Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 63 Worms, Stadtmuseum aus Darsberger Kapelle 1479

Beschreibung

Bibelspruch auf einer Glocke. Die bronzene Glocke hängt heute im Stadtmuseum im Andreasstift in der Glockenstube des Südturms. Auf ihrem Hals läuft ein Inschriftenband zwischen Stegen um. Der untere Steg trägt einen Lilienfries. Die Worttrenner sind paragraphenförmig. Auf den Flanken befinden sich ein Medaillon mit der das Kind haltenden Maria und ein als Triptychon gestaltetes Pilgerzeichen. In dem Mittelfeld des Triptychons steht die gekrönte Mutter Gottes mit Kind unter einem Kielbogen. Zu ihren Füßen ist das Wormser Wappen dargestellt. In den beiden turmartigen, mit spitzen Giebeln versehenen Seitenteilen steht je ein kerzentragender Engel. Der Bügel der Glockenkrone ist abgebrochen, und unter der Jahreszahl ist die Glocke gesprungen.

Maße: H. 45,5, Dm. 44, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. + ave · maria · gracia · m · cccc · lxxix

Wappen:
Bistum Worms (schrägrechtsgestellter Schlüssel).

Kommentar

Bei der Inschrift handelt es sich um den stark verkürzten Engelsgruß an Maria aus dem Lukasevangelium.1) Der Engelsgruß war vor allem im 15. Jahrhundert und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts sehr verbreitet.2)

Laut der Inventarkarte zu M 1399 stammt die Glocke aus der Darsberger Kapelle und wurde 1898 dem Museum von Frhr. Maximilian von Heyl geschenkt. Dagegen nahm Joachim Schalk wegen des auf der Glocke vorhandenen Wormser Pilgerzeichens an, sie gehöre ursprünglich in das Wormser Liebfrauenstift.3) Nur anhand des Pilgerzeichens läßt sich diese Vermutung aber nicht belegen. So finden sich z.B. auf den Glocken von Tilman von Hachenburg, die nachweislich für bestimmte Städte gegossen wurden, die Pilgerzeichen ganz anderer Orte.4) Es spricht also nichts gegen eine Zuweisung der Glocke nach Darsberg, wohin sie auch wegen ihrer kleinen Abmessung gut paßt.

Anmerkungen

  1. Lc. 1,28: „ave maria gratia plena dominus tecum.“
  2. Vgl. den Kommentar zu Nr. 84.
  3. Schalk 4f.
  4. K. Köster, Meister Tilman von Hachenburg, in: Jahrbuch der hessischen kirchengeschichtlichen Vereinigung 8 (1957) 1-206, hier 55-57 u. 62-100, bes. 87f.

Nachweise

  1. J. Schalk, Glocken in Liebfrauen, Worms 1985, 4.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 63 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0006307.