Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 128 Geislingen an der Steige, ev. Stadtkirche (U. L. Frau) 1494

Beschreibung

Grabplatte des Klaus Wyrcker. Innen an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffs, 3. Stein von Osten, neben dem Eingang; 1876 noch im südlichen Seitenschiff, nahe dem Sakristeieingang1. Große Rotmarmorplatte, in der oberen Hälfte querrechteckige Bronzetafel mit 4zeiliger Inschrift, darunter zwei Bronzewappen aufgelegt. Stein mit Stoßschäden.

Maße: H. (Gesamt) 203, B. 113, H. (Tafel) 26,5, B. 65,5, Bu. 4,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno d(omi)ni M cccc lxxxxiiii Jar starb / der erber Man claosa) wÿrcker von vlm am / suntag vor sant Michels tag dem gott gnae/digb) vnd barmherzÿg sÿ vnd Maria

Datum: 28. September.

Wappen:
Wyrcker2, Roth.

Kommentar

Obwohl die Buchstaben gleichmäßig geschnitten und gegossen sind, wirkt die Schrift insgesamt etwas unruhig. Dies liegt vor allem an der Verwendung einzelner auffälliger Buchstabenformen: Gotische Majuskeln als Versalien in der ersten Zeile, m am Wortanfang stets mit bogenförmig weit unter die Grundlinie zurückschwingender letzter Haste, sehr breites rundes s am Wortende mit charakteristischem Diagonalstrich, t mit voller Oberlänge, weit nach links gekrümmtes v und w am Wortanfang. Bemerkenswert ist das übergeschriebene a zur Umlautbezeichnung über e. Der i-Punkt wird uneinheitlich verwendet, y hat zwei Punkte.

Die Anrufung Mariae mit Bitte um Gnade ist in Grabschriften äußerst selten3. Der Grund für die Anfügung war in diesem Fall wohl die Auffüllung der letzten Zeile, die aber trotzdem nicht vollständig gelungen ist: am Textende blieb die Platte auf etwa doppelter Buchstabenbreite unbearbeitet. Claus Wyrcker war mit Ursula Roth verheiratet, einer Tochter des ulmischen Pflegers zu Geislingen Wilhelm Roth4. Wyrcker begegnet 1489–94 als Pfleger des Münsterbaus in Ulm5.

Textkritischer Apparat

  1. o übergeschrieben.
  2. a nach n übergeschrieben.

Anmerkungen

  1. Klemm, Die Stadtkirche zu Geislingen 65.
  2. Über Dreiberg ein jochähnlicher Gegenstand mit schaftartig verlängertem gelochtem Mittelteil; vgl. Alberti 1072.
  3. Klemm, Die Stadtkirche zu Geislingen 65, weist als Parallele auf das Epitaph des Hermann von Sachsenheim in der Stuttgarter Stiftskirche (1458) hin: . . . dem Gott und Maria gnedig sey. Vgl. ferner DI 25 (Ludwigsburg) nr. 160: maria tvo mir gnad (vor 1496?); DI 15 (Rothenburg o. d. Tauber) nr. 108 †: . . . der Got vnd die Junckfraw Maria genedig sai (1484).
  4. Genealogische Notizen bei Roth von Schreckenstein, Geisl. Epitaphien 77f.
  5. Vgl. Burkhardt, Gräber 75. Für die Behauptung ebd., Wyrcker sei 1494 kurz vor seinem Tod noch Pfleger in Geislingen geworden, lassen sich keine Belege finden. 1472–95 war er vielmehr Andreas Weckherlin Pfleger, vgl. nr. 480.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 393.
  2. Klemm, Stadtkirche. Vortrag 46f.
  3. Keppler 112.
  4. Kdm Geislingen 43.
  5. Burkhardt, Gräber 75 (Abb.).
  6. Bischoff, Führer 17 nr. 11.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 128 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0012808.