Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 168 Stötten (Stadt Geislingen a. d. Steige), ev. Pfarrkirche (St. Michael) 1500

Beschreibung

Wand- und Gewölbemalereien. Im Chor. 1881 teilweise aufgedeckt und wieder übertüncht. 1972 freigelegt und restauriert. I. In den vier Kappen des Chorturmgewölbes die vier Evangelistensymbole mit langen Schriftbändern: im Osten der Adler (A), im Norden der Löwe (B), im Süden der Engel (C) und im Westen der Stier (D), Inschriften (B) und (D) verblaßt. II. In den Stichkappen des Chorschlusses Marienkrönung und die vier abendländischen Kirchenväter, ohne Inschriften. III. An den Chorwänden in zwei Bildstreifen übereinander Szenen aus dem Leben Jesu, keine Beischriften erkennbar. IV. In den Laibungen der vier Fenster je zwei Heilige, ohne Inschriften. Nicht erhalten sind weitere von Klemm 1881 beschriebene Malereien: V. Weltgericht über dem äußeren Chorbogen; VI. in der Chorbogenlaibung Medaillons der klugen und törichten Jungfrauen; VII. in den Fensterlaibungen der Chor-Südseite drei Bischöfe mit Namenbeischriften (E–G), die offensichtlich nicht mit den erhaltenen Figuren (nur ein Bischof!) identisch sind. Zwei der Heiligenbilder sind in kolorierten Skizzen in Klemms Ortsnotizen überliefert.

Wortlaut von (E, F, G) nach Klemm.

Maße: Bu. 6 cm (A–D).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    Sanc=/tus · / Johan=nes · Ewange=/lista :· / 1500a)

  2. B

    [. . .]

  3. C

    Sant/·/tusb) / Matheus / Ewange=lista / 1·500a)

  4. D

    · 15[. . .

  5. E

    s. jörg

  6. F

    s. achaciusc)

  7. G

    s. ciriacusc)

Kommentar

Der qualitätvollen Ausführung der figürlichen und ornamentalen Malerei entspricht die der Schrift, soweit dies die erhaltenen Reste erkennen lassen. Die Textura ist trotz der zahlreichen Knicke und Wellen der langen Schriftbänder bemerkenswert regelmäßig mit gleichbleibender Buchstabenhöhe und -abständen eingepaßt. Die für die Länge der Schriftbänder verhältnismäßig kurzen Texte zwangen den Maler allerdings, große Abstände zwischen den Wörtern, gelegentlich auch zwischen Wortteilen einzuschalten. Neben Versalien mit gebrochenen und verdoppelten Hasten oder Bögen, wie sie in der Buchschrift für die Textura entwickelt wurden, kommt ein M-Versal vor, der der frühhumanistischen Kapitalis entlehnt ist. Die Worttrenner-Quadrangeln laufen an den Ecken in lange verschnörkelte Zierlinien aus. Als Vorlagen für die Evangelistensymbole sind Stiche im Stil des Meisters E. S. anzunehmen. Die gleichen Vorlagen dürften für die Gewölbemalereien im Turmchor der Pfarrkirche zu Rümlang (Kt. Zürich) verwendet worden sein1. Da Stötten 1500 als Teil der unteren Herrschaft Helfenstein zum Gebiet der Reichsstadt Ulm gehörte, wird man in dem Maler einen Ulmer Künstler vermuten dürfen2.

Textkritischer Apparat

  1. Die beiden 0-Ziffern klein hochgestellt.
  2. Sic!
  3. In den Ortsnotizen Klemms fehlt s.

Anmerkungen

  1. Abb. in: Jürgen Michler, Gotische Wandmalerei am Bodensee, Friedrichshafen 1992, 125.
  2. Vgl. Manfred Akermann, Die Ausmalung der Michaelskirche zu Stötten, in: Evang. Kirche St. Michael in Stötten. Einweihung nach der Erneuerung … 1972, Stötten 1972, 7–10, hier: 7.

Nachweise

  1. Klemm, Ortsnotizen (WLB, Cod. hist. Q 347.1) Bü. Stötten: 2 kolorierte Skizzen (Inschr. F, G).
  2. Ders., mittelalterliche Wandgemälde 118.
  3. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 119.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 168 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0016802.