in der Eschenbacher Pfarrkirche (nrr. 9, 134). Die Ritzinschrift von 1591 ist ein Zeugnis für die zeitweise intensive Wallfahrt zur Lotenberger Kirche mit ihrem Gnadenbild. Gerade an Wallfahrtsstätten finden sich häufig ähnliche Verewigungen von Reisenden.

Textkritischer Apparat

  1. Rosette.
  2. Versal rot ausgezeichnet.
  3. Nur die linke Haste des m sichtbar, danach Knick im Schriftband.

Anmerkungen

  1. Vgl. Meurer, Flügelaltäre 142; ausführlich zum Schicksal des Altars: Ziegler, Lotenberger Altar (wie unten), bes. 235–238.
  2. Vgl. Ziegler, Lotenberger Altar (wie unten) 237f.
  3. Beginn des Ave Maria; vgl. Lc 1, 28.
  4. Meurer, Flügelaltäre 144.

Nachweise

  1. Stange, Kritisches Verzeichnis II 242 Nr. 1084.
  2. Meurer, Flügelaltäre 142, 144f. Abb. 71f.
  3. Walter Ziegler, Der Lotenberger Altar. Zur Geschichte eines abgewanderten Kunstwerks, in: Hohenstaufen 13 (1986) 231–246, hier: 237f., 241 Abb. 118.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 66 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0006603.