Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 324 Kuchen, ev. Pfarrkirche (St. Jakob) 1588

Beschreibung

Holzdecke im Langhaus, bestehend aus 72 Feldern und einem Durchzugbalken in Ost-West-Richtung, der durch einen Pfosten der Westempore unterstützt wird. Der Balken an der Unterseite und an beiden Seitenflächen mit Ölfarbe bemalt, ebenso alle Deckenfelder. Die Unterseite des Balkens ist im Osten am Chorbogen in Querrichtung mit einer Jahreszahl (A) beschriftet, dann folgen, beginnend mit einer geschnitzten Rosette, von Osten nach Westen in einer langen Zeile Bibelsprüche (B), unterbrochen durch den erwähnten Stützpfosten; auf der Nordseite des Balkens, von Osten beginnend, Darstellung von Säugetieren und Fabelwesen, Inschriftenkartusche mit 3zeiliger Versinschrift (C), Darstellung von Vögeln und Schlangen sowie im westlichen Abschnitt hinter dem Stützbalken kurze Inschrift (D) als Kommentar zur folgenden Darstellung von Musikinstrumenten aller Art; auf der Südseite des Balkens Darstellung von Blumen und – am östlichen Ende – eines Totenschädels, unterbrochen von einer Inschriftkartusche mit 3zeiliger Versinschrift (E), die genau der Kartusche auf der Nordseite gegenüberliegt. In unmittelbarer Nähe von Inschrift (A), vermutlich an der Chorbogenwand, war laut Wollaib ein Engel gemalt mit dem Ulmer Wappen in Händen und mit der Umschrift (F), davon heute keine Spuren mehr erhalten. Die Deckenfelder sind teils mit Wappen und figürlichen Darstellungen mit Beischriften (G), teils mit Emblemen, teils mit reinem Roll- und Bandwerkornament bemalt. Die folgende Beschreibung der Einzelfelder geht zeilenweise von Osten nach Westen und innerhalb der neun Zeilen von Süden nach Norden, d. h. für den Betrachter von links nach rechts, vor.

Wortlaut von (F) nach Wollaib.

Maße: L. (Decke gesamt) 1620, B. 975, L. (Einzelfelder) 170, B. 108, L. (Balken) 1570, H. 30, B. 27, H. (Schriftfelder auf dem Balken) 21, B. 145, Bu. 7,0–8,0 (B), ca. 3,0 cm (C, E).

Schriftart(en): Kapitalis (B, G), Fraktur (C, D, E, G).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/12]

  1. A

    1588

  2. B

    REGI AVTEM SECVLORVM. IMMORTALI. INVISIBILI. SOLI SAPIENTI DEO. HONOR. GLORIA · IN SECVLA SECVLORVM AMEN. I. TIMOTH: I · TV ES PROTECTOR N(OSTE)R DEVS. //a) PSAL: 113 · SIT NOMEN DOMINI BENEDICTVM NVNC ET VSQVE IN SECVLA.

  3. C

    Alle Huegel. Berg Vnd thal ·Lobent den Herrn Vberall · /Jhr fruchtbar baum Vnd Ceder.Lobent den Herrn herwider. /Wildt, als vieh Vnd Vögel gleich.Gewürm, lobt de(n) Hern sametleich.1)

  4. D

    Psal: 150

  5. E

    Der Mensch der lebt ein kurtze zeit.Wie Es vns das gemeldt an deut: /Ehe aber w[. . . .] ein schöne blum,Jn einem huy so felt er Vmb /2) Drumb zur manung der bitter todt,Last sich sehn vndrn den blümlein Rott3).

  6. F

    [Dissipa gentes Domine quae bella volunt4) serva autem nos in pace]

G. Reihe I: 1. Gottvater mit Beischrift in Spruchband:

  1. D(OMI)N(VS) DEVS SABAOTH ·

2. Engelskopf mit Beischrift in Spruchband:

  1. ·· SANCTVS ·b)

3. Engelskopf mit Beischrift in Spruchband:

  1. · SANCTVS ·

4. Engelskopf mit Beischrift in Spruchband:

  1. · SANCTVS ·c)

5., 6., 8. Engelskopf.

7. Engelskopf zwischen zwei Ecksteinen.

Reihe II: 1.–4. Evangelistensymbole und Beischriften in Spruchbändern:

  1. 1. S(ANCTVS) · MATTHEVS · 2.· S(ANCTVS) · MARCVS ·d)

Der Löwe mit aufgeschlagenem Buch, darin die Inschrift:

  1. W(endelin) · K(ramer) · W(allerthum) · / 1·5·88· 3. S(ANCTVS) · LVCAS ·e) 4.· S(ANCTVS) IOHANNES ·e)

5., 6. ohne Darstellung. – 7. Fratze. – 8. Blumenvase.

Reihe III: 1.–4. Wappen mit Beischriften in Spruchbändern:

  1. 1. · H(ans) · B(leickhardt) · LANDSCHAD · 2. . 15. / · RÖM(ISCH) KAISER(LICHE) MÄŸ(ESTÄT) / 88. 3. · STAT · VLM ·e) 4. · H(ans) · V(lrich) · KRAFFT ·

5.Blumenvase. – 6. ohne Darstellung. – 7., 8. Fratze.

Reihe IV: 1. Jesusmonogramm, rot in Gold, von Wolkenkranz umgeben:

  1. IHSf)

2. Agnus Dei mit Kelch und Fahne auf einem Buch, Beischrift in Spruchband:

  1. · AGNVS DEI ··b)

3. Totenkopf und gekreuzte Knochen auf einem Buch, Spaten und Spitzhacke gekreuzt, Sanduhr, Pfeil und Bogen, Schriftband mit Inschrift:

  1. · MEMENTO MORI ·c)

4. Taube als Symbol des Hl. Geistes. – 5. Arma Christi.

6. Schweißtuch, Nägel, Kreuz und Titulus:

  1. I . N . R . I .

7. Engelskopf mit 2 brennenden Fackeln und Laterne. – 8. Engelskopf mit Arma Christi.

Reihe IV: 1.–4. Wappen mit Beischriften in Spruchbändern:

  1. 1. Michael Rössle amptma(n) 2. W(endelin) · K(ramer) · Wallerthum Pfarherr · 3. Michael Öllmiler, Schülmaist/er. 4. Jerg Hennenberg Maller · / · I · B · N · A ·5)

5.–8. Rosette

Reihe VI: 1., 3., 4., 6., 7. ohne Darstellung. 2. (kopfständig) Wappen, umgeben von Schusterwerkzeug mit Spruchband:

  1. Hans= Bresmer Zoller

5. Künstlerwappen. – 8. Kanne.

Reihe VII: 1.–4. Wappen mit Beischriften in Spruchbändern:

  1. 1. Sebastion Ray · 2. Joachim Hennenberg · M(aler) · 3. Gabriel Bockstorffer M(aler) 4. Jerg Rudolff Hen(n)enberg · M(aler) · / I · M · H · ST · Z · G ·6)

5. Malerutensilien. – 6. Engelskopf. – 7. Teufelskopf. – 8. Fratze

Reihe VIII: 1., 2., 5.–8. ohne Darstellung. 3. Waffen und Trophäen mit Beischrift:

  1. Behüt mich Her Vor Dem Schwert. ps: 143.7)

4. Engelskopf, Glocke.

Reihe IX: 1.–7. ohne Darstellung. – 8. Handwerksgeräte; Zimmermannswerkzeug.

Übersetzung:

Dem König aber der Ewigkeit, dem unsterblichen unsichtbaren einzigen weisen Gott sei Ehre und Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen (1 Tim 1, 17). (B) – Du bist unser Beschützer, Gott (Ps 113, 17?), (B) – Der Name des Herrn sei gepriesen jetzt und in Ewigkeit (Ps 112, 2). (B) – Zerstreue die Völker, Herr, die gern Krieg führen, uns aber erhalte im Frieden! (F) – Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott der Heerscharen. (G)

Versmaß: Deutsche Reimverse (C, E).

 
Wappen
[Reichsstadt Ulm]; Landschad von Steinach, Hl. Röm. Reich (Brustschild Österreich: Kaiser Rudolf II.), Reichsstadt Ulm, Krafft, Rössle8, Kramer Wallerthum9, Ölmiller10, Hennenberg (dreimal), Bresmer11, Künstlerwappen, Ray12, Bockstorffer13.

Die Gemälde sind nach Aussage der eingefügten Malerwappen eine Gemeinschaftsarbeit der Maler Sebastian Ray, Jörg, Joachim und Jörg Rudolf Hennenberg aus Geislingen und Gabriel Bockstorffer aus Konstanz. Die Verse auf dem Balken wurden von dem Pfarrer Wendelin Kramer Wallerthum verfaßt (vgl. nr. 311 †) der auch die übrige Kirche mit Inschriften ausgeschmückt hat und der gleich in zwei Feldern der Decke namentlich genannt wird. Wahrscheinlich geht das Bildprogramm für die gesamte Decke auf ihn zurück. Die übrigen Wappen sind der Herrschaft (Kaiser, Reichsstadt Ulm, ulmischer Vogt und Pfleger) und den örtlichen Amtsträgern gewidmet. Schulmeister Michael Ölmiller, Bürger von Ulm, ist 1593 gestorben14. Durchzugbalken mit erhaltenen längeren Inschriften sind im süddeutschen Raum selten15.

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung durch den Stützpfosten.
  2. Erster und letzter Punkt in Form einer Rosette.
  3. Zierpunkte in Rosettenform.
  4. Erster Punkt in Form einer Rosette.
  5. Letzter Punkt als Zierrosette.
  6. Balken des H mit kreuzbesetzter Ausbuchtung nach oben. Gräzisierendes Nomen sacrum, Abkürzung für IE(SU)S.

Anmerkungen

  1. Nach Ps 148, 7 u. 9–10.
  2. Nach Hiob 14, 1.
  3. Vgl. Jer 40, 7–8 u. 24.
  4. Ps 67, 31.
  5. Ein Stammbuchblatt Jörg Hennenbergers, dat. Geislingen 1591 (London, Priv.besitz Mrs. Angela Krahé, vgl. Die Renaissance im deutschen Südwesten I 462f. nr. G46 m. Abb.) trägt auf der Vorderseite das Hennenberger-Vollwappen, bezeichnet: JERG HENNENBERG · / · G · MALER ZV GEYSLINGEN / · I · B · N · A · . Als G(las)Maler aufzulösen, vgl. Fleischhauer, Renaissance 265; Auflösung der Devise nicht möglich.
  6. Klemm, Gang durch die Reihen 208, löst die Devise auf: Meine Hoffnung steht zu Gott. Bei dieser Deutung bleibt der erste Buchstabe allerdings ungeklärt.
  7. Nach Ps 144, 10.
  8. Steigendes Pferd (linksgewendet).
  9. Zwei gekreuzte Pfeile.
  10. 6speichiges Mühlrad mit 12 Schaufeln.
  11. Spindel (?) und leiste schräggekreuzt.
  12. Strauß.
  13. Zwei liegende, voneinander abgewendete Halbmonde, bewinkelt von 4 6strahligen Sternen.
  14. Die Marktgemeinde Kuchen 411f.
  15. Vgl. DI 10 (Niederösterreich I: Amstetten/Scheibbs) nr. 267 (1623), nr. 109 (17. Jh.?); DI 16 (Rhein-Neckar-Kreis II) nr. 308 (1595).

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 427.
  2. Alfred Klemm, Aus alter Zeit, C: Pfarrkirche St. Jakob/Kuchen, in: Beil. zum Alb- u. Filsthalboten Nr. 56 (1880 V 8).
  3. Kdm Geislingen 140, 136 (Abb.).
  4. Trostel, Eugen, Deckenmalereien in der Kuchener Jakobskirche, in: Helfenstein 16 (1959) 137–139 (Abb.) – Ders., Deckenmalereien in der Kuchener Jakobuskirche, in: Die Marktgemeinde Kuchen 132–134 (Abb.).
  5. Ebd. 412 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 324 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0032400.