Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 3 Göppingen, Städt. Museum im „Storchen“ 12. Jh.

Beschreibung

Fragment der Grabplatte eines Cunemunt. Aus der Stiftskirche in Faurndau; dort in der Südwestecke des Langhauses aufgefunden; Fundumstände unbekannt1. Erhalten ist ein annähernd dreieckiges Bruchstück, dessen gerade Oberkante wohl ein Teil des ursprünglichen Plattenrandes ist und das nach unten spitz zuläuft, wobei die rechte Bruchkante etwas steiler verläuft als die linke. Oben scheint die Platte noch fast ihre volle Breite zu besitzen. Außen sind zwei griechische Kreuze in flachem Relief ausgehauen, darunter, aus der Mitte deutlich nach links versetzt, ein Hochkreuz mit etwas breiteren Armen und einer Fortsetzung nach unten, die wohl als Stange eines Vortragekreuzes zu deuten ist. Zwischen die drei Kreuze ist eine 3zeilige Inschrift in flacher Kerbe eingehauen. Roter Sandstein, Stoß- und Schlagschäden auf der Oberfläche.

Maße: H. (Rest) 62, B. 55,5, Bu. 4,5–5,5 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Städt. Museum im Storchen, Göppingen [1/1]

  1. HIC IA/CET / CVNEMVNTa)

Übersetzung:

Hier ruht Cunemunt.

Kommentar

Die Schrift ist dünnstrichig eingemeißelt und zeigt noch keinerlei Tendenz zur Verbreiterung der Hasten- und Balkenenden und zur Schwellung der Bögen. Die relativ langen Sporen sitzen im rechten Winkel auf den Hasten- und Balkenenden auf; die Sporen an den Bogenenden des fast kreisrunden C sind senkrecht angesetzt. C hat eine eckige Doppelform, A ist trapezförmig. Der Mittelteil des M ist asymmetrisch nach rechts verzerrt und reicht nur wenig unter die (gedachte) Mittellinie der Zeile hinab; er trifft mit den senkrecht stehenden Hasten oben nicht unmittelbar zusammen, sondern ist mit ihnen durch lange Sporen verbunden, wodurch der Buchstabe oben wie abgeschnitten wirkt. Daß der Steinmetz des Schreibens unkundig war, zeigt sich darin, daß er den unteren Balken des E im Namen CVNEMVNT von der rechten Haste des N bis zur linken des M in einer Linie durchzog. Alle Schriftmerkmale zusammengenommen, wird man nicht fehlgehen, die Grabplatte ins 12. Jahrhundert, näherhin vielleicht eher in die zweite Hälfte, zu datieren. Besonders weitgehende Gemeinsamkeiten zeigt die Schrift auf der Grabplatte des Abts Volmar von Hirsau († 1156)2.

Für das einfache Grabbezeugungsformular ohne metrische Fassung und ohne Zusatz einer Datierung lassen sich gerade im 12. Jahrhundert die meisten Parallelen finden3. Stimmt der Zeitansatz, müßte die Grabplatte noch aus dem Vorgängerbau der romanischen, um 1200/20 erbauten Kloster- bzw. Stiftskirche stammen.

W. Ziegler weist die Grabplatte unter Vorbehalt einem 1158 und 1161 urkundlich erwähnten Cunimunt zu4, dessen Bruder Friedrich „Staphe“ möglicherweise Stammvater der Herren von Staufen (später von Staufeneck) war, die nach Erlöschen der Staufer wohl von diesen die Vogtei über Stift Faurndau übernahmen. Dies ist ebenso wie die vermutete staufische Abstammung Cunemunts über eine unbekannte Mutter, Tochter des Ludwig von Westheim5, zwar möglich, läßt sich aber mit den verfügbaren Quellen letztlich nicht beweisen. Der Schriftbefund widerspricht der These zumindest nicht.

Textkritischer Apparat

  1. Das Wort zwischen N und T durch den unteren Arm des rechten Kreuzes unterbrochen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kirschmer/Ziegler, Faurndau 126.
  2. Vgl. DI 30 (Calw) nr. 6; dort ebenfalls eckiges C, A allerdings oben spitz. Ähnliche Buchstabenformen, aber kaum ausgeprägte Sporen auf dem Tympanon der Walterichkapelle in Murrhardt (1170/80): DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 1. Auch die um 1185 datierte Willibirg-Inschrift in Hirsau (DI 30 nr. 8) zeigt noch keine Spur von Bogenschwellungen oder Hastenverdickungen; vgl. ferner DI 29 (Worms) nrr. 18 (um 1132), 21 (um 1165), wo aber die Sporen deutlich ausgerundet sind.
  3. Für Frankreich vgl. etwa CIFM 1/2 nr. 80 (Sèvres-Anxaumont); CIFM 6, Landes nr. 4 (Dax, E. 12. Jh.); CIFM 11 nrr. 111 u. 112 (Ponteilla).
  4. Ziegler, Der Gründer Adelbergs 69f.; UB der Benediktiner-Abtei St. Stephan in Würzburg, Bd. 1, bearb. v. Franz Joseph Bendel, Leipzig 1912, 167, 179.
  5. Ziegler, Der Gründer Adelbergs 69–73.

Nachweise

  1. Kirschmer/Ziegler, Faurndau 126, 21 (Abb.).
  2. Ziegler, Der Gründer Adelbergs 70 (m. Abb. nach S. 112).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 3 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0000306.