Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 219 Privatbesitz 1.V.16.Jh. (?)

Beschreibung

Porträt des Hans von Rechberg zu Hohenrechberg, Schramberg und Gammertingen. Aus Schloß Weißenstein. Gemälde auf Holz. Vor rotbraunem Hintergrund Brustbild in Dreiviertelansicht. Der Dargestellte ist bartlos und trägt ein grünes Gewand; über ihm Namenbeischrift (A), links oben ein Wappen. Unter dem Bildnis in einer weiß grundierten Schriftzone 7zeilige Inschrift (B). Stark überarbeitet, mehrfach übermalt.

Maße: H. 45, B. 35, Bu. 1,1–1,4 (A), 0,6–0,7 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B).

Landesdenkmalamt Esslingen; Privat [1/2]

  1. A

    · HANNS · VONN · RECHBERG · (ET)C(ETERA)a) ·

  2. B

    Hanns von Rechberg der Reichstett feindt · der sich Schrib Gottes freündt. vnnd / aller Welldt feindt. die Reichstett Gewunnen vnd Verprenten im Ramstain. / auff Aftermontag vor Magdalena 1452 Jar. Darnach · S · Niclas tag · / das Schlosz Rugburg beÿ Linden1). Er Wart von ainem paurn ausz höcken. in / ainem hollen weg mit ainem haÿlossen pfeÿl des gefider Mit fadenn gebünden / was in ein seitten Erschossen 1465 Jhar. Sein sprich wortt was / Wenn das stündlein Kümpt

Datum: 18. Juli 1452, 6. Dezember 1452.

Wappen:
Rechberg2.

Kommentar

Die starken Übermalungen erschweren eine Datierung des Bildes. Am wenigsten verfälscht scheint die Kapitalis der Inschrift (A) zu sein. NN-Ligaturen, H mit Ausbuchtung am Balken, R mit weit unter die Grundlinie verlängerter geschwungener Cauda sowie Quadrangel-Worttrenner, die vielleicht ursprünglich paragraphförmig ausgezogen waren, weisen zusammengenommen am ehesten in das 1. Viertel des 16. Jahrhunderts. Inschrift (B) ist stärker überarbeitet, vielleicht sogar gänzlich übermalt. War sie bereits ursprünglich in Fraktur ausgeführt, spräche auch dies für eine Entstehung des Gemäldes nicht vor Anfang des 16. Jahrhunderts. Freilich ist nicht auszuschließen, daß die Erstfassung in gotischer Minuskel geschrieben war.

Hans von Rechberg war ein Sohn Heinrichs I. von Rechberg zu Hohenrechberg und der Agnes Gräfin von Helfenstein3. Als jüngerer Bruder Wilhelms III. (zu Weißenstein) und Ulrichs I. „in der Kappen“ (zu Hohenrechberg) erhielt er aus dem väterlichen Erbe die von den Stammlanden weit entfernte Herrschaft Gammertingen (LKr. Sigmaringen), zu der auch Ittenhausen (Langenenslingen, LKr. Biberach) gehörte. Durch seine Ehen mit Veronika Truchsessin von Waldburg und mit Elisabeth Gräfin von Werdenberg-Sargans konnte er unter anderem die Ruggburg nördlich Eichenberg (Pol. Bez. Bregenz), ferner die Burg Ramstein (Tennenbronn, LKr. Rottweil) erwerben. Als Feldhauptmann in Diensten Österreichs und der Stadt Zürich (bis 1447 bzw. 1446) machte er sich im Krieg gegen die Eidgenossen einen Namen. 1447 zwangen ihn seine Schulden zum Verkauf der Herrschaft Gammertingen an Württemberg, und er nahm auf Ramstein Wohnung. Nachdem die nahegelegene Reichsstadt Rottweil seine angebotenen Dienste als Feldhauptmann abgelehnt hatte, führte er wiederholt Fehden gegen die schwäbischen Reichsstädte. In diesem Zusammenhang stehen die in der Inschrift geschilderten Ereignisse des Jahres 1452, als die Reichsstädte Ramstein nach zehntägiger Belagerung zerstörten und ein halbes Jahr später auch die Ruggburg bei Bregenz einnahmen und schleiften4. Als Ersatz für Ramstein kaufte Hans von Rechberg die Herrschaft Schramberg mit Schloß Unterfalkenstein (LKr. Rottweil) und erbaute das neue Schloß Schramberg (1457–59). Er wurde zum Begründer der nach Schramberg benannten Linie der Rechberger. Ab 1459 stand er in württembergischen Militärdiensten, fiel aber zuletzt einer Fehde zum Opfer, in der er mit seinen Verwandten Eberhard und Hans von Klingenberg und Wilhelm von Rechberg gegen die Grafen von Württemberg und Werdenberg und gegen die Rittergesellschaft im St. Jörgenschild kämpfte. Am 11. November 1464 – nicht 1465, wie die Inschrift irrtümlich meldet, – wurde er von einem Pfeil getroffen und starb nur zwei Tage später5.

Textkritischer Apparat

  1. Z-förmiges et-Kürzel mit feinem rechtsschrägem Abstrich am rechten Ende des unteren Balkens. Über der Abkürzung ein nach oben ausgebuchteter Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Lindau am Bodensee.
  2. Die zwei roten Löwen hier im weißen Feld. Das Wappen ist im „Stil“ des 18. oder frühen 19. Jh. übermalt.
  3. Vgl. Stammtaf. d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 3.
  4. Zu den Vorgängern vgl. Gemeinder (wie unten).
  5. Ein um 1460 entstandenes, sehr qualitätvolles Porträt Hans’ von Rechberg befindet sich im Kunsthistorischen Museum in Wien, Inv.-Nr. 2998 (H. ca. 35, B. ca. 26 cm). In Bildaufbau, Kleidung und Haartracht stimmt es weitgehend mit dem vorliegenden Gemälde überein und könnte durchaus als Vorlage gedient haben. Im unteren Bildabschnitt befindet sich als Inschrift aber lediglich in flüchtiger Bastarda die Namenbeischrift Hans von Rechberg zu Schramberg.

Nachweise

  1. Kdm Geislingen 185 (nur erwähnt).
  2. Emil Gemeinder, Ritter Hans von Rechberg. Vor 500 Jahren starb der streitbarste Sproß der rechbergschen Familie, in: Alt-Württemberg 10 (1964) Nr. 11 (Abb.).
  3. LDA Stuttgart, Neg.-Nr. 8198.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 219 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0021901.