Inschriftenkatalog: Landkreis Bergstraße

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 38: Bergstraße (1994)

Nr. 30 Hirschhorn, Ersheimer Kapelle 1361

Beschreibung

Tumbenplatte des Ritters Engelhard von Hirschhorn, die heute an der Nordwand des Chors aufgestellt ist. Die Platte ist aus gelbem Sandstein gearbeitet. In dem von Fialen umrahmten Feld steht unter einer Baldachinarchitektur der Verstorbene frontal in halbplastischer Darstellung. Sein Kopf ruht auf einem Kissen, und die Hände umfassen das Schwert, das er vor dem Körper hält. Sein Gesicht sowie die Rüstung sind in ihren Details sehr sorgfältig gearbeitet. In Hüfthöhe der Figur ist links und rechts je ein Wappen angebracht. Die zugehörige Helmzier befindet sich über dem Kielbogen.1) Die Schrift beginnt rechts auf der oberen Leiste und läuft auf dem nach außen abgeschrägten Rand gegen den Uhrzeigersinn um.

Maße: H. 260, B. 130, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. anno domini · moa) · ccco · lxio / · In crastino · sancti · viti · obiit · engelhardusb) · / strennuusc) · / · miles · de · hirszhorn ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1361, am Tag nach dem Fest des hl. Vitus (16. Juni), starb der tüchtige Ritter Engelhard von Hirschhorn.

Wappen:
Hirschhorn; Lisberg (steigender, doppelt geschwänzter Leopard).

Kommentar

Die Inschrift ist die früheste gotische Minuskelinschrift in Stein im Kreis Bergstraße. Auffällig ist das v in viti, dessen linke Haste oben einen Zierstrich trägt und dessen rechte Haste unten leicht nach links gebogen ist.

Anneliese Seeliger-Zeiss hat auf die Ähnlichkeit des Hirschhorner Grabmals mit den Grabmälern Eberhards von Mentzingen, Ulrichs V. Landschad und Conrads IX. Landschad aufmerksam gemacht und nimmt für diese Grabmäler die „Entstehung in demselben Bauhüttenverband“ an.2) Hinsichtlich der architektonischen Rahmung, der Gestaltung der Figur in Ausdruck und Haltung und der frühen Verwendung der gotischen Minuskel läßt sich die Platte Engelhards den genannten Monumenten zuordnen. In der hohen künstlerischen Qualität des Grabmals spiegelt sich die kurpfälzische Hofkunst dieser Zeit und die enge Bindung Engelhards an den Pfalzgrafen wider.3)

Engelhard I. von Hirschhorn war der Sohn Albrechts I. von Hirschhorn und der Kunigunde von Lisberg.4) Er war mit Elisabeth von Schauenburg verheiratet.5) Unter Engelhard I. vollzog sich ein steiler Aufstieg der Hirschhorner. Er war Lehnsmann des Mainzer Erzbischofs und ist ab 1339 im Rat Pfalzgraf Rudolfs II. nachweisbar. Von 1342 bis etwa 1345 wurde er oberster Amtmann und Viztum bei der Pfalz. Im Jahr 1347 wurde er Diener des Pfalzgrafen Ruprecht des Älteren.6) Engelhards Lehnsherren nahmen seine Finanzkraft gern in Anspruch, so daß er mit den dafür gewährten Pfandschaften seine Stellung ausbauen und seinen Besitz immer mehr erweitern konnte. Auch Kaiser Karl IV. lieh sich gegen Pfandschaften von Engelhard Geld, was diesem schließlich die Reichsunmittelbarkeit einbrachte.7) Letzteres wertete den Status und das Ansehen der Hirschhorner mit Sicherheit erheblich auf.8)

Unter Engelhard I. erfolgte 1355 die Erweiterung der Ersheimer Kapelle, die er in seinem Testament von 1360 zur Grablege seiner Familie erklärte.9) Er gab auch genaue Anweisungen für sein Seelengedenken, auf die seine Schwiegertochter Margareta in ihrem Testament Bezug nahm.10)

Textkritischer Apparat

  1. Das m ist im Zweilinienschema einem halbunzialen Majuskel-M nachempfunden, vgl. Einleitung Kap. 5.4.
  2. h klein über dem a nachgetragen. Zeitstellung unbekannt.
  3. Sic! Das Wort ist in den genannten Publikationen nicht mitgelesen worden.

Anmerkungen

  1. Eine ausführliche Beschreibung des Grabmals findet sich bei Seeliger-Zeiss 142 und bei Schweitzer 21-23.
  2. Seeliger-Zeiss 137-146, Zitat 146; ein ähnlicher Ansatz bereits bei Schweitzer 23f.
  3. Seeliger-Zeiss 142 u. 164.
  4. Lohmann 53f. u. Taf. 1.
  5. Lohmann 54f.
  6. Lohmann 28f. u. 147f.
  7. Lohmann 27ff.; Irschlinger, Herren von Hirschhorn 7f.
  8. Lohmann 30.
  9. Lohmann 88.
  10. Vgl. bei Nr. 35.

Nachweise

  1. Wickenburg II 89.
  2. Ritsert, Hirschhorn 120.
  3. Klump, Hauptmomente 40.
  4. Schweitzer, Grabmäler 23.
  5. Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 180.
  6. Seeliger-Zeiss, Ritter-Grabmäler 165, Nr. 3.
  7. Lohmann, Hirschhorn 515, Anm. 7.

Zitierhinweis:
DI 38, Bergstraße, Nr. 30 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0003002.