Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 410† Türkheim (Stadt Geislingen an der Steige), ev. Pfarrkirche (St. Vitus) 1615

Beschreibung

Altar. Unter dem Chorbogen des Vorgängerbaus der heutigen, 1771 erbauten Kirche. Verbleib unbekannt. Offenbar mit geschnitztem Kruzifixus als Aufsatz. Auf der Vorderseite „zu der Administration“ Tafel mit Bibelspruch (A); auf der Rückseite oben am Kruzifix „gegen den H. Geist hinauff“ untereinander weitere Bibelsprüche (B), auf der Tafelrückwand 22zeilige Versinischrift (C), flankiert links von einer Richterliste mit Bibelspruch (D), rechts von einer Gemeindemitgliederliste mit Bibelspruch (E), unten in der Mitte (F) und hinten am Sockel „im Gang umb den Altar“ (G) erneut Bibelsprüche. Genauer Aufbau nicht zu rekonstruieren.

Beschreibung und Wortlaut nach Wollaib.

  1. A

    1. Cor. 11. v. 26. ff. / Dann so offt ihr von disem Brod eßet und von disem Kelch trinket solt ihr deß Herren Tod verkündigen biß daß er kommet Welcher nun unwürdig von disem Brod oder von dem Kelch deß Herren trincket der ist schuldig an dem Leib und Blut deß Herren. Der Mensch prüffe aber sich selbst und also eße er von disem Brod und trincke von disem Kelch. Denn welcher unwürdig ißet und trincket der ißet und trincket ihm selber das Gericht damit daß er nicht unterscheidet den Leib deß Herren1)

  2. B

    Joh. 16. v. 7. / Jch sage eüch die Warheit: Es ist eüch gut daß Jch hingehe. Denn so Jch nicht hingehe so kompt der Heilige Geist nicht zu eüch. So Jch aber gehe will Jch ihn zu eüch senden

    Gott allein die Ehr

    Rom. 14. v. 8. Wir leben oder sterben so sind wir deß Herren

  3. C

    Alß man zahlt 1615 JahrDen 1. Augusti das ist wahrWard auffgericht die Taffel reinZur Zierd deß Altars wies solt seynBeym Pfarrer Michael Müller hierDurch Gott ins neünzehend Jahr schierAlß Amptmann auch zu Türggheim warSebasti Vetter ins neünt JahrBeed Burger zu Ulm in der StattBey Peter Kreser hie AnwaldtDie Heylge Pfleger gesetzt wasJacob Weberueß und Jacob ClaßHannß Jacob Pürle diser ZeitSchulmeister ist, auch Glocken leütAls breit vom Erbarn Gricht beschloßenDie Kirch zu weitern allermaßenNach Rath und Hülff Herren Herrschafft PflegernDaniel Schaden auch Hannß Krafften ebenWie du auffs künfftig Jahr mit AugenGibts Gott mit Augen wirst anschauenO Jesu Christ bey reiner LehrGib Fried dem Land dein ist die Ehr

  4. D

    I. / Richter diser Zeit / Peter Kreiser Anwald / Daniel Störckle / Peter Wertz / Peter Meßler Wittwer / Hannß Oschwald / Hannß Meyer / Hanß Kohn / Hanß Claß / Jochum Eiselin Wittwer / Hannß Widenmann / Peter Finck / Jacob Weberrueß /Syr. 10. v. 1. et. 5. Wo ein verständige obrigkeit ist da gehet es ordentlich zu. Es stehet in Gottes Handen das eim Regenten gerahte

  5. E

    II. / Summe hiesiger Gemein. / Bürger84. Ehemänner84. Eheweiber 2. Wittwer26. Wittwe40. Söhn50. Töchtern 104. Buben 99. Mägdlen 489. Fach Fremde 4. Ehemann 4. Eheweiber24. Dienstknecht13. Mägd17. Buben 8. Mädlen70. FachPsalm. 144. v. 15. Wol dem Volck deß der Herr ein Gott ist

  6. F

    Phil. 1. v. 21. Dann Christus ist mein Leben und sterben ist mein Gewin

  7. G

    Syr. 1. v. 32. 33. 35. Sihe zu daß deine Gottesfurcht nicht Heücheley sey und diene Jhm nicht mit falschem Hertzen. Suche nicht Ruhm durch Heücheley bey den Leüthen und sihe zu was du redest glaubest oder fürhast daß der Herr deine Dicke2) nicht offenbahre und stürtze dich offentlich für den Leüthen. v. 36. Darumb daß du nicht in rechter Furcht Gottes gedienet hast und dein Hertz falsch gewesen ist3)

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).

Kommentar

Während die Nennung der weltlichen und geistlichen Amtsträger im Zusammenhang mit Baumaßnahmen und Stiftungen in Inschriften häufiger vorkommt, findet sich für die Bevölkerungsstatistik auf der Altarrückseite bislang keine vergleichbare Parallele unter den inschriftlichen Quellen. Zu den im Zuge der Bauarbeiten in der Türkheimer Kirche entstandenen Wandinschriften vgl. nr. 417 †.

Anmerkungen

  1. 1 Kor 11, 26–29.
  2. Dicke = Tücke.
  3. Sir 1, 34–35, 37–38.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 474f.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 410† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0041001.