Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 239 Vollmaringen (Stadt Nagold), kath. Pfarrkirche St. Georg 1557

Beschreibung

Gedächtnistafel der Magdalena von Neuneck, geborene von Ehingen. Malerei auf Holz in (erneuerter) Holzrahmung. Restaurierungen im 18. und 19. Jahrhundert. Darstellung des sog. Gnadenstuhls, umrahmt von breiter Wappenleiste, 16 Ahnenwappen mit Beischriften, farbig gefaßt. Die Ahnenprobe zu je 8 beginnt jeweils in der Mitte der oberen Rahmenleiste. Im Sockel der Tafel Wappen, daneben links kniend Wildhans von Neuneck († 1529), hinter ihm seine 5 Söhne, rechts von ihm die 3 Töchter und seine Ehefrau Magdalena († 1565) mit ihrem Wappenschild. Alle tragen Schriftbänder mit Beischriften (A–F und G–K); die Schriften sind teilweise stark gestört und durch Restaurierungen (belegt sind 1725 und 1882) falsch ergänzt. Die ursprünglich für die Pfarrkirche oder die Schloßkapelle in Glatt angefertigte Tafel kam gegen Ende des 16. Jahrhunderts (1577?) in die Londorfer Kapelle, später in das katholische Pfarrhaus zu Vollmaringen. Sie wurde 1969 in die Schweiz verkauft, von dort aber 1973 zurückgekauft.

Maße: H. 120, B. 78, Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    [wild]hanns gn(ad) dir g(ott)

  2. B

    [hans renhart] gnad [dir gott]a)

  3. C

    [hans wilhelm]

  4. D

    hanß [hainrich]

  5. E

    hanß gottfriedb)

  6. F

    hanß Meinrat gn(ad) d(ir)g(ott)c)

  7. G

    [Maria] salome

  8. H

    Maria Cleope

  9. I

    maria [jacobi]d) g(nad) dir g(ott)

  10. K

    maria magdalena

    Wappen mit Beischriften: nineck, almshofen1), nippenburg, wigler von winnenden, weitingen, sirgenstain, labenberg, hornstein; ehingen, nineck, haimerdingen2), öw, richtenberg3), bemberg4), wytingen5), ellingen6).

Wappen:
Neuneck, Ehingen

Kommentar

Eine Ergänzung der zerstörten bzw. falsch restaurierten Beischriften der Tafel ist möglich, weil für einen der Söhne des Ehepaars, den Augsburger und Eichstätter Domherrn Hans Wilhelm von Neuneck, der 1578 verstarb, im Eichstätter Dom ein Epitaph erhalten ist, das in Darstellungsform und -inhalt der Vollmaringer Gedächtnistafel entspricht7. Das Material ist hier aber dauerhafter Stein, die Beischriften sind daher alle erhalten und lesbar, zumal sie in Kapitalis ausgeführt sind8. Im Giebelfeld trägt das Eichstätter Epitaph die Jahreszahl 1570, es wurde also zu Lebzeiten des Domherrn angefertigt. In diesem Epitaph erscheint bei der Beischrift des Bruders Hans Heinrich die Jahreszahl 1557, die nur von dem Vorbild der Vollmaringer Tafel stammen kann. Zu den Lebensdaten des Hans Heinrich von Neuneck steht sie nicht in Beziehung9.

Die Tafel war ursprünglich für die Schloßkapelle in Glatt bestimmt, wo die Witwe des Wildhans von Neuneck nach 1551 ihren Witwensitz nahm. Das Jahr der Anfertigung der Gedächtnistafel fällt zusammen mit der Erbauseinandersetzung der Magdalena von Neuneck mit ihren kinderlos verstorbenen Brüdern. Erst nach dem Tod der Magdalena von Neuneck kam die Tafel vermutlich über eine gleichnamige Enkelin, Tochter des Sohnes Hans Heinrich und seit 1577 Ehefrau des Werner von Neuhausen (vgl. dazu seine Grabplatte nr. 281) in die Londorfter Kapelle, das Erbbegräbnis der Familie von Neuneck.

Textkritischer Apparat

  1. Zur Ergänzung vgl. den Kommentar.
  2. Wohl Restaurierungsfehler, richtig wäre Hanß Osswald.
  3. Wohl Restaurierungsfehler, richtig wäre Hanß Burkhart.
  4. Irrtümlich so statt iacobe.

Anmerkungen

  1. Allmendshofen.
  2. Truchseß von Heimerdingen.
  3. Söler von Richtenberg.
  4. von Bebenburg.
  5. Weitingen.
  6. Faist von Ihlingen.
  7. Vgl. dazu Johann Ottmar, Die Vollmaringer Gedächtnistafel der Magdalena von Neuneck geb. von Ehingen von 1557; in: Die Stadt Calw. Ein Jahrbuch Bd. 5 (1987) S. 53–62, hier S. 56. – Ders., Die spätgotischen Kelche von Glatt und Neckarhausen, in: Zeitschrift für hohenzollerische Geschichte 24/25 (1988/89) S. 137–158, hier S. 143.
  8. Vgl. ebd. Abb. 3 und 4.
  9. Vgl. dazu Ottmar, Neuneck S. 238f.

Nachweise

  1. Ottmar (wie Anm. 7) passim.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 239 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0023904.