Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 15 Heiningen, ev. Pfarrkirche (St. Michael) E. 13./1. H. 14. Jh.

Beschreibung

Glocke in der oberen Glockenstube des Kirchturms; bis 1731 als „Sturmglocke“ im Wehrturm an der Nordostecke der Kirchhofmauer, seither im Kirchturm1. Tief angesetzte Schulterinschrift zwischen Schnurstegen. Als Worttrenner runde Punkte; Kürzungsstriche über dem Steg angebracht.

Maße: H. 48, Dm. 56, Bu. 1,9 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. + ME · RESONA(N)TE · PIA · P(O)P(U)LI · MEMOR · ESTOa) · MARIA ·+·

Übersetzung:

Wenn ich fromm erklinge, gedenke des Volkes, Maria!

Versmaß: Leoninischer Hexameter.

Kommentar

Die Buchstaben sind noch nicht mit Hilfe von Modeln hergestellt. Aus einer dicken Wachsschicht wurden sie mit dem Messer ausgeschnitten. Durch die breiten und sich an den Enden keilförmig verdickenden Hasten und Balken sowie durch den relativ weiten Buchstabenabstand wirkt die Schrift plump. Der Mittelbalken des A ist geknickt und so weit hochgezogen, daß er mit dem Deckbalken verschmilzt; E ist durchweg unzial und rechts durch einen deutlichen Abschlußstrich geschlossen; die Bogenenden des S sind gespalten. Eine zeitliche Einordnung bereitet Schwierigkeiten, da datierte Glocken mit vergleichbarer Schrift fehlen. Während das Formular offenbar vorwiegend auf Glocken des 13. Jahrhunderts begegnet2, weist die Form des abgeschlossenen und innen ausgerundeten unzialen E eher ins 14. Jahrhundert. Sehr ähnlich sind die Schriftformen einer Glocke aus Fischach (LKr. Augsburg), die von S. Thurm in die 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert wird3.

Textkritischer Apparat

  1. S spiegelverkehrt.

Anmerkungen

  1. Hochstetter § 15; Hummel, Michaelskirche 202, 216.
  2. Vgl. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern 15 Anm. 26; DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nrr. 5, 8.
  3. Dt. Glockenatlas Bayer.-Schwaben nr. 115 Abb. 62; die Glocke befindet sich heute in Wollmetshofen, Markt Fischach, LKr. Ausgburg.

Nachweise

  1. J. S. Hochstetter, Beschreibung des Marktfleckens Heiningen, 1730, Ms. (GemeindeA Heiningen; Kopie im KrAG) § 15.
  2. Pfarrbeschreibung von der Parochie Heiningen, 1828 (DekA Göppingen, 225.4 Nr. 1) [16].
  3. Denkmale des Altertums 81.
  4. OAB Göppingen 219.
  5. Klunzinger, Zur Glockenkunde in Württemberg 90.
  6. Keppler 141.
  7. Kdm Göppingen 101.
  8. Glockenbeschlagnahme 1917 OA. Göppingen (LKA, A 26, 1484,5) (m. Umzeichnung d. Inschrift).
  9. Hummel, Michaelskirche 216.
  10. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 673 Abb. 450.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 15 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0001506.