Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 7 Bad Herrenalb, Klosterkirche St. Maria um 1180

Beschreibung

Tympanon am Eingang zur Kirche vom Paradies her (Hauptportal). Inschrift 2zeilig im Bogenfeld, dem Halbrund folgend. Roter Sandstein, stark abblätternd und verwittert (Schriftverlust).

Maße: Dm. (des Bogens) ca. 225, Bu. ca. 6–7 cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. + SI · QVAERIS · LECTOR · FVERIT · QVO · NOMINE · DICTVS+ NOSTER · [F]VNDAT[OR · BERTHOLDVS] · / NOMINE · FER[TVR] · + IPSVM · CVM · S(AN)C(T)IS · NVNC · DETINET · [AVLA · PERENNIS]

Übersetzung:

Wenn du fragst, Leser, mit welchem Namen unser Stifter genannt wurde: er trug den Namen Bertholdus. Nun hält ihn mit den Heiligen für ewig der Himmel fest.

Kommentar

Soweit die Schrift noch erkennbar ist, handelt es sich um eine romanische Majuskel, die noch sehr stark in den Traditionen der Kapitalis steht; außer unzialem E hat sie keine Unzialformen, lediglich ein rudimentäres A der unzialen Form in Ligatur mit E (QVAERIS)1, eine VS-Ligatur (DICTVS), eine Kontraktion. Die Buchstaben sind sehr feinstrichig mit ausgebildeten Sporen. Die beiden Zeilen bilden drei Hexameter, die jeweils durch ein gleichschenkliges Kreuz voneinander abgesetzt sind.

Eine verbale Stifternennung im 12. Jahrhundert im Hauptportal der Kirche ist bemerkenswert2. Der immanente Zusammenhang mit dem Totengedenken für den Klostergründer wird hier in der formelhaften Anrede an den Leser deutlich, wie sie in gleicher Form von Grabinschriften her bekannt ist; auch der dritte Hexameter entspricht dem Gedankengut von Grabschriften des 11./12. Jahrhunderts3. Berthold III. hatte um 1150 Mönche aus Neuburg (Elsaß) in seine Gründung geholt. Die päpstliche Bestätigung durch Alexander II. erfolgte 1177. Um diese Zeit dürfte der Bau der Klosterkirche nahezu fertiggestellt gewesen sein. Berthold III. starb 1151 und wurde in der Klosterkirche bestattet4.

Anmerkungen

  1. Diese Form ist zu belegen in Hirsau auf der Grabplatte des Bertoldus (vgl. nr. 5), ferner um 1173 auf dem Grabstein des Abtes Eberhard in Kloster Alpirsbach; vgl. dazu ausführlich oben in der Einleitung S. XXVII. Eine Abbildung ist wegen der weitgehenden Abwitterung nicht möglich.
  2. Eine Stifterinschrift etwa aus der gleichen Zeit steht über dem Portal des Refektoriums des ehemaligen Prämonstratenserklosters Rothenkirchen (Pfalz) HANC DOMVM FECERVNT WERNER ET GOVDA: KdmBayern Reg. Bez. Pfalz Bd. 7 (1938) S. 286. Eine ausgesprochene Memorialinschrift steht über dem Portal der Zisterzienserkirche Otterberg (um 1250): MEMENTO CONRADI.
  3. Vgl. CIFM 7 (Ville de Toulouse) nr. 49 (1167); ebd. 5 (Dordogne, Gironde) D 1 (Ende 12. Jh.). – Hengstl, Totenklage S. 153ff.
  4. Vgl. nr. 46. – Zur Baugeschichte der Kirche und besonders der Westfassade vgl. Kohler S. 38ff.

Nachweise

  1. Krieg von Hochfelden S. 17, 241.
  2. Paulus, Schwarzwaldkreis S. 182.
  3. OAB Neuenbürg S. 173.
  4. Irtenkauf, Sprechende Türen S. 76.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 7 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0000705.