Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 82 Hirschhorn, Karmeliterkirche (1426/1431)/E.15.Jh.

Beschreibung

Gedenkinschrift auf einer Glasscheibe, die heute in einem Fenster an der Nordwand des Langhauses angebracht ist. Die Scheibe ist aus den Fragmenten verschiedener Scherben zusammengesetzt. Es zeigt zwei Vollwappen, unter denen eine zweizeilige Inschrift verläuft, welche die Scheibe abschließt. Diese Inschrift und das rechts stehende Vollwappen der Wild- und Rheingrafen gehörten ursprünglich zu einer Scheibe. Das Vollwappen Hirschhorn und das Fragment eines weiteren zweizeiligen Schriftbandes, welches sich oben links in der Ecke der Scheibe befindet, gehören wohl zu den Ersheimer Scheiben.1) Die Buchstaben sind schwarz auf weißem Grund.

Maße: H. 62, B. 54 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. An(n)oa) · 1426 · ob(iit) · str(e)nv(vs) · miles · d(omi)n(v)s · iohan(n)es · de · hirszhor(n) · fv(n)dat(or) · hvi(vs) · co(n)ve(n)t(vs) / An(n)oa) · 1431b) · ob(iit) · d(omi)na · ylant · co(m)itissa de · reno · fv(n)datrix · hvivs · co(n)ve(n)t(vs) · or(a) · p(ro) · eis

Übersetzung:

Im Jahr 1426 starb der tüchtige Ritter Herr Johannes von Hirschhorn, Gründer dieses Konvents. Im Jahr 1431 starb Frau Iland, Rheingräfin, Gründerin dieses Konvents. Bitte für diese.

Wappen:
Wild- und Rheingrafen zu Dhaun.

Kommentar

Die wiedergegebene Inschrift und die Scherbe mit dem Wappen Ilands sind einer Scheibe des Hirschhorner Karmeliterklosters zuzuordnen, die vermutlich aus dem Sommerrefektorium stammt.2) Die Zusammengehörigkeit der Scherbe mit dem Wappen Ilands und der Inschrift geht zum einen aus dem Text der Inschrift hervor, zum anderen zeigt der Schriftduktus der hier verwendeten Minuskel wenig Ähnlichkeit mit der Minuskel zweier Ersheimer Scheiben.3) Bei der Inschrift aus der Karmeliterkirche fehlen runde oder verspielte Minuskelformen. Auffällig ist allerdings die runde 2 in der Jahresangabe der ersten Zeile. Im einzelnen unterscheiden sich vor allem das a, dessen obere Hastenbrechung hier sehr flach ist, das r, welches als normales Schaft-r gebildet ist, während es auf den Ersheimer Scheiben nur als Bogen-r erscheint und das v, dessen linke Haste in Ersheim stets einen Linksbogen aufweist. Insgesamt läßt die Minuskelform eine Entstehung vor 1500 vermuten, wofür auch die größere Ähnlichkeit mit der Inschrift auf der Neckarsteinacher Scheibe (1483) spricht.4)

Während das Todesdatum Hans‘ V. auch durch seine Grabplatte überliefert ist, kennen wir das Todesjahr seiner Frau nur aus der vorliegenden Inschrift.5) Die letzte Urkunde, welche Iland als noch lebend erwähnt, stammt vom 8. September 1425.6)

Textkritischer Apparat

  1. Das o ist hochgestellt.
  2. 1421 Wickenburg, Ritsert, Klump und Einsingbach. Es ist aber eindeutig 1431 zu lesen. Völlig abwegig ist das in den Europäischen Stammtafeln NF IV, Taf. 97 für Iland angegebene Todesdatum 1446.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 108.
  2. Freundlicher Hinweis von Frau Dr. Suzanne Beeh-Lustenberger, Darmstadt. Vgl. auch Beeh-Lustenberger, Glasmalerei 218.
  3. Vgl. Nr. 107.
  4. Vgl. dazu Nr. 70.
  5. Zu Hans V. und Iland vgl. Nr. 50.
  6. Eckhardt, Urkunden 79, Nr. 48. Will, Iland 262 bringt noch einen späteren, allerdings unsicheren Beleg für 1427.

Nachweise

  1. Wickenburg II 82.
  2. Ritsert, Hirschhorn 143.
  3. Klump, Hauptmomente 31f.
  4. Einsingbach, Kdm. 256.
  5. Lohmann 517, Anm. 9.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 82 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0008203.