Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 59 Hirschhorn, Ersheimer Kapelle um 1464?

Beschreibung

Namensinschriften auf einer Wandmalerei an der Südseite des Langhauses. Umgeben von einem gemalten, roten Rahmen sind in Kalk-Seccomalerei von links nach rechts der hl. Georg mit dem Drachen, der Erzmärtyrer Stephanus, Johannes der Täufer und das Martyrium der zehntausend Märtyrer dargestellt. Von der Malerei ist teilweise nur noch die Vorzeichnung erhalten. Die Inschriften sind über den einzelnen Heiligen angebracht. Die Buchstaben sind schwarz auf rotem Grund. Die heute sichtbare Fassung ist stark ergänzt. Für die Lesung wurde deshalb ein Photo des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen herangezogen, das den Zustand vor der Restaurierung zeigt.

Nach Photo.

Maße: H. 106, B. 192, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    s(anctvs) geo[rgv]s

  2. B

    s(anctvs) stephanvs

  3. C

    s(anctvs) io[hann]es bapt(ista)

  4. D

    s(anctorvm) d[e]ce(m) · miliv(m) m(a)[r](tyrv)ma)

Kommentar

Der Text wurde bei der Restaurierung richtig ergänzt, doch sind die Buchstaben mehrfach unrichtig nachgezogen worden.

Die erste Darstellung zeigt den hl. Georg, der in Ritterrüstung mit Helm über dem Drachen steht, in den er seine Lanze bohrt. Stephanus erscheint wie üblich als junger Mann in den Gewändern eines Diakons. In der rechten Hand hält er ein Buch. Ob die linke Hand ursprünglich wirklich im Segensgestus dargestellt war, wie es die restaurierte Fassung zeigt, läßt sich nicht entscheiden. Johannes der Täufer ist mit bärtigem Gesicht und in ein Fellgewand gekleidet dargestellt, über dem er einen Umhang trägt. In der linken Hand hält er sein Attribut, ein Buch mit dem Lamm.

Nach der legendenhaften „passio decem milium martyrum“ erlitten 10000 Soldaten mit ihrem Anführer Achatius unter den römischen Kaisern Hadrian und Antoninus Pius das Martyrium, indem sie nach verschiedenen anderen Folterungen vom Berg Ararat in ein Dornengestrüpp gestoßen wurden. Die Dornen, welche die beiden nur mit einem Lendenschurz bekleideten und ohne Nimbus dargestellten Männer durchbohren, sind deutlich zu erkennen. Die Zweizahl ist jedoch ungewöhnlich. Es werden sonst immer mehrere Märtyrer in den Dornen dargestellt, oft zusammen mit ihrem Führer Achatius, der durch seine Attribute gekennzeichnet ist.1)

Die Datierung der Wandmalerei ergibt sich aus der Baugeschichte. Im Jahr 1450 wurde das Langhaus der Ersheimer Kapelle abgebrochen. Der Neubau wurde wohl 1464 fertiggestellt, da an der Westseite im Sturz des über dem Portal befindlichen Fensters die Jahreszahl 1464 angebracht ist.2) In dieser Zeit dürfte auch die Ausmalung vorgenommen worden sein.3)

Textkritischer Apparat

  1. Der Kürzungsstrich über dem m ist deutlich zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Vgl. S. Kimpel, Achatius, in: LCI 5 (1973) 16-21; J. Braun, Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst, Stuttgart 1943, 18-23; J. Glatz, Mittelalterliche Wandmalerei in der Pfalz und in Rheinhessen (QuAmrhKG 38) Mainz 1981, 160, 187, 301.
  2. Vgl. Nr. 58.
  3. Einsingbach, Kdm. 242 u. 246.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 59 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0005900.