Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 222† Bensheim-Auerbach, Bergkirche 1607-1615

Beschreibung

Epitaph für vier Kinder des Pfarres Tobias Plaustrarius. Von dem inzwischen verlorenen Original aus rotem Sandstein ist 1977 ein Abguß hergestellt worden, der heute in der Südwand der Kirche eingelassen ist.1) Im Feld befindet sich oben in einem Architekturrahmen eine Darstellung des gekreuzigten Christus. Unter dem Querbalken des Kreuzes sind zwei Wappen angebracht. Unter dem Kreuz knien die vier Kinder in betender Haltung. Darunter folgt eine zwölfzeilige Grabschrift (A), deren Buchstaben Zeile für Zeile kleiner werden. Auf dem Rand des Steines läuft eine Fürbittinschrift (B) um, die oben in der Mitte beginnt. Als der Abguß erfolgte, war der Stein schon so zerstört, daß der Text an vielen Stellen nicht mehr lesbar ist.

Nach Abguß.

Maße: H. 145, B. 81, Bu. 2,7-5 (B), 3,5-4 (A) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. A

    LIBERI M(AGISTRI) TOBIAE PLAU[STRA]/RII PASTORIS ET REBECCAE [AN]/GELICAE CONIUGUM HIC DORM[IUNT] / HENRICUS MORTU[US] EST [...] / ANNO 1600 VIXIT A(NNOS) II M(ENSES) [I] D(IES) I[...] / MARGARETA 17 EIUSDEM ANN[I ET] MENSIS / VIXIT M(ENSES) IIX D(IES) VI [...]a) / ELISABETHA 30 IUN(II) 1607 VIX(IT) D(IES) VIII[.]b) / ELISABETHA VARIO [..]SSE[...] / [C]O[R]REPTA MO[RI]TVR ANNO [16..] / DIE [. OCTO]BRIS VIXIT [... / ...]XX[...]

  2. B

    O [IESU] C[HRISTE / FIL]I DEI FAC NOS MISEROS TERRAE VER[MICULOS AETERNI GAUDII IN SORTE SANCTOR]UMc) PARTICIPES UT TECUM P(AT)RE ET SP(IRITU) S(ANCTO) IN AETERNUM / CELEBREMUS2)

Übersetzung:

Hier ruhen die Kinder der Eheleute Magister Tobias Plaustrarius, Pfarrer, und der Rebecca Angelica. Henricus starb im Jahr 1600. Er lebte zwei Jahre, einen Monat ... Tage. Margareta starb am 17. desselben Jahres und Monats. Sie lebte acht Monate und sechs Tage. Elisabetha starb am 30. Juni 1607. Sie lebte acht(?) Tage und Elisabetha ... hinweggerafft starb im Jahr 16.. am ... Tag des Oktobers. Sie lebte ...(A)

O Jesus Christus, Sohn Gottes, laß uns elende Erdenwürmer teilhaben an der ewigen Freude in der Gemeinschaft der Heiligen, damit wir dich mit dem Vater und dem Heiligen Geist in Ewigkeit preisen.(B)

Wappen:
Plaustrarius (Wagenrad); Angelus (geflügelter Engelskopf).

Kommentar

Auffällig ist die Verwendung von U statt V, die sich auch bei zwei weiteren von Plaustrarius gesetzten Inschriften beobachten läßt.3)

Nach Dammann entstand das Epitaph im Jahr 1610.4) Allerdings wird aus seinen Ausführungen nicht ersichtlich, wie er zu der Datierung kommt. Da Tobias Plaustrarius 1615 als Pfarrer nach Zwingenberg wechselte, kann dieses Jahr als terminus ante quem festgehalten werden. Das Todesjahr Elisabethas 1607 markiert den terminus post quem der Entstehung des Epitaphs. Den Text der Inschrift (B) hat Tobias Plaustrarius nochmals auf dem Epitaph für seinen Sohn Johannes verwendet, der 1624 starb und in Oppenheim in der Katherinenkirche beigesetzt wurde. Da es sich in jenem Fall aber um die Fürbitte für nur einen Verstorbenen handelt, hat Plaustrarius den Text dort in die Einzahl (me miserum usw.) gesetzt.5)

Tobias Plaustrarius war von 1598-1615 Pfarrer in Auerbach, dann bis 1622 und noch einmal von 1626-1628 Pfarrer in Zwingenberg. Von 1622-1626 war er in Oppenheim tätig. 1628 wurde er als Superintendent nach Darmstadt berufen. Er starb 1632. Seine Frau Rebecca war eine Tochter des Superintendenten Johannes Angelus.6) Plaustrarius hat den Namen Angelus offenbar für seine Frau in die weibliche Form ANGELICA umgeformt, da sie in zwei Inschriften als Rebecca Angelica erscheint.7)

Textkritischer Apparat

  1. Ob an dieser Stelle noch Buchstaben folgten, ist unklar.
  2. Ob noch ein Buchstabe folgte, läßt sich nicht entscheiden.
  3. Der Text ist ergänzt nach dem Epitaph des Johannes Plaustrarius, vgl. unten Anm. 5.

Anmerkungen

  1. Busch 45.
  2. Die Lesung der Inschrift verdanke ich Herrn Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz.
  3. Vgl. Nrr. 211 u. 236; zur Verwendung von U vor 1650 vgl. Nr. 193.
  4. Dammann, Kdm. 30.
  5. DI 23 (Oppenheim) Nr. 275†.
  6. Busch 46-48; Diehl, Hassia sacra 2, 35f.; vgl. auch die Nrr. 211, 220, 236.
  7. Vgl. Nr. 236.

Nachweise

  1. Busch, Grabmäler 46 mit Abb. 1.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 222† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0022203.