Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 103 Kentheim (Stadt Bad Teinach-Zavelstein), St. Candidus 15. Jh.

Beschreibung

Wandmalerei im Chor der Kirche. Alle Wände des Chors sind in einzelnen Bildfeldern mit Marterszenen der Heiligen Georg, Centus (= Candidus), Katharina, Barbara und Margaretha bemalt, die durch entsprechende Inschriften erläutert werden (A–H). In den Fensterleibungen des Ostfensters zwei weibliche Heilige mit Attributen und Beischriften (I, K). In den Fensterleibungen des Südfensters ebenfalls zwei Darstellungen, die östliche stellt eine weibliche Heiligenfigur dar (L), die westliche ist zerstört. Das Chorgewölbe zeigt eine Darstellung Christi mit zwei Schwertern, die von seinem Mund ausgehen, in den Zwickeln Evangelistensymbole mit Beischriften, die Beischrift des Engels (Matthäus) ist zerstört (M). Über den Fenstern bzw. über dem Chorbogen Szenen ohne Beischriften (Kain und Abel, Mariae Verkündigung). Die Malerei und auch die Inschriften sind stark übergangen, der ursprüngliche Wortlaut läßt sich nicht mehr exakt herstellen. Die Folge beginnt links (Nordseite), sie geht über die Ostseite zur Südseite. Einzelne Bildfelder sind durch spätere Fenstereinbrüche gestört1.

Maße: Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    Martyriumsszene (Drachenkampf), Beischrift unleserlich

  2. B

    Martyriumsszene: das ist S. Georgs (. . . . .)

  3. C

    Räderung: [. .] vnd marter [. . .]

  4. D

    Meßopfer: daz ist s. kentvs

  5. E

    Bischof und Kriegsknechte: marter vnd [. . .]

  6. F

    Tötungsszene: [. .]leben des [. . . .]

  7. G

    Jungfrau am Galgen: [. . .] vnd ir leben [. . . .]

  8. H

    Heiliger mit Buch: diz ist s [. . .]

  9. I

    weibliche Heilige: [da]s [ist s.] margareta

  10. K

    weibliche Heilige mit Kelch: das ist [s. bar]ba[ra]

  11. L

    das ist s.[. . .]

  12. M

    [s.] markvs s. iohannes s. lvkas

Kommentar

Die Entstehung der Kentheimer Wandmalereien ist noch nicht eindeutig geklärt; sicher ist, daß die Wandgemälde im Schiff (dem ältesten Bauteil, keine Inschriften) zeitlich früher anzusetzen sind als die Gemälde im Chor. Neuere Untersuchungen sind geplant. Die Beischriften sind offenbar stereotyp angelegt, sie setzen mit dem Hinweis ‚das ist . .‘ ein und geben dann den Hinweis auf den Tod als Martyrer (und das daraus erwachsende ewige Leben?). Dabei dürften die dargestellten Heiligen jeweils ihrem Altar zugeordnet worden sein: Candidus (Hochaltar D, E, F), Georg (linker Seitenaltar A, B, C), Katharina, Margaretha, Barbara (rechter Seitenaltar I, K). Es handelt sich – wenn der bisherige zeitliche Ansatz richtig ist – um relativ frühe volkssprachliche Beschriftungen von Wandgemälden2. Eine genauere Untersuchung von kunsthistorischer Seite hat bisher die Zuschreibung in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts wahrscheinlich gemacht, die sich auch von der Schrift her – bei vorsichtiger Einschätzung der Aussagen wegen möglicher Restaurierungen – bestätigen läßt.

Anmerkungen

  1. Eine schematische Übersicht mit Deutung der Szenen findet sich bei Greiner, Kentheim S. 28.
  2. Vgl. dazu Neumüllers-Klauser, Frühe deutschsprachige Inschriften (im Druck).

Nachweise

  1. Greiner, Kentheim S. 23–29.
  2. OAB Calw 1860, S. 327.
  3. Greiner, in: WürttVjh. AF. 6 (1883) S. 47–50.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 103 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0010302.