Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 41 Unter-Schönmattenwag, Katholische Kirche 1404

Beschreibung

Glockenweiheinschrift auf einer Glocke. Die Bronzeglocke hängt im Glockenturm. Die Inschrift (A) läuft zwischen Kordelstegen auf der Schulter um. Die Stege sind mit sehr schmalen Lilienfriesen verziert. Auf der Flanke der Glocke befinden sich unter dem post eine Kreuzigungsgruppe und unter dem sancte ein gekreuzigter Christus mit Kreuztitulus (B). Auf dem Schlagring ist unterhalb des amen ein Medaillon mit einem Engel angebracht. Die Worttrenner sind in Form von Kreuzen gearbeitet.

Maße: H. 77, Dm. 89, Bu. 2,5 (A), 0,4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A). Gotische Majuskel (B).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. A

    · anno · d(omi)ni · mo · cccc · iiii · post · festvm · sanctvm · michaelis · in · honore · sancte · crvcis · o · sanna · amen

  2. B

    I(HESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(VDEORVM)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1404, nach dem heiligen Fest des hl. Michael (29. Sept.), zur Ehre des heiligen Kreuzes, Hosanna Amen.

Kommentar

An dem Datum der Glocke ist nicht zu zweifeln. Allerdings begegnen Glocken mit Zierfriesen in großer Zahl erst ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es gibt zwar auch aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts mehrere Beispiele für diesen Typus, doch beschränken sich diese auf Süddeutschland und kommen vor allem in bedeutenden städtischen Zentren wie Augsburg und Nürnberg vor.1) Die Glocke ist 1404 in einem Ort wie Unter-Schönmattenwag außergewöhnlich.

Möglicherweise wurde die Kapelle erst nach 1406 von den Hirschhorner Karmelitern errichtet,2) denn sie wird zum erstenmal in einer Urkunde vom 16. November 1434 erwähnt, in welcher Bischof Friedrich von Worms den Hirschhorner Karmelitern die Ausübung des Gottesdienstes in der Kapelle erlaubte.3) In diesem Fall muß die Glocke ursprünglich für eine andere Kirche gegossen worden sein, die sich vermutlich im süddeutschen Raum befand. Die Glocke wurde vielleicht erst sehr viel später nach Unter-Schönmattenwag verbracht.

Anmerkungen

  1. Deutscher Glockenatlas, Mittelfranken Nr. 874 (1409), Nr. 424 (1412), Nr. 1124 (1415), Nr. 1378 (1420); Deutscher Glockenatlas, Württemberg und Hohenzollern Nr. 1765 (1420), Nr. 1497 (1422), Nr. 1076 (1430).
  2. Zur Gründung des Karmeliterklosters in Hirschhorn im Jahr 1406 vgl. Einleitung 2.1.
  3. Baur, Hess. Urk. 4 Nr. 193, 184, Anm.

Nachweise

  1. Einsingbach, Kdm. 468.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 41 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0004107.