Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 159 Neckarsteinach, Evangelische Kirche 1571

Beschreibung

Epitaph für Hans IV. Landschad. Das aus grauem Sandstein gefertigte dreiteilige Epitaph ist an der Wand rechts vom Triumphbogen angebracht. Die Schrifttafel mit der 32zeiligen Inschrift ist an den Seiten von Pilastern gerahmt, die jeweils acht reliefierte und bemalte Wappen aus Holz tragen. Im Aufsatz befinden sich zwei Vollwappen, die von einer männlichen und einer weiblichen Herme gerahmt werden. In dem Bogenfeld darüber ist die Auferstehung Christi dargestellt. Links davon ist in einem kleinen, eingetiefen Medaillon ein Schild mit drei kleinen Schilden und zwei gekreuzten Schnitzeisen des Drechslers zu sehen. Die kleinen Schilde sind von den Buchstaben C und V gerahmt. Rechts befindet sich ebenfalls in einem eingetieften Medaillon ein Schild mit einer Hausmarke und den Buchstaben I und L. Die Marmorierung des Aufsatzes ist nur gemalt. Die Konsole des Epitaphs bildet ein einfaches Rollwerkmedaillon mit einem behelmten Männerkopf.

Maße: H. 298, B. 115, Bu. 2-2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturelementen.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

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Versmaß: Deutsche Reime.

Wappen:
Landschaden von Steinach, Erligheim; Landschaden von Steinach, Nippenburg, Helmstatt, Hornstein, Sachsenheim, Gültlingen, Weingarten, Landenberg; Erligheim, Helmstatt, Neipperg, Sturmfeder, Schauenburg, Neuenstein, Stein zum Rechtenstein, Hornstein.3)

Kommentar

Bei der Inschrift ist eine Minuskel mit Merkmalen der Fraktur und mit zahlreichen Frakturversalien verbunden worden. Dabei erscheinen wie in der Inschrift für Hans III. (1572) die Versalienformen des Fraktur-D und -S auch am Ende der Worte und in der Verbindung Dt als vorletzter Buchstabe. Die Versalienform des Z findet sich am Ende und sogar innerhalb der Worte. Die Buchstaben f und s besitzen keine Unterlängen und das einstöckige a fehlt, aber die Hastenbeugung bei c, g, v und w stammt ebenso aus der Fraktur wie das An- und Abschwellen der Bögen bei b und h. Auffälligerweise erscheint hier dasselbe einem σ ähnliche S wie in der Inschrift für Hans III. Ebenso ist in beiden Inschriften das u durch einen darübergesetzten Haken gekennzeichnet. Der Duktus der übrigen Buchstaben ist ebenfalls fast identisch.

Die beiden Monumente ähneln sich abgesehen von der Größe auch im Aufbau, doch lassen sich qualitative Unterschiede feststellen. So sind z.B. bei dem bekrönten Haupt im Landschaden-Vollwappen des Epitaphs Hans‘ III. Nase und Barthaar sorgfältiger gestaltet, und die Harfe ist naturalistisch dargestellt. Auch der Abschluß des Epitaphs ist aufwendiger gearbeitet. Es liegt daher nahe, für beide Epitaphien die Herstellung durch dieselbe Werkstatt anzunehmen. Die Inschriften wurden möglicherweise sogar von demselben Meister ausgeführt.4) Das Epitaph für Hans IV. entstand vermutlich unmittelbar nach seinem Tod 1571. Anschließend folgte 1572 das Epitaph Hans‘ III. (†1531).

Das Epitaph für Hans IV. stimmt mit dem 1595 entstandenen Epitaph für seinen Sohn Hans Ulrich im Aufbau weitgehend überein. Die Buchstaben der Inschrift für Hans Ulrich sind jedoch stärker zur Fraktur hin entwickelt und unterscheiden sich deutlich von den Buchstabenformen der Inschrift für Hans IV. Daneben sind auch qualitative Unterschiede in der Ausführung der Rahmendetails erkennbar.5) Zwar erscheint die Meistersignatur des Schildes mit drei kleinen Schilden auch am Epitaph des Hans Ulrich, doch fehlen die beiden Schnitzeisen und statt der Initialen CV stehen die Initialen MS. Auch die Meistersignaturen lassen also eine Zuweisung an einen Meister nicht zu. Die Ansicht Einsingbachs, beide Epitaphien seien 1595 entstanden,6) ist daher abzulehnen. Die große Ähnlichkeit der beiden Epitaphien spricht allerdings für eine Fertigung durch dieselbe Werkstatt. Offenbar ist 1595 das Epitaph Hans‘ IV. als Vorbild für das Epitaph des Hans Ulrich benutzt worden.

Hans Ulrich war vermutlich der Auftraggeber aller drei genannten Epitaphien und der Verfasser ihrer Texte.7) Die Herstellung des Epitaphs für seinen Vater Hans IV. hat in ihm offensichtlich den Wunsch geweckt, auch seinen Großvater Hans III. und sich selbst in ähnlicher Weise zu verewigen. Hans IV. war ein Sohn Hans‘ III. Landschad von Steinach und Lucias von Nippenburg.8) Die in der Inschrift genannten Dienste für den Pfalzgrafen, den Herzog von Württemberg und den Markgrafen von Baden sind von Friedhelm Langendörfer eingehend untersucht worden.9) Während das Geburtsjahr in der Inschrift offengelassen wurde, geben die „Aufzeichnungen“ des Hans Ulrich Landschad bei Nennung desselben Todesdatums das Alter Hans‘ IV. mit 73 Jahren an.10) Er wurde demnach 1498 geboren. Seine erste Frau Apollonia Bock von Gerstheim, die Witwe Philipps von Hirschhorn, heiratete er 1523.11) Seine zweite Frau Margarete von Erligheim war die Tochter des Hans von Erligheim und der Lucia von Helmstatt zu Fürfeldt. Sie starb am 6. September 1578.12)

Anmerkungen

  1. Zu ihm vgl. Nr. 192.
  2. Ilvesheim (Rhein-Neckar-Kreis), vgl. Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 251 mit Anm. 4).
  3. Die Wappen geben die Ahnenfolge für Hans IV. und seine zweite Frau Margarethe von Erligheim wieder, vgl. Möller/Krauß 99.
  4. Vgl. dazu Nr. 160.
  5. Vgl. dazu Nr. 192.
  6. Einsingbach, Kdm. 394.
  7. Vgl. dazu Nr. 192.
  8. Irschlinger, Landschaden Taf. 3.
  9. Langendörfer, Landschaden 47f., 63-66.
  10. Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 251).
  11. Irschlinger, Landschaden Taf. 3; zu Philipp und Apollonia vgl. Nr. 114.
  12. Hans Ulrich Landschad, Aufzeichnungen (Irschlinger 251); vgl. Möller, Stammtafeln AF III, Taf. CXII.

Nachweise

  1. Wickenburg II 257.
  2. Inschriften Neckarsteinach 49.
  3. Möller/Krauß, Neckarsteinach 99f.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 159 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0015906.