Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 180† Hirsau, Kloster St. Peter und Paul 1511

Beschreibung

Bauinschrift über dem Eingang zum Noviziat. Nach der Überlieferung eine ‚tabula maiusculis inscripta‘, also eine Inschrift in Kapitalis.

Wortlaut nach Rainolt.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. Quisquis hanc virtutum et disciplinae scholam intrare contendis, Christi magisterio institutam, Obedientiae, Humilitatis ac Patientiae sementa iacias necesse est, quo vere fructus poenitentiae metere possis. Nam velut in area tritici grana: sic purgantur hic Religiosoru(m) quottidiana delicta. Quare hunc nemo Purgatorij locu(m) alienus homo: nemo nisi Religioni addictus frater intrare praesumat. Quod ordinis in eo secreta tractantur et vitioru(m) ad amussim quisq(ui)liae purgantur. Igitur sta foris advena pulsans, nec intres, nisi vocatus. 1511a).

Übersetzung:

Wer immer du seiest, der du in diese Schule der Tugenden und der Ordnung einzutreten begehrst, die durch die Lehre Christi begründet ist, du wirst zuerst die Saat des Gehorsams, der Demut und der Geduld ausstreuen müssen, damit du wahrhaft die Früchte der Buße ernten kannst. Denn wie es sich mit dem Weizen auf der Tenne verhält, so werden auch hier die Gottgeweihten gereinigt von den alltäglichsten Vergehen. Daher soll kein fremder Mensch es wagen, diesen Ort der Läuterung zu betreten, niemand als ein der Frömmigkeit verschriebener Bruder, auf daß klösterliche Disziplin an ihm geübt und er von Lastern und Nichtigkeiten vollkommen frei werde. Darum bleib draußen stehen, Fremdling, der du anklopfst, tritt nicht ein, wenn du nicht berufen bist.

Kommentar

Das Noviziat gehörte nach dieser Inschrift zu den unter Abt Johannes Hannßmann (1503–24) aufgeführten Neubauten. Es lag östlich von den eigentlichen Klosterbauten und war mit diesen durch einen überdachten Gang verbunden.

Textkritischer Apparat

  1. Weizsäcker, Baugeschichte S. 20 liest ‚1411‘; die arabische Ziffer der Handschrift ist einwandfrei die spätmittelalterliche 5 (‚offene Hand‘).

Nachweise

  1. Rainolt f. 32.
  2. Weizsäcker, Baugeschichte S. 20.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 180† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0018009.