Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 57 Darsberg, Evangelische Kapelle 1450-1460?

Beschreibung

Namensinschriften und Bibelspruch auf einem Altar-Retabel. Die Mitte bildet ein hochrechteckiger Schrein, in dem eine Figur der Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm steht. Auf dem gemalten Hintergrund halten zwei Engel einen roten Vorhang. Der Schrein ist durch zwei in der Mitte klappbare Flügel verschließbar. Im aufgeklappten Zustand ist die fünfteilige Feiertagsseite sichtbar, die links die Figuren des hl. Nikolaus und der hl. Katherina, rechts die hl. Barbara und den hl. Sebastian zeigt. Die Figuren stehen auf einem grünen Rasenstreifen vor einem Goldgrund und tragen in den Nimben Namensinschriften in schwarzen Buchstaben (A-D). In geschlossenem Zustand ist auf der Werktagsseite die Verkündigung an Maria zu sehen. Links neben Maria kniet der Engel, von dessen Kopf aus sich ein weißes Spruchband mit den Verkündigungsworten in schwarzen Buchstaben, begonnen mit einer roten Versalie, nach oben erstreckt (E). Über dem Kopf Marias fliegt als Symbol des Heiligen Geistes eine Taube auf einem aus der Höhe herabkommenden Strahl. Auf den Seitenflügeln ist links der hl. Valentin im Bischofsornat mit Stab und Mitra sowie mit seinem Attribut eines Krüppels oder Epileptikers dargestellt, der unter seinem rechten Fuß liegt und zu dem er die linke Hand hinstreckt. Im Nimbus ist eine Namensinschrift in goldenen Buchstaben (F) angebracht. Rechts sieht man den hl. Joachim in Hirtenkleidung, der in der rechten Hand einen Stab, einen Rosenkranz und eine Schnur hält, an der ein Lamm festgebunden ist. In seinem Nimbus befindet sich ebenfalls eine Namensinschrift in goldenen Buchstaben (G). Während die Innenseite des Altars sehr gut erhalten ist, zeigt die Außenseite einen deutlich schlechteren Erhaltungszustand, was zu Textverlust geführt hat.

Maße: H. 142, B. 189, Bu. 1,7-2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    · sanctvs · nicelavs ·

  2. B

    · sancta · katherina · virgo ·

  3. C

    · sancta · barbara · virgo ·

  4. D

    · sanctvs · sebastianvs ·

  5. E

    A[v]e · gratia · plena · dominvs · tec[vm]1)

  6. F

    sanctvs [...]

  7. G

    sa[nc]tvs [...]

Kommentar

Die Minuskel ist im Vierlinienschema geschrieben. Die Buchstaben b, h und l haben deutliche Oberlängen. Ihre Schaftspitzen sind gespalten. Das g ist weit nach unten ausgezogen. Insofern passen die Buchstabenformen zu dem von den Kunsthistorikern aus stilistischen Gründen vertretenen Zeitansatz auf 1450-1460.2) Die Angabe Alfred Stanges, der Altar sei mit 1460 bezeichnet, ist allerdings falsch.3) Stange vermutet, der Maler sei aus der Werkstatt des Meisters des Siefersheimer und des Utrechter Altars hervorgegangen.4) Vermutlich spiegelt der Altar die kirchliche Kunst im Einzugsbereich des Heidelberger Hofes wider. Möglicherweise wurde er ursprünglich für die Neckarsteinacher Kirche hergestellt.5)

Anmerkungen

  1. Lc. 1,28.
  2. A. Stange, Deutsche Malerei der Gotik VII, München-Berlin 1955, 95; Einsingbach, Kdm. 159; Seeliger-Zeiss, Neckarsteinach 22.
  3. Stange [wie Anm. 2] 95.
  4. Ebd.
  5. Seeliger-Zeiss, Neckarsteinach 22; Einsingbach, Kdm. 159.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 57 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0005702.