Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 237† Hirsau, Klosterkirche St. Peter und Paul 1556

Beschreibung

Grabschrift des Abtes Johannes Schultheiß. Aufgerichteter Stein in der Mitte der Kirche, nahe der Kanzel.

Wortlaut nach Parsimonius.

  1. Anno D(omini) 1556 obiit pius in Chr(ist)o pater Iohannes Sculteti, abbas huius monasterii, natus de Bietigheim qui regnavit triginta an(n)is. Et sub illo pictura huius templi incepta et finita est. Tandem mortuus et sepultus hic in medio ecclesiae, cuius anima requiescat in pace. Amen. Die 13. Decembris.

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1556 verstarb fromm in Christus der Vater Johannes Schultheiß, Abt dieses Klosters, geboren zu Bietigheim, der 30 Jahre regierte. Unter ihm wurde der Bilderschmuck dieser Kirche begonnen und vollendet. Zuletzt verstarb er und wurde inmitten der Kirche beigesetzt. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen. Am 13. Dezember.

Kommentar

Ob die Inschrift des Steins von Parsimonius wirklich wortgetreu kopiert wurde, muß angesichts des ungewohnten Formulars offenbleiben. Johannes Schultheiß wurde 1524 zum Abt gewählt, 1535 durch Herzog Ulrich mit einem Leibgeding abgefertigt, 1548 nach dem Interim wieder eingesetzt; seine Regierungszeit betrug also 32 Jahre1. Der unvermittelte Einschub über die Verdienste des Abtes um die Ausmalung der Klosterkirche wirkt befremdlich, obwohl die Hirsauer Kirchenausmalung zu ihrer Zeit offenbar als außergewöhnlich galt2. Andererseits ist in Regensburg im 14. Jahrhundert für einen schon 1201 verstorbenen Abt eine Grabplatte gesetzt worden, die sein Verdienst um den Bau einer Wasserleitung betont3. Es war also durchaus möglich, hervorragende Verdienste um die bauliche Ausstattung einer Institution in Grabschriften anzusprechen.

Eine Grabplatte des Abtes mit Pedum und Wappen Schultheiß ist erhalten, trägt aber keine Inschrift, möglicherweise wurde sie im Zusammenhang mit der Reformation nicht mehr ausgeführt4. Denkbar ist auch, daß die hier wiedergegebene Inschrift zu einer figürlichen Grabplatte gehörte.

In der Regierungszeit von Abt Schultheiß wurde die Klosterküche neu erbaut, er ließ die Kreuzgangverglasung ausbessern5. Im Jahr 1551/52 war er Landschaftsverordneter6.

Anmerkungen

  1. Schreiner, Benediktinerkonvente S. 149.
  2. Vgl. nr. 212.
  3. ANNO D(OMI)NI · M · CC · I · III · ID(VS) IAN(VARII) O(BIIT) S(AN)C(T)E · MEM(ORIE) P(ER)NGV(S) · ABB(A)S · HVI(VS) · LOCI · QVI · FEC(IT) · AQ(VAE) DUCTV(M) · PLU(M)BEUM · – Kunstdenkmäler Oberpfalz XII (Regensburg) S. 290 (Abb. 198).
  4. Im Lapidarium an der Nordwand, erheblich verwittert, in mehrere Teilstücke zerbrochen, H. 240, B. 92 cm. – Inschriftreste nicht erkennbar.
  5. Vgl. nr. 210 und nr. 142; zur Kreuzgangsverglasung ausführlich CVMA Deutschland I 2, S. 368.
  6. Pfeilsticker 1431; nach Pfeilsticker 2889 wäre Abt Schultheiß verheiratet gewesen. Nach Greiner, Äbte Ludwigsburg, verblieb er auch von 1535–48 im Kloster, wenn auch ohne Funktion.

Nachweise

  1. Parsimonius fol. 95, fol. 127v.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 237† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0023703.