Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 357 Geislingen an der Steige, Heimatmuseum 1599,1611

Beschreibung

Epitaph für die Kinder Sidonia, Serapia und Magdalena Krafft. Ursprünglich in der ev. Stadtkirche U. L. Frau an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs neben der Sakristeitür, zuletzt vor der Verbringung ins Museum im Jahre 1962 an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs. Holz, bemalt, ädikulaähnlicher Aufbau mit Rollwerkrahmung; in der Gebälkzone Inschrift (A), im Hauptfeld, von Säulen flankiert, ein Gemälde (Darbringung der Kinder vor Christus), darunter in der Sockelzone 6zeilige Inschrift (B) in einer Kartusche. Schrift schwarz auf weißem Grund, Namen der Verstorbenen in Kapitalis und rot ausgezeichnet.

Maße: H. 180, B. 138, Bu. 2,6 (A), 1,4 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur, Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Städt. Museum im Alten Bau, Geislingen a. d. Steige [1/1]

  1. A

    Es Kompt Alles Von Gott, Glick Vnnd Vnglückh, · / Leben Vnd Todt, Armuth Vnd Reichthumb, Sir: XI1) ·

  2. B

    Hie unden ligen Begraben·a) /Des Edlen vnd vösten Hans vlrich Krafften · Pflegers zu Geuszlingen vnd derb) / Edlen Tugentsamen frawen Susanna Kräfften geborne Schermarin beeder Eliche Kinder / Ein Dochter SIDONIA starb den 20 Julius Anno 1599 Jrs Alters 6½ Jarc) · / Ein Dochter SERAPIA starb den ·19· Augusti Anno 1599 Jrs Alters 10 monat · / 〈Ein Dochter MADALENA starb 18 Julj Anno 1611 Jrs Alters Jber 8 Jar ·〉

Kommentar

Hans Ulrich Krafft war ulmischer Pfleger zu Geislingen von 1587 bis zu seinem Tod 1621. Die Hochzeit mit Susanne Schermar fand 1587 in Ulm statt2. Das Epitaph ist für die Ortsgeschichte von besonderer Bedeutung, da das Gemälde die älteste bekannte Stadtansicht Geislingens enthält. Das bislang nach den Sterbeinschriften ins Jahr 1611 datierte Gemälde läßt sich nach dem Schriftbefund noch ins 16. Jahrhundert vordatieren: Es ist mit Sicherheit nach dem Tod der beiden älteren Schwestern 1599 entstanden. Die Sterbenachricht für die erst 1603 geborene jüngste Schwester Magdalena ist 1611 eindeutig in etwas unbeholfener Schrift nachgetragen worden. Auf der Schriftkartusche waren von vorneherein zwei Zeilen für Nachträge ausgespart.

Die ebenfalls erhaltene Grabplatte für die drei Kinder (nrr. 442) wurde erst 1621 – vielleicht anstelle einer älteren – angefertigt. Nach dem Zeugnis Wollaibs lag sie bereits im 18. Jahrhundert nicht mehr im Boden, sondern war unmittelbar unter dem Epitaph aufrecht in die Kirchenwand eingemauert.

Textkritischer Apparat

  1. Zeile zentriert.
  2. z-förmiges Zeichen nach r, offenbar als Zeilenfüller.
  3. Wie Anm. b, danach Punkt auf Mitte und Rankenornament.

Anmerkungen

  1. Sir 11, 14.
  2. Vgl. ausführlich zur Person: G. Burkhardt, Hans Ulrich Krafft. Ein Ulmer Weltreisender und Geislinger Pfleger des 16. Jahrhunderts, in: GMGU 8 (1940) 74–92. Ein Totenschild für Krafft hängt im Ulmer Münster, demnach starb er am 21. Februar 1621, vgl. Bach 146.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 390.
  2. Kdm Geislingen 47.
  3. Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I Abb. nach 96.
  4. Bischoff, Führer 18 nr. 12.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 357 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0035709.