Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 99 Kentheim (Stadt Bad Teinach-Zavelstein), Kirche St. Candidus 1447

Beschreibung

Grabplatte der Margarete Meyer. Außen an der Kapelle. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein, Umschrift zwischen Linien. Im Mittelfeld in Relief Rocken mit Handspindel. Schadstellen an den Kanten und in der Schriftleiste.

Maße: H. 165, B. 75, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno · d(omi)ni · M / · cccc · xl · vii · obiit margreta Meyrin de holtzgerlin/gen in al(tera) die s(an)ct(ae) / Emerentianae cui(us) anima · req(ui)escat · in pace

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1447 starb Margret Meyer aus Holzgerlingen am nächsten Tag (nach dem Fest) der heiligen Emerentiana (Jan. 24). Ihre Seele möge ruhen in Frieden.

Kommentar

Die Schrift zeigt Versalien (A, E, M) und eine Minuskel, die vom üblichen Schriftbild abweicht; die Brechungen der Schäfte sind verschliffen, so daß fast der Eindruck einer Kursive entsteht. Worttrenner fehlen weitgehend.

Der Zusammenhang mit dem sog. ‚Spinnerinnen-Kreuz‘ aus dem gleichen Jahr (nr. 100) wird durch die gleiche Darstellung und die gleichartige Ausführung der Schrift bestätigt. Offen bleibt der Anlaß für die Schaffung der beiden Denkmäler. Die von Crusius berichtete Version, es sei an der Stelle des Steinkreuzes eine Frau im Schnee erfroren, hat viel Wahrscheinlichkeit für sich1. Die Beisetzung der Leiche in Kentheim und die Setzung eines Gedenksteins an der vermutlichen Stelle des Todes ist allerdings mit der Annahme einer ‚Spinnerin‘ (d. h. einer mittellosen Frau) kaum zu verbinden2.

Kentheim war Althirsauer Besitz, vom 13. Jahrhundert bis zur Reformation Mutterkirche für das umliegende Gebiet, seitdem Filialkirche von Zavelstein. Neben der Grabplatte von 1447 stehen noch 5 Platten aus rotem Sandstein, die keine Beschriftung tragen, sondern nur mit dem Kreuzessymbol in verschiedenen Varianten ausgestaltet sind. Sie liegen zeitlich kaum früher3.

Anmerkungen

  1. Crusius, Annales Suevici Lib. VII partis III p. 387: „es were eine arme Spinnerin gewesen, allda im Schnee erstickt“.
  2. Ähnlich argumentiert Greiner, Kentheim S. 22f., der die Verstorbene dem niederen Adel oder dem begüterten Bürgerstand zuweist. Vgl. auch J. u. F. K. Azzola, Spinnrocken und Handspindel – zwei steinerne Denkmale von 1447, in: Schwäbische Heimat 36 (1985) S. 37–45.
  3. Greiner, Kentheim S. 20f (Abb.)

Nachweise

  1. Azzola (wie Anm. 2) S. 40 (Abb.).
  2. Greiner, Kentheim S. 22 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 99 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0009907.