Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 145† Hirsau, St. Peter und Paul, Winterrefektorium 1493

Beschreibung

Tafelgemälde, ursprünglich im Winterrefektorium des Klosters über dem Tisch des Abtes an der Nordwand. Dargestellt war das hl. Abendmahl. Es handelte sich nicht um ein Wandgemälde, sondern um ein von Abt Blasius in Auftrag gegebenes Tafelgemälde1. Unter dem Gemälde befand sich eine Stiftungsinschrift. Das Gemälde war 1631 nicht mehr vorhanden2.

Wortlaut nach Parsimonius.

  1. Anno dominicae incarnationis octingentesimo tricesimo, monasterium sancti Aurelii a generoso comite Erlafrido de Calw primo fundatur. Maius autem monasterium Hirsaugia vocatum sub primo abbate beato Wilhelmo construitur anno domini 1081. Dein sub reverendo domino Blasio abbate in plurimis structuris renovatur, ac sub eodem capitulum provinciale patrum divi ordinis almi Benedicti anno Domini 1493 laudabili patrum convenientia Dominica Jubilate in eiusdem ordinis profectum, praesenti in loco solemniter celebratur dei ex dono.

Übersetzung:

Im Jahre der Menschwerdung des Herrn 830 wurde das Kloster des heiligen Aurelius von dem edlen Grafen Erlafried von Calw zuerst gegründet. Das größere Kloster aber, Hirsau genannt, wurde unter dem ersten Abt, dem seligen Wilhelm, erbaut im Jahre 1081. Danach wurde es unter dem ehrwürdigen Abt Herrn Blasius durch viele Bauten erneuert; und unter demselben wurde im Jahre des Herrn 1493 das Provinzialkapitel der Väter des hl. Ordens des göttlichen Benedikt in einer löblichen Versammlung der Väter am Sonntag Jubilate (Apr. 28) zum Nutzen desselben Ordens an diesem Ort hier feierlich abgehalten als ein Gottesgeschenk.

Kommentar

Die Stiftungsinschrift nimmt teilweise Bezug auf den Wortlaut anderer Inschriften aus dem Klosterbereich (vgl. nr. 141). Bemerkenswert ist der angesprochene Traditionszusammenhang Erlafried – Wilhelm – Blasius, weil von Abt Blasius die Klostererneuerung nach der Einführung der Bursfelder Reform bewußt auch mit der Rückbesinnung auf die ältere Klostergeschichte begründet wurde. Auf dem erwähnten Provinzialkapitel war auch Abt Johannes Trithemius anwesend.

Anmerkungen

  1. Annales Hirsaugienses II p. 553; der Preis betrug 34 Gulden.
  2. Rainolt fol. 74v–75r (mit dem Zusatz ‚haec omnia sine ulla pictura‘). Danach müßte das Tafelgemälde damals entfernt gewesen sein, die Stiftungsinschrift aber (weil sie auf die Wand gemalt war?) erhalten geblieben sein.

Nachweise

  1. Parsimonius fol. 133r–133v.
  2. Rainolt (wie Anm. 2).
  3. Weizsäcker, Neue Studien S. 212.
  4. Irtenkauf, Kalendar S. 272.
  5. Schreiner, Erneuerung durch Erinnerung S. 67.
  6. Neumüllers-Klauser, Quellen zur Kunst- und Baugeschichte, Regest nr. 121.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 145† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0014500.