Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 83 Hirschhorn, Karmeliterkloster 15.Jh.

Beschreibung

Namensbeischrift und Fürbittinschriften auf Schriftbändern zweier Wandmalereifragmente. Die Fragmente befinden sich auf der Südwand des Kreuzgangflügels. Links sieht man eine Darstellung Johannes des Täufers, der das Lamm Gottes in der Hand hält und mit einem Fell bekleidet ist. Zu seinen Füßen kniet rechts ein Mönch, in den Händen ein Schriftband mit einer Inschrift (A). Auf dem rechten Fragment ist Apollonia mit ihrem Attribut der Zange, die einen Zahn hält, dargestellt. Über ihrem Haupt befindet sich eine Namensinschrift (B). Zu ihren Füßen kniet ebenfalls ein Mönch, der ein Schriftband mit einer Inschrift (C) hält. Die Darstellungen und die Inschriften sind teilweise beschädigt und stark verblaßt. Die Buchstaben sind mit schwarzer Farbe gemalt.

Maße: H. 155 (A), 255 (B/C) B. 140 (A), 113 (B/C), Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/7]

  1. A

    [o]ra · pro · me · s(anc)tea) · iohanes

  2. B

    Appolonia

  3. C

    [or]a pro me s(anc)taa) app[o]/lon[ia]

Übersetzung:

Bitte für mich, heiliger Johannes.(A) Bitte für mich, heilige Apollonia.(C)

Kommentar

Das Klostergebäude war wohl bei der Gründung des Klosters im Jahr 1406 im wesentlichen fertig,1) doch muß das keineswegs für die Ausmalung gelten. Man kann aber davon ausgehen, daß sie im Laufe des 15. Jahrhunderts entstand, da sich auch im Kapitelsaal eine ältere Ausmalung feststellen läßt, die dann um 1517 mit dem Eliazyklus übermalt wurde.2) Von einer Umgestaltung des Kreuzgangflügels beim Umbau des Kapitelsaals 1509 ist nichts bekannt. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Malerei sind die Minuskeln schwer zu beurteilen, doch scheinen die Inschriften noch dem Zweilinienschema verhaftet zu sein. Das versale A in Appolonia ist aus der Minuskel abgeleitet, und das a ist zweistöckig mit geschlossenem oberem Bogen. Beide Elemente sprechen eher für eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts,3) doch läßt sich eine frühere Entstehung nicht ausschließen.

Apollonia spielte innerhalb des Karmeliterordens keine besondere Rolle und wurde wohl wegen ihrer allgemeinen Popularität dargestellt.4)

Johannes der Täufer genoß hingegen bei den Karmelitern eine besondere Verehrung als Vorbild des asketischen Lebens und wurde als Mitglied des angeblich von Elia gegründeten Ordens betrachtet.5)

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Vgl. Einleitung Kap. 2.1.
  2. Einsingbach, Kdm. 263; zu dem Zyklus vgl. Nr. 109.
  3. Zum zweistöckigen a mit geschlossenem oberem Bogen vgl. DI 29 (Worms) Nrr. 293 u. 294 (1483).
  4. Vgl. zu ihr B. Kötting, Apollonia, in: LThK 1 (1957) 717f.
  5. Smet/Dobhan, Karmeliten 88.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 83 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0008301.