Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 11 Oberwälden (Gde. Wangen), ev. Pfarrkirche (St. Nikolaus) A. 14. Jh.

Beschreibung

Gewölbe- und Wandmalereien. Im Turmchor; 1910 freigelegt und restauriert. Direkt auf den mit Kalkwasser vorbehandelten Stein gemalt. Auf dem Gewölbeschlußstein aufgemaltes Lamm Gottes; in den vier Gewölbekappen jeweils ein thronender nimbierter und geflügelter (!) Evangelist mit Schriftband in Händen, das an den Enden in Kopf und Fuß des Evangelistensymbols ausläuft, flankiert von je einem Propheten und einer Sibylle, die ebenfalls Schriftbänder halten. I. östliche Kappe: Johannes, Schriftband mit Adlerkopf und -klaue (A), links Prophet, rechts Sibylle mit Schriftbändern (B, C); II. nördliche Kappe: Markus, Schriftband mit Löwenkopf und -pranke (D), links Sybille, rechts Prophet mit Schriftbändern (E, F); III. südliche Kappe: Lukas, Schriftband mit Stierkopf und -huf (G), links Prophet, rechts Sibylle mit Schriftbändern (H, I); IV. westliche Kappe: Matthäus, Schriftband mit menschlichem Oberkörper und Fuß (K), links Sibylle (?), rechts Prophet (?) mit Schriftbändern (L, M). An den Chorwänden verschiedene Marien- und Christusdarstellungen (Tod, Himmelfahrt, Krönung Mariae, Schutzmantelmadonna; Schmerzensmann, Kreuzanheftung, Kreuzigung), die Ausspeiung des Jona als Sinnbild der Auferstehung Christi sowie eine Darstellung des Kirchenpatrons St. Nikolaus, der von Schiffern angerufen wird. In der Chorbogenlaibung Medaillons der klugen und törichten Jungfrauen1. Die Inschriften sind stark verblaßt, einige völlig vergangen.

Maße: Grundfläche des Chors 397x393, Bu. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. A

    · S[ANCTV]S [I]O[HANNE]S

  2. B

    [. . .]

  3. C

    [. . .]

  4. D

    [SANCT]VS · MARCVS ·

  5. E

    PRIMI [. . . . . . . . .]Ṿ[. .]G̣VIṆṾ[. .]

  6. F

    [. . .]

  7. G

    · ṢẠ[NCTVS ·] ḶV[CA]S ·

  8. H

    [. . .]

  9. I

    Ṿ[.]P̣[. . .]

  10. K

    [S]A[NCT]VSa) · M[ATTHEVS]

  11. L

    [. . .]

  12. M

    [. . .]T[.]NS P̣[. . .]Ṣ

Kommentar

Die nur mehr fragmentarische Erhaltung der Inschriften erlaubt keine Zuordnung zu bestimmten Propheten und Sibyllen. Wichtigste Schriftmerkmale sind, soweit noch zu erkennen, breite kräftige Hasten, die sich an den Enden nur unmerklich oder gar nicht verbreitern; keilförmige, sehr spitz zulaufende Schräghasten (bei V), kräftige Bogenschwellungen, lange, haarfein ausgeführte Sporen, die rechtwinklig auf Balken und Schäfte aufgesetzt sind; häufige Verwendung von Zierlinien, die die Schäfte oder Bogenlinien parallel begleiten. Als weitere Zierform ist einmal ein Halbnodus an der Haste des I anzuführen. M hat die links geschlossene unziale Form. Zweimal lassen sich VS-Ligaturen nachweisen. die runden Worttrenner sind auffällig groß.

Nicht nur der Stil der qualitätvollen Malereien, auch die genannten paläographischen Merkmale, zeigen große Ähnlichkeit mit den Wandmalereien in der Faurndauer Stiftskirche (nr. 10 E–H). Sie sind wie diese in den Anfang des 14. Jahrhunderts zu datieren. Der Chorturm der 1187 erstmals erwähnten Kirche2 stammt in seinen ältesten Teilen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts3. Auftraggeber für die Wand- und Gewölbemalereien dürfte das Kloster Adelberg gewesen sein, das 1284 den Kirchensatz in Oberwälden von den Herren von Staufeneck erworben hatte4.

Textkritischer Apparat

  1. San[ctus] Kdm Göppingen.

Anmerkungen

  1. Beschreibungen in Kdm Göppingen 125–127 und Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 116f.
  2. LdBW III 333.
  3. Dehio, Baden-Württemberg I 605: „um 1220“; das Langhaus wurde im 16. Jahrhundert erweitert und umgestaltet; vgl. Kdm Göppingen 123–125.
  4. Vgl. Heribert Hummel, Die Herren von Staufeneck. Ein Beitrag zur Genealogie des Geschlechts, in: Hohenstaufen 10 (1977) 95–125, hier: 112.

Nachweise

  1. Kdm Göppingen 125–127 (nur Inschr. K).
  2. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 116f. (nur Inschr. K).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 11 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0001108.