Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 377 Geislingen an der Steige, ev. Stadtkirche (U. L. Frau) 1604 (?)

Beschreibung

Fragment des Grabmals der Eheleute Franz Burgmeister und Waldburga geborene Rockenburger. Innen an der Südwand des südlichen Seitenschiffs, 1. Stein von Osten; ursprünglich vielleicht auf dem Friedhof bei der Kirche, dann 1608 oder später auf den Friedhof Rorgensteig übertragen, dort „an der Wand bei dem kleinen Thürlein“ aufgestellt1 und in mehrere Teile auseinandergefallen; 1879 ins Innere der Stadtkirche transferiert. Ursprünglich acht Werkstücke; Ädikula, in der Giebelzone Medaillon mit zwei Wappen unter einem Helm, im Hauptfeld in einer Flachnische Grablegungsrelief mit Steinmetzsignatur (A), darunter in einer niedrigen oberen Sockelzone Rollwerktafel mit 3zeiliger Inschrift (B), die durch einen geflügelten Engelskopf in der Mitte in zwei Schriftblöcke geteilt wird; die untere Sockelzone mit Inschrift (C) ist verloren. Grauer Sandstein, überstrichen2; Relief teilweise mit Stuck (?) ergänzt, Helm und Helmzier im Giebel zerstört, Schrift v. a. in der rechten Hälfte abgewittert und mit Farbe dick überschmiert.

Wortlaut von (C) nach Klemm.

Maße: H. (Rest) 152, B. 95, Bu. 1,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (B), Kapitalis (A).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    P(eter) (Stz. nr. 6) S(chmid)

  2. B

    O Lieber Gott Erbarm dich mein: //Im Todt und Leben bin ich d[ein] /Denn schwach Leib leg ich vo(n) mir //Mein arme seel beuil ich deira) /Ain fröliche Vrstännd mir uerleih //Am jüng[s]ten Gericht mein firspr[ech s(ei)]

  3. C

    [. . . . . .] 20. Decembris ist inn Gott seeliglich Enntschlaff(en) der Ersam [. . . . . . .]b) Burgkhmaister des seines Alltters 90 Jar, gewesner Richter 33 Jar; und Anno Domini 1586 den 4. Decembris Enntschlieff Auch die Ehr und tugenndtsam Sein Eheliche hausfraw Waldburga Rockhenburgerin Jres Alltters 65 J(a)r, Nachdem sie beedt 46 J(a)r mit ainander gehauset hatten. Welche(n) Gott ain fröhliche aufferstehung v(er)l(eihe).

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Wappen:
Burgmeister3, Rockenburger4.

Kommentar

Die Familie Burg(er)meister ist seit dem 15. Jahrhundert in Geislingen nachweisbar. Das Wappen ist 1553 von Kaiser Karl V. für Wolfgang Burgmeister erneuert worden5. Das Steinmetzzeichen ist das des Ulmer Bildhauers Peter Schmid6. Die Zuweisung des Grabmals an Franz Burgmeister folgt den Angaben Klemms7.

Textkritischer Apparat

  1. Zu lesen: dir.
  2. Erstes Wort nach Klemm vielleicht weys.

Anmerkungen

  1. Klemm, Stadtkirche. Vortrag 38.
  2. Nach Klemm, Stadtkirche. Nachträge 11 war die Inschrifttafel (C) „aus anderem Stein gearbeitet“.
  3. Geviert, unten überdeckt von einem aus dem Schildrand wachsenden dreigliedrigen Blatt?
  4. 3 Roggenhalme auf Dreiberg.
  5. Vgl. Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I 227–229. Ein weiteres Mitglied der Familie ließ 1658/59 von dem einheimischen Schreinermeister Wolfgang Hildebrandt die beiden Kirchentüren des Nordportals anfertigen, die an den Innenseiten mit dem Monogramm PB und dem Familienwappen bezeichnet sind. Eine verlorene Stiftungsinschrift an der Innenseite des Nordeingangs wies darauf hin: Nota. Diese zwo Kirchthürn hat Herr Paul Burgmeister, weiland Bürgermeister zu Geislingen, von seinem aignen Geld, und zwar ohne Vorwissen seiner Hausfrauen, machen lassen, vgl. Geislingen a. d. Steige. Die Stadtkirche (Führer) 8.
  6. Vgl. Klemm, Württ. Baumeister 153f. nr. 286; ders., Stadtkirche. Nachträge 19.
  7. Stadtkirche. Nachträge 12, dort auch die Ergänzung des Todesjahres 1604; ebenso ders., Württ. Baumeister 154 und Keppler 112. Bischoff, Führer 7 gibt dagegen 1600 als Todesjahr an. Da Franz Burgmeister allerdings schon 1565 X 22 erstmals als Richter nachweisbar ist (Geislinger Urkundenbuch 210 nr. 193), müßte er, wenn die Angabe der Amtsdauer auf dem Grabmal stimmt bzw. richtig überliefert ist, spätestens 1598 gestorben sein. Daß diese Angabe aber nicht korrekt sein kann, wird dadurch bewiesen, daß Burgmeister noch 1601 I 26 eine Urkunde siegelt, vgl. Geislinger Urkundenbuch 226 nr. 206.

Nachweise

  1. Klemm, Stadtkirche. Nachträge 11f.
  2. Ders., Aus alter Zeit, A: Geislingen, in: Beil. zum Alb- u. Filsthalboten Nr. 140 (1879 XI 22).
  3. Bischoff, Führer 7 nr. 1.
  4. Geislingen a. d. Steige. Die Stadtkirche (Führer) 31 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 377 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0037701.