Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 353 Geislingen an der Steige, ev. Stadtkirche (U. L. Frau) vor 1598, 1598

Beschreibung

Epitaph für Margareta Landschad von Steinach geborene von Mentzingen, für Veronica Landschad und Sibylla Landschad geborene von Seckendorff. Innen an der Chornordwand. Aus vier Werkstücken zusammengesetzte Ädikula, im rollwerkgerahmten Giebel Relief eines schlafenden Kindes mit Totenschädel, Sanduhr und Schriftband (A); auf dem Architrav 5zeiliger Schriftblock (B); im Hauptfeld, gerahmt von Pilastern mit reich ornamentiertem Relief, ein großes Vollwappen mit 2 Helmen in hohem Relief, darunter Inschrift (C); auf dem Sockel über die ganze Breite 5zeilige Inschrift (D). Sandstein, bunt bemalt, Farbfassung wiederholt überarbeitet; Schrift nur schwach ausgehauen und fehlerhaft schwarz nachgezogen, dadurch in ihrem ursprünglichen Bestand oft nur mehr schwer zu erkennen.

Maße: H. 222, B. 113, Bu. 3,0 (A), 1,6 (B), 2,5 (C), 2,9 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (A), gotische Minuskel mit Versalien (B, C, D).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    MEMENTO MORI

  2. B

    Als man zalt nach der geburt Christi 1564 Jar vff mo(n)tag, / nach de(m) heiligen pfingstag, ist in Gott seliglich entschlaffe(n), die / Edel v(n)d tuge(n)tsa(m) fraw, Margaretha vo(n) Mentzinge(n): desz au[. .] ua) / weila(n)dt edle(n) v(n)d veste(n) Friderich Landtschade(n) von Stain(n)ach in / die 26 Jar geweszner vogts zu Geislinge(n) selige eliche hausfraw.

  3. C

    Anno Dominj 1576, den 28 Octobris, starb die / Edel vnd tuge(n)treich Junckfrau Veronica Lanndt=/schädin, obgemelter beeder ehgemecht ehliche dochter.

  4. D

    So ist auch volgendts im Jar Christi 1598 den 4 Janu=/arij, in kindts bande(n) seliglich verschide(n), die Edel v(n)d tugentsa(m)=/fravb), Sÿbilla, geborne vo(n) Secke(n)dorff: desz Edle(n) v(n)d veste(n) hansz / Pleückhart Landtschade(n) vo(n) stain(n)ach, zu Go(n)delshei(m) ober(n)gedachts / Friderichs selige(n) so(n)s, ehliche hausf(raw)c) Gott verleih i(n) alle(n) ei(n) fröliche auffer(stehung)d)

Datum: 22. Mai 1564.

Wappen:
quadriert von Landschad und Seckendorff; Helmzier: Landschad, Seckendorff.

Kommentar

Die Sterbeinschriften für Margareta Landschad und ihre Tochter Veronica sind offensichtlich in einem Zug hergestellt worden. Die Schrift ist dieselbe, nur der Schriftgrad ist verschieden. Dagegen möchte man für die in ihrer Ausführung flüchtiger erscheinende, wenngleich in fast allen Buchstabenformen mit den beiden ersteren übereinstimmende Inschrift für Sibylla Landschad eine nachträgliche Anbringung annehmen. Allerdings ist nur dieser dritten Inschrift eine Fürbitte angefügt, die sich auf alle drei Verstorbenen bezieht, so daß wohl doch eine einheitliche Konzeption für den gesamten Stein vorgelegen hat. Die Inschriften (A) und (B) können jedenfalls erst nach 1583 entstanden sein, da der in diesem Jahr verstorbene Friedrich Landschad, seit 1557 ulmischer Vogt in Geislingen, als bereits verstorben (weilandt) bezeichnet wird. Auftraggeber für das Epitaph war nach Ausweis des Wappens Hans Pleickhart Landschad. Denkbar ist, daß er den Stein für seine Frau vor deren Tod arbeiten ließ, von vorneherein gleichzeitig für seine Mutter und seine Schwester mit konzipierte und die Sterbeinschrift für seine Frau erst 1598 nach deren Tod einhauen ließ. Der Steinmetz hat sich dabei zwar an der vorhandenen Schrift orientiert, sie aber nur unvollkommen nachgeahmt. Für die Annahme, daß Inschrift (C) von einem ungeübten Steinmetz stammt, könnte auch die schlechte Raumaufteilung sprechen, während der geschlossene Schriftblock der Inschriften (A) und (B) im Gegenteil für exakte Vorzeichnung spricht. In allen drei Inschriften wird der u-Bogen regelmäßig gesetzt t hat eine betonte schräggestellte Oberlänge. Für die gotische Minuskel eigenartige Ligaturen finden sich vorwiegend in (C) (au, ht, ve, ac), aber auch in (A) (ar, au). Der Schriftbefund der Inschriften (A) und (B) sowie stilistische Merkmale des Epitaphs sprechen für eine Zuschreibung an den Ulmer Bildhauer Michael Schaller. Die Wappendarstellung entspricht der auf der Grabplatte Hans Pleickhart Landschads von 1600 (nr. 366), Teile des Ornaments wie die Pilasterkapitelle, das Kymation und die Vögel in den Fruchtgirlanden haben ihre genaue Entsprechung im Salacher Epitaph des Konrad von Rechberg von 1592 (nr. 335). Beide Werke sind von Schaller signiert.

Die Landschaden sind ein aus der Ministerialität hervogegangenes Niederadelsgeschlecht mit Stammsitz Neckarsteinach bei Heidelberg1. Mit Friedrich und mit seinem Sohn Pleickhart stellten sie in Folge von 1557 bis 1600 den ulmischen Vogt in Geislingen. Hans Pleickharts Grabmal befindet sich ebenfalls in der Geislinger Kirche (vgl. nr. 366). Mit ihm ist die Linie zu Gondelsheim (bei Bretten, LKr. Karlsruhe) ausgestorben2. Margareta Landschad ist die Tochter Peters von Mentzingen und Margarethes von Gemmingen3; Sibyllas Eltern sind Christoph von Seckendorff zu Obersteinbach und Maria von Zeiskam4.

Textkritischer Apparat

  1. Buchstabenbefund: a sicher, danach 2 Hasten (u oder n), 2 weitere, wegen der Übermalung völlig unkenntliche Buchstaben, ein Spatium und ein u mit Kürzungsstrich. Wollaib liest: auch, was nach dem Befund aber unwahrscheinlich ist.
  2. Sinnloser Kürzungsstrich über v, kein u-Bogen.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt.
  4. Bis an den Rand geschrieben, die letzten Buchstaben fanden keinen Platz mehr. Kein Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. Zur Familie zuletzt Friedhelm Langendörfer, Die Landschaden von Steinach. Zur Geschichte einer Familie des niederen Adels im Mittelalter und der frühen Neuzeit (Gesch. bll. f. d. LKr. Bergstraße, Einzelschrr. 1), Heppenheim 1971. Vgl. auch DI 38 (Bergstraße) passim.
  2. Vgl. Langendörfer (wie Anm. 1) 10, zur Besitzgeschichte der Linie ebd. 82f.
  3. Möller, Stammtaf. I Taf. 36; III Taf. 129.
  4. Ebd. I Taf. 36.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 378.
  2. Kdm Geislingen 44.
  3. Burkhardt, Gräber 73 (Abb.).
  4. Bischoff, Führer 24 nr. 19.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 353 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0035301.