Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 163 Bad Herrenalb, Klosterkirche St. Maria Ende 15. Jh.

Beschreibung

Gedächtnisplatte für die Äbte Dietrich, Marquard, Rupert und Heinrich. Im Chor an der Wand. Umlaufende Schrift zwischen Linien, im Mittelfeld frontal flaches Reliefbild eines Mönches mit Pedum und Buch. Roter Sandstein. Abtretungsspuren.

Maße: H. 218, B. 104, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. · DIETRICVS · I(VS)a) · ABBAS · MARQVARD(VS) · V(VS)b) · ABBAS · / RVPERTVS · /VIII(VS)c) · ABBAS · HEINRICVS · X(VS)d) · ABBAS ·

Kommentar

Die postum angefertigte Platte entspricht denjenigen für die Äbte Conrad und Heinrich bzw. Eberhard und Heinrich (vgl. nrr. 164, 165). Die Identifizierung der Äbte mit Dietrich (Gründungsabt), Marquard (1292–1302), Rupert (1344–1364) und Heinrich (1400–1403) ist möglich1.

Die postume Anfertigung aller drei Steine zur gleichen Zeit ist offensichtlich. Die Beisetzung der Ordnungszahlen mit der ungewöhnlichen Kürzung kann einen Anhaltspunkt für die Datierung bieten; sie erscheint in gleicher Form auf dem erhaltenen Grabstein des 1486 verstorbenen Abtes Nikolaus Wagenleiter (vgl. nr. 137). Dem Steinmetz dieser Platte mit der sehr stark manirierten Minuskel könnte auch die historisierende Majuskel der Gedächtnissteine zuzuschreiben sein.

Die Ordnungszahlen sind – wie die der nur kopial überlieferten Abtsgrabschriften von 1459, 1466, 1469, 1478 und der des Nikolaus Wagenleiter – willkürlich, ergeben aber eine harmonisierte Abtsreihe des Klosters Herrenalb, die wiederum übereinstimmt mit der von Jongelinus überlieferten Abtsreihe2. Offenbar wurde in einer Zeit der erneuerten Rückbesinnung auf die Vergangenheit des Klosters in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Abtsreihe rekonstruiert, die einerseits in die Beischriften der Grabsteine übernommen wurde, andererseits später von Jongelinus für seine Arbeit genutzt wurde. Wie in Hirsau – wenn auch in bescheidenerer Form – hat man sich also auch in Herrenalb um eine ‚Erneuerung aus Erinnerung‘ bemüht. Das vorläufige Abtsverzeichnis der Herrenalber Äbte nennt für den gleichen Zeitraum (Gründung bis 1529) 26 Äbte, die ‚harmonisierte‘ Abtsliste 16 Äbte3.

Textkritischer Apparat

  1. So für primus.
  2. So für quintus.
  3. So für octavus.
  4. So für decimus.

Anmerkungen

  1. Vgl. das Abtsverzeichnis bei Pflüger, Schutzverhältnisse S. 162f.
  2. Jongelinus S. 65. – Vgl. aber auch das Verzeichnis der Äbte bei Seilacher S. 118, Anm. 25.
  3. Vgl. dazu die Einleitung S. XIX.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 163 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0016308.