Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 38: Bergstraße (1994)
Nr. 29 Hirschhorn, Ersheimer Kapelle 1355-1360?
Beschreibung
Fürbitteninschriften im Gewölbe des Vorchors. In den Gewölbekappen sind die vier Evangelisten als menschliche Gestalten mit den Köpfen der apokalyptischen Wesen in Kalk-Seccomalerei auf blauem Grund dargestellt. Dabei stehen sich Matthäus (Norden) und Markus (Süden) sowie Lukas (Westen) und Johannes (Osten) einander gegenüber. Unter den Evangelisten befindet sich jeweils ein Schriftband. In den von Rundbogenfriesen umrahmten Lünetten auf der Süd- und Nordseite des Gewölbes sind jeweils zwei diskutierende Propheten dargestellt, zu denen Schriftbänder gehören, deren Schrift jedoch unleserlich ist. Da die Malerei heute stark restauriert und überarbeitet ist, wurde für die Lesung ein Photo des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen von 1964 herangezogen, das einen früheren, allerdings auch schon restaurierten Zustand zeigt.
Nach Photo.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
Sanctus · matheus · evangelista · [ora · pro · nobis]a)
- B
Sanctus · marcus · evangelista · ora · pro · nobis
- C
Sanctus · lucas · evangelista · ora · pro · nobis
- D
Sanctus · iohannes · evangelistab) · ora · pro · nobis
Textkritischer Apparat
- Das Photo von 1964 zeigt, daß die Worte ora pro nobis damals nicht mehr zu sehen waren. Sie sind bei der anschließenden Restaurierung nach dem Beispiel der anderen Schriftbänder ergänzt worden.
- Das v trägt am oberen Hastenende noch einen Anstrich, der möglicherweise auf einen Restaurierungsfehler zurückzuführen ist.
Anmerkungen
- Siehe zum Vergleich etwa Katalog der Altkölner Malerei, ed. F. G. Zehnder (Kataloge des Wallraf-Richartz-Museums XI) Köln 1990, Abb. 68 u. 112-115 mit Abb. 81 u. 83; W. Jung, Ein neuentdecktes gemaltes Altarretabel aus der Michaelskapelle des Mainzer Doms, in: Mainzer Zeitschrift 60/61 (1965/66) 102-106 mit Taf. 7. Auf die Vergleichsbeispiele machte mich freundlicherweise Frau Susanne Kern, Mainz, aufmerksam.
- Eckhardt, Urkunden 70, Nr. 35.
- Einsingbach 245f.
- Lohmann, Hirschhorn 88. Vgl. auch Einleitung 2.1.
Nachweise
- Einsingbach, Kdm. Abb. 400.
Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 29 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0002909.
Kommentar
Der Vergleich mit dem Photo des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen von 1964 läßt Ergänzungen an den Figuren und den Schriftbändern erkennen. Viele Buchstaben der Schriftbänder sind unterschiedlich stark ergänzt oder nachgezogen worden. So ist z.B. bei lucas ein eindeutiger Restaurierungsfehler zu erkennen, da das l mit seiner nach beiden Seiten weit ausgezogenen Hastenspaltung nicht nur von der Form der übrigen l völlig abweicht, sondern auch für die Minuskel völlig untypisch ist. Da sich nicht bei allen Buchstaben entscheiden läßt, wie weit sie nachgemalt worden sind, wurde in der Edition auf die Verwendung der eckigen Klammern außer in einem eindeutigen Fall verzichtet. Die Inschriften können aufgrund ihres Zustandes zeitlich nicht genauer eingeordnet werden, doch ist eine stilistische Einordnung der Wandmalerei aufgrund der Darstellung der Gesichter und Arme in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts möglich.1)
Zu dieser Einordnung paßt auch, daß Bischof Salmann von Worms Engelhard von Hirschhorn im Jahre 1355 die Erweiterung der Ersheimer Kapelle erlaubte.2) In diesem Zusammenhang ist vermutlich auch die Ausmalung des Vorchorgewölbes ausgeführt worden.3) Die Baumaßnahmen dürften abgeschlossen gewesen sein, als Engelhard 1360 die Kapelle zur Grablege der Hirschhorner erklärte.4)