Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 298 Adelberg-Kloster, ev. Kirche (ehem. Klosterkapelle St. Ulrich) 1576

Beschreibung

Epitaph für Ludwig Wernher, Abt von Adelberg († 1565). Innen an der Langhaus-Nordwand. Kleine Bronzetafel, geteilt: oben, flankiert von zwei Engelsköpfen und breiten Beschlagwerkrahmen-Feldern, ein Rundbogenfeld mit Abtswappen (mit Mitra und Abtsstab), darüber ein Täfelchen mit Votum (A); unten eine große Inschrifttafel (B), auf deren unterer Rahmenleiste eine winzige Gießersignatur eingepunzt ist (C). Ränder stellenweise mit Putz und Farbe überschmiert.

Maße: H. 102, B. 71, Bu. 2,4 (A), 1,1 (B), 0,3 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B erhaben).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum)

  2. B

    LVDOVVICVSa). WERNHER PATRIA HOCHDORFFENSIS1), CISb) / NECCHHAV(M)2), INGRESSVS MONASTERIV(M) ADELBERGENSE, ANNO D(OMI)NI, M·D·V· AETATIS SVAE XVc), AC IN ORDINEb) / PREMONSTRATENSIV(M)d) PARTIM, IN MONASTERIO HOC, PARTIM / ALIBI, ECCLESIAE SERVIENS, INCVLPATE TRIVIT VITAM,b) / TANDEMd) CAENOBIO DESTITVTO SVO ABBATE, VLTIMVS SVI, / ORDINIS, POSTREMVSQ(VE), MORE VETTERI, ANNO, M·D·XXXXVIIe) / SVB DVCE WIRTEMBERGAE VDALRICO, ABBATIAE PREFECTVS, / EAM MAGNA LAVDE ET SINGVLARI OECONOMIAE STVDIO VSQVE / AD FINEM VITAE ADMINISTRAVIT, DEMV(M) ANNO, M·D·LXVf) / IANVARII DIE QVINTO, FATO SVO FVNCTVS RELIQVV(M) MORTALITATIS / HVC IN SINVM MATRIS OMNIV(M) DEPONI VOLVIT, QVOD POSTERITAS / ILLI SVCCEDENS, F(IERI) C(VRAVIT) ·b) / INg) CHRISTO RESVRRECTIO / MEA· / ANNO, M·D·LXV·, / GVBERNANTE DVCATVM / WIRTEMBERGICVM DVCE / . CRISTOPHORO,h)

  3. C

    + AVS + DEM + FEVR + FLOS + ICH + HANS + ALGEIR + ZV + VLMi) + GOS + MICH + 1576 +

Übersetzung:

Gott dem besten und größten, geweiht. – Ludwig Wernher aus Hochdorf diesseits des Neckars ist in das Adelberger Kloster im Jahre 1505 als 15jähriger eingetreten und hat im Prämonstratenserorden teils in diesem Kloster, teils anderswo der Kirche gedient und unbescholten sein Leben verbracht. Schließlich ist er, als das Kloster verwaist ohne Abt dastand, als der letzte seines Ordens und als der letzte nach der alten Sitte im Jahre 1547 unter Herzog Ulrich von Württemberg der Abtei vorangestellt worden. Er hat sie sehr lobenswert und mit einzigartigem wirtschaftlichem Verstand bis an sein Lebensende verwaltet. Als er endlich im Jahre 1565 am 5. Januar sein Leben beschlossen hatte, wollte er, daß seine sterblichen Überreste hier im Schoß der Mutter aller Dinge beigesetzt würden, wofür die ihm nachfolgende Nachwelt Sorge getragen hat. – In Christus meine Auferstehung. – Im Jahre 1565, als Herzog Christoph das Herzogtum Württemberg regierte.

Wappen:
geteilt, oben Kloster Adelberg, unten Wernher (Buchstabe W).

Kommentar

Die Buchstaben sind sehr breit, besonders A, E, H, M, N, T und V; R hat häufig eine weit nach rechts unter die Grundlinie verlängerte Cauda. Die senkrechten, hier deutlich schräglinks gesetzten Sporen sind wesentlich stärker betont als die waagerechten, besonders auffällig am unteren Balken von E und L. Bisweilen sind Anfangsbuchstaben leicht vergrößert, ohne daß hierfür ein festes System zu erkennen wäre. Der Zeilenabstand ist sehr gering, der Schriftspiegel nicht konsequent linksbündig. Die Wortabstände sind unterschiedlich weit; als Interpunktionszeichen sind kurze Schrägstriche gesetzt. Merkwürdig ist die Schriftaufteilung auf der Tafel. Unten bleiben in beiden Ecken zwei Felder von unterschiedlicher Größe als leere Flächen stehen. Lediglich die Ränder sind durch eingepunzte Zierpunkte und -kreuzchen nachgearbeitet. Bei der im übrigen sehr sorgfältig bearbeiteten Platte fällt diese Unregelmäßigkeit besonders auf. Vielleicht waren die beiden Felder bemalt; Farbspuren sind freilich nicht erhalten.

Ludwig Wernher war – abgesehen von dem 15jährigen Zwischenspiel im 30jährigen Krieg – der letzte katholische Abt von Adelberg. Nach der Einführung der Reformation in Adelberg unter Herzog Ulrich im Jahre 1535 ist Abt Leonhard Dürr durch den protestantischen Abt Michael Brodhag ersetzt worden, der Konvent zog sich daraufhin in das Mutterstift nach Roggenburg zurück. Dort wurde Ludwig Wernher 1547 während des Interims zum Abt von Adelberg gewählt, er führte den Konvent zurück und setzte den Wiederaufbau der im Bauernkrieg beschädigten Klosteranlage fort. Die Bemerkung in der Grabschrift, er sei als Letzter more vetteri gewählt worden, bezieht sich darauf, daß Wernher der Aufhebung der freien Abtswahl zustimmen mußte. Künftig waren herzoglich württembergische Räte mit Einspruchsrecht bei der Wahl anwesend3.

Ob das Epitaph von Wernhers protestantischem Nachfolger Christoph Binder, von anderen Konventsmitgliedern oder von Verwandten gesetzt wurde, geht aus der Inschrift nicht eindeutig hervor. Der Datierung nach wurde das Stück noch im Todesjahr des Abtes in Auftrag gegeben, die endgültige Ausführung hat sich dann allerdings noch elf Jahre verzögert, wie die Gießersignatur zeigt4.

Textkritischer Apparat

  1. Um Verwechslungen mit den Zeilenumbrüchen zu vermeiden, sind die im Original als Interpunktionszeichen gesetzten Schrägstriche im Druck durch Kommata wiedergegeben.
  2. Danach eine Blattranke als Zeilenfüller.
  3. Zahlwert überstrichen.
  4. Vor dem Wort ein Zierblatt.
  5. Über den 7 Zehner- und Einerstellen ein langer Strich.
  6. M·D·LX überstrichen.
  7. Davor lange Blattranke.
  8. 2 Blattranken am Zeilenanfang und -ende.
  9. Zwischen L und M noch 4 Hasten, vielleicht VLMIM; jedenfalls offensichtlich ein Schreibfehler.

Anmerkungen

  1. Hochdorf, LKr. Esslingen oder Hochdorf am Neckar, Stadt Remseck a. N., LKr. Ludwigsburg.
  2. Merkwürdige Form; übliche Latinisierung ist Neccarius.
  3. Vgl. OAB Schorndorf 160.
  4. Schon Fleischhauer, Renaissance 253 bemerkt, daß der in der Gießersignatur genannte Hans Algeier schon 1573 gestorben ist, die Platte demnach von seinem Nachfolger Wolfgang Neidhardt zu Ende geführt wurde. Dies könnte die Verzögerung bei der Herstellung bzw. Auslieferung erklären. Von Algeier ist im Bearbeitungsgebiet eine Glocke in Geislingen erhalten (vgl. nr. 282); in der Stadtkirche Radolfzell befindet sich eine weitere von Algeier signierte Grabtafel für Wolf v. Homburg von 1568, vgl. Deutscher Glockenatlas WürttHohenzollern 61; Häcker, Schwäb. Erzbildnerei 24, Taf. IX. Weitere Werke bei Fleischhauer, Renaissance 253f.

Nachweise

  1. Crusius, Ann. Suev. III 814.
  2. Gabelkover (HStAS, J1 Nr. 154/6, Umschlag 159: Grafen von Helfenstein) fol. 4v.
  3. Romelius, Adelberga illustre (HStAS, J1 Nr. 238) fol. 62v, 132r.
  4. Moser II 373.
  5. Schmid, Fußwanderung 22.
  6. Müller, Kloster Adelberg 41.
  7. Adelberg. Eine Bilddokumentation [o. S.zählung] (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 298 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0029806.