Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 423† Stötten (Stadt Geislingen a. d. Steige), ev. Pfarrkirche (St. Michael) 1609–17 (?)

Beschreibung

Wandinschriften auf der Empore. Genaue Standorte nicht überliefert. Vier Schriftblöcke (A–D); Schrift aufgemalt.

Wortlaut nach Wollaib.

  1. A

    Ebr. 13. v. 17. Gehorchet eüren Lehrern und folget ihnen denn sie wachen über eüere Seelen alß die da Rechenschafft darfür geben sollen auff daß sie daß mit Freüden thun und nicht mit seüffzen dan(n) daß ist euch nicht gut2. Cor. 5. v. 20. Wir sind Bottschafften an Christus statt denn Gott vermahnet durch uns. So bitten wir nun an Christus statt laßet eüch versöhnen mit Gott

  2. B

    2. Joh. v. 9. 10. 11. Wer übertritt und bleibet nicht in der Lehre Christi der hat keinen Gott. Wer in der Lehre Christi bleibet der hat beyde den Vatter und den Sohn. So iemand zu eüch kompt und bringet dise Lehre nicht den nehmet nicht zu Hause und grüßet ihn auch nicht denn wer ihn grüßet der machet sich theilhafftig seiner bösen Werck

  3. C

    Delectent alios picturae et mille coloresArrident nobis Biblica dicta magisScilicet ornatus templorum est maximus ipseAuditus verbi hinc lectio sacra piisErgo licet parvum sit templum hoc sat tamen illudPulchrum est verbum dans auribus atq(ue) oculisM. I. N. U.

  4. D

    Pred. Salom. 12. v. 13. 14. Laß uns die Hauptsum(m)a aller Lehren hören: Fürchte Gott und halte seine Gebot den(n) daß gehöret allen Menschen zu denn Gott wird alle Werck für Gericht bringen daß verborgen ist, es sey gut oder böse2. Cor. 6. v. 14. 15. Ziehet nicht am fremden Joch mit den unglaubigen. Denn was hat die Gerechtigkeit für genieß mit der Ungerechtigkeit? Was hat daß Licht für gemeinschafft mit der Finsternus. Wie stimmet Christus mit Belial? Oder was für ein Theil hat der Glaubige mit den Unglaubigen

Übersetzung:

Mögen die anderen sich an Bildern und tausend Farben erfreuen, uns sagen die biblischen Sprüche mehr zu. Natürlich bedeutet für die Frommen die Anhörung des Wortes – und von daher die heilige Lesung (=Lesung der hl. Schrift) – den größten Kirchenschmuck. Mag also diese Kirche auch klein sein, so ist sie dennoch schön genug, da sie unseren Ohren und Augen das Wort gibt.

Versmaß: Elegische Distichen (C).

Kommentar

Es dürfte sich bei diesen Inschriften um dieselben handeln, die Haid noch 1786 sah und die er dem Stöttener Pfarrer Johann Leonhard Unseld (1609–17) zuschrieb1. Dazu könnten die Initialen unter den Distichen passen, wenn man eine Verlesung des dritten Buchstabens konjiziert: M(agister) I(ohann) L(eonhard) U(nseld). Die Datierung erfolgt aufgrund dieser Konjektur. Weitere von Wollaib mitgeteilte Wandinschriften rings um die Kanzel2 scheinen dagegen nach einer beigefügten Datierung erst 1660 gemeinsam aufgemalt worden zu sein. Um 1880 ist bei der teilweisen Freilegung der mittelalterlichen Wandmalereien (vgl. nr. 168) auch ein Teil der zwischenzeitlich übertünchten Spruchinschriften „und verschnörkelte Umrahmung“ (angeblich aus dem frühen 16. Jahrhundert) aufgedeckt worden3, über deren damaligen Zustand und Aussehen aber nichts berichtet wird.

Anmerkungen

  1. Haid 655.
  2. Wollaib, Par. Ulm. 454.
  3. Klemm, Mittelalterliche Wandgemälde 118f. Zur Chorausmalung von 1500 vgl. nr. 168.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 453.
  2. Scharfe, Ev. Andachtsbilder 324 (Inschr. C).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 423† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0042308.