Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 77 Hirschhorn, Karmeliterkirche 1496/1513

Beschreibung

Epitaph für Irmgart von Handschuhsheim und Hans VIII. von Hirschhorn. Das Epitaph aus grauem Sandstein mit Spuren roter Bemalung steht an der Südwand des Langhauses neben dem Eingang. Unter der spätgotischen Baldachinarchitektur stehen die einander zugewandten Figuren der beiden Verstorbenen. Links sieht man die stark beschädigte Figur des auf einem Löwen stehenden Ritters, rechts die auf einem Hund stehende Frau. Auf der schmalen Mittelsäule ist die kleine Halbfigur eines Schmerzensmannes angebracht. Außen neben den beiden Figuren befindet sich jeweils das Vollwappen der Verstorbenen.1) Die Inschrift für Irmgart (A) verläuft rechts und die für Hans (B) links auf den nach außen abgeschrägten Leisten von oben nach unten. An zwei Stellen ist durch Verwitterung Textverlust eingetreten.

Maße: H. 270, B. 140, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    Anno d(omi)ni · Mo · cccco · xcvia) · vff · den · achten · tag · des · monats · maiy ist g[estorbe]nb) · die · edle · frawe · irmelgart · von · henschuszhey(m) · d(eren) · s(eele) · g(ott) · g(nädig) · sin · w(o)l

  2. B

    Anno · d(omi)ni · Mo 〈vc xiii〉 vff den 〈x〉 · tag 〈Dece(m)b(ris)〉2) ist · gestorben · der [edel und strengh]b) herr · hanns · von · hirszhorn · ritter · des · s(eele) · g(ott) · g(nädig) · sin · wol

Wappen:
Hirschhorn; Handschuhsheim.

Kommentar

Das Epitaph wurde nach dem Tode Irmgarts angefertigt. Dabei wurde auch die Inschrift für Hans mit Ausnahme des Datums ausgeführt. Dies läßt sich durch verschiedene Beobachtungen belegen. Die Buchstabenformen in der Inschrift für Irmgart stimmen mit jenen im Haupttext für Hans exakt überein. Demgegenüber finden die beiden e in Decembris keine Entsprechung in dem übrigen Text. Dasselbe gilt für das v bei vc. Während das v sonst aus zwei unten symmetrisch zusammenlaufenden Hasten gebildet wird, ist hier die Rechtsbrechung unten an der linken Haste viel stärker als die Linksbrechung der rechten Haste. Zudem fällt die große Lücke zwischen den und dem folgenden x auf, während die Buchstaben sonst dicht gedrängt stehen. Sie läßt sich nur dadurch erklären, daß vff den ... tag bereits ausgeführt war, als man x ... decembris einfügte.

Von den in Hirschhorn erhaltenen Grabdenkmälern ist das Epitaph das früheste Beispiel für den Gebrauch der deutschen Sprache. In der Gestaltung läßt es deutliche Parallelen zum Epitaph Blickers Landschad und seiner Frau Mia von Helmstatt in Neckarsteinach erkennen, das möglicherweise von demselben Meister stammt.3)

Irmgart von Handschuhsheim war eine Tochter Heinrichs VI. von Handschuhsheim und Gertruds von Helmstatt.4) Sie wurde auf der Südseite der Kirche in der Nähe des Eingangs beerdigt, wo auch das Epitaph errichtet wurde.5) Ihr Mann Hans VIII. war ein Sohn Kaspars von Hirschhorn und der Adelheid Schelm von Bergen.6) Im Jahr 1496 läßt er sich im Rat Kurfürst Philipps von der Pfalz und 1497 als Richter am pfälzischen Hofgericht nachweisen. Im Jahr 1499 wurde er zu einem der drei Statthalter des Kurfürsten ernannt.7)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! So auch Milendunck fol. 572r-v; 1490 Wickenburg II 83; cccc xciii Schweitzer 64, Schnellbach 151, Schaum-Benedum 182.
  2. Ergänzt nach Milendunck fol. 572v.

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung des Denkmals bei Schnellbach 124f.; Schaum-Benedum 131.
  2. Zum Datum vgl. Nr. 97.
  3. Schweitzer 63f.; Schnellbach 125; Schaum-Benedum 131. Zu dem Epitaph in Neckarsteinach siehe Nr. 79.
  4. Möller, Stammtafeln AF I, Taf. XXVIII.
  5. Milendunck fol. 572r-v.
  6. Lohmann, Hirschhorn Taf. 1. Vgl. zu ihm auch Nr. 97.
  7. Lohmann, Hirschhorn 167.

Nachweise

  1. Milendunck, Historiae fol. 572v.
  2. Wickenburg II 83.
  3. Schweitzer, Grabdenkmäler 64.
  4. Schnellbach, Plastik 151.
  5. Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 182.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 77 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0007706.