Die Inschriften des Landkreises Bergstraße

Hinweis: Diese Einleitung enthält eine Änderung gegenüber der Druckfassung. [Dorthin springen].

1. Vorwort, Vorbemerkung und Benutzungshinweise

1. 1. Geleitwort

Daß sich der Historiker bei seiner Arbeit eigentlich stets auf einem riesigen Friedhof und vor unzähligen Gräbern befindet, ist eine Erkenntnis, deren Richtigkeit man sich nur schwer entziehen kann. Sie mahnt zu pietätvollem Umgang mit der Vergangenheit. Epigraphiker braucht man kaum an jene Wahrheit zu erinnern. Die Beschäftigung mit Grabmonumenten ist ihre fast tägliche, freilich nicht einzige Pflicht. Oft genug und nicht erst heutzutage können sie dabei beobachten, wie pietät- los gewöhnlich die Gegenwart früheren Generationen gegenübersteht, wie deren Gedenken aus vergangenen Zeiten oft achtlos dem Verfall und der Verwitterung, dem Vergessen preisgegeben wird.

Mittelalterliche und frühneuzeitliche Inschriften aller Art, auf Grabsteinen, auf Gebäuden, auf Glocken, auf Geräten, auf Gewändern oder sonstwo als historische Quellen vor der Vernichtung zu retten, sie zu erhalten, zu erschließen und kritisch zu edieren ist die Aufgabe, dem sich das Deutsche Inschriften-Unternehmen schon seit rund sechzig Jahren widmet. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges wurde diese Verpflichtung womöglich noch deutlicher als früher empfunden. Die Schädigung, ja Vernichtung von Monumenten durch Umwelteinflüsse ging ja danach noch weiter und steigerte sich sogar. Zur Publikation der auf deutschem Boden überlieferten epigraphischen Quellen schlossen sich deshalb die deutschen Akademien der Wissenschaften zusammen, nahmen einander in die Pflicht und steckten angesichts der Größe und Dringlichkeit der zu leistenden Aufgaben ihre Arbeitsfelder ab. Dabei wurde das Bundesland Hessen 1973 der Mainzer Akademie zugeteilt. Nachdem 1974 der noch von Heidelberg aus betreute Inschriftenband der Stadt Fritzlar erschienen war, konnte die Arbeit in Hessen erst 1985 nach Bewilligung der nötigen Finanzmittel durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft von Mainz aus begonnen werden. Seit 1990 verfügt die Mainzer Inschriften-Kommission über zwei etatisierte Stellen auch für die Bearbeitung der epigraphischen Schätze in Hessen. Der Mitarbeiter der Akademie, Dr. Sebastian Scholz, erhielt den Auftrag, die Inschriften des Landkreises Bergstraße im südlichen Hessen zu sammeln und eine kritische Edition zu liefern. Die Entscheidung für Südhessen wurde getroffen, um den Anschluß an die von der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften bereits 1970 und 1977 publizierten Bände für Heidelberg und für den Rhein-Neckar-Kreis sowie an den Inschriftenband für Worms aus der Mainzer Arbeitsstelle zu gewinnen. Die Edition der Inschriften des Landkreises Bergstraße umfaßt 252 Nummern sowie 44 Tafeln mit 91 Abbildungen. Bei 91 Inschriften handelt es sich um Ersteditionen.

Über die Wichtigkeit epigraphischer Quellen braucht wohl kaum ein Wort verloren zu werden. Abgesehen von personengeschichtlichen Daten, die den Historiker und insbesondere den Genealogen interessieren, liefern sie dem Philologen wichtige Erkenntnisse für das mittelalterliche Latein oder für die frühneuhochdeutsche Sprache. Dem Kunsthistoriker und dem Heraldiker dienen für seine Forschungen die Bilder und Beschreibungen der Monumente, auf denen sich die Inschriften befinden. Vor allem aber geht es dem Epigraphiker um die Geschichte der Monumentalschrift, um aus ihrer Entwicklung neue Erkenntnisse zu Datierungen, Echtheitsfragen und Werkstattzusammenhängen zu gewinnen.

Sich an Einzelheiten des vorliegenden Bandes zu freuen, Details zu entdecken, bleibe dem Benutzer überlassen, wenn er ihn als Wissenschaftler oder Freizeitforscher zur Hand nimmt. Nur darauf sei hingewiesen, daß hier die Inschriften des berühmten karolingischen Klosters Lorsch zum ersten Mal in einer kritischen Edition vorgelegt werden. Selbst aus jenen fernen Zeiten übermitteln epigraphische Quellen ihre Nachrichten der Gegenwart. Möge diese und die in ihr maßgeblichen Persönlichkeiten und Institutionen ihre Wichtigkeit erkennen und durch entsprechende Förderung die Arbeit der Akademie und ihrer Inschriften-Kommission unterstützen.

Mainz, im April 1994

Harald Zimmermann

1. 2. Vorwort

Der vorliegende Band enthält die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Landkreises Bergstraße und wurde in den Jahren 1990 bis 1993 im Auftrag der Inschriften-Kommission der Akademie der Wissenschaften und der Literatur • Mainz erstellt.

Für Hilfe und Rat weiß ich mich vielen Förderern, die hier oder an entsprechender Stelle im Katalog genannt sind, zu Dank verpflichtet. Stellvertretend für die verschiedenen Institutionen und zahlreichen Einzelpersonen, die mir ihre Unterstützung gewährt haben, möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen an die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, Hessen, und deren Mitarbeiter Herrn Erwin Wagner (Lorsch) sowie an die Herren Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola (Trebur), Wilhelm Busch (Bensheim-Auerbach), Martin Hellriegel (Bensheim), Prof. Dr. Falk Krebs (Seeheim-Jugenheim), Eberhard Kühner (Bensheim-Gronau), Hans Lorenz (Heppenheim), Pfarrer Robert Oes (Hirschhorn), Dr. Peter W. Sattler (Mossautal) sowie besonders an den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Geschichts- und Heimatvereine im Kreis Bergstraße, Herrn Paul Schnitzer (Lorsch).

Von den Kollegen der befreundeten Arbeitsstellen verdanke ich vor allem den Herren Clemens M. M. Bayer, M.A. (Bonn) und Dr. Harald Drös (Heidelberg), der das gesamte Manuskript nocheinmal Korrektur las, entscheidende Verbesserungsvorschläge.

Herrn Ludolf Henn, dem Lektor der Mainzer Akademie, danke ich für seine Hilfe bei der technischen Herstellung des Buches.

Den Kollegen der Mainzer Arbeitsstelle bin ich in vielfacher Hinsicht zu Dank verpflichtet. Herr Thomas G. Tempel nahm viele Mühen auf sich, um selbst unter schwierigen Bedingungen für hervorragende Photos zu sorgen. Frau Susanne Kern las das Manuskript Korrektur und gab wertvolle kunsthistorische Ratschläge. Frau Dr. Yvonne Monsees und Herr Dr. Eberhard J. Nikitsch gewährten mir jede mögliche Hilfestellung und bewahrten mich durch ihren Rat vor manchem Fehler. Mein besonderer Dank aber gilt Herrn Dr. Rüdiger Fuchs, der mich in die mittelalterliche Epigraphik einführte, das Entstehen des Bandes zu jeder Zeit mit großem persönlichen Einsatz förderte und zudem das ganze Manuskript noch einmal kritisch überprüfte.

Der abschließende Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Harald Zimmermann (Tübingen) als Vorsitzendem der Inschriften-Kommission der Akademie der Wissenschaften und der Literatur • Mainz, durch dessen stetigen Einsatz für die Belange der Arbeitsstelle die Voraussetzungen für das Erscheinen dieses Bandes geschaffen wurden.

Mainz, im März 1994

Sebastian Scholz

1. 3. Vorbemerkungen und Benutzungshinweise

Die Inschriften des Landkreises Bergstraße wurden nach den Arbeitsrichtlinien der Interakademischen Kommission für die Herausgabe der Deutschen Inschriften bearbeitet. Der vorliegende Band enthält die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des heutigen Landkreises Bergstraße bis zum Jahr 1650. Diese für das Inschriften-Unternehmen allgemein vorgegebene Zeitgrenze erschien insofern sinnvoll, als die Inschriftenproduktion im Kreis Bergstraße, soweit sich dies nach der oft unbefriedigenden Überlieferungssituation feststellen läßt, aufgrund der Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts bis um 1690 fast zum Erliegen kommt. Inschriften aus der Zeit vor 1650, deren Träger nachweislich erst später in das Kreisgebiet gelangten, wurden nicht berücksichtigt.1)

Aufgenommen wurden alle zugänglichen, erhaltenen Inschriften mit ihren Trägern. Das gilt auchfür diejenigen Inschriftenträger, die in Museen außerhalb des Bearbeitungsgebietes verbracht wurden. Nur noch in Abschrift, in Nachzeichnung, im Druck oder auf Photos überlieferte Inschriften, die heute verschollen oder verloren sind, wurden ebenfalls ediert.2)

Die Edition beschränkt sich auf jene Inschriften, die nicht Gegenstand von Spezialdisziplinen wie z.B. der Sphragistik und der Numismatik sind.3) Außerdem wurde auf die Aufnahme von Inschriften verzichtet, deren Buchstaben aufgrund des Erhaltungszustandes nicht mehr eindeutig bestimmt werden konnten.4)

Ausgeschlossen blieben nach wie vor auch Runen, Steinmetz- und Meisterzeichen, Hausmarken, Goldschmiede- und Beschauzeichen, Monogramme und Einzelbuchstaben, sofern sie nicht in Verbindung mit einer Inschrift auftreten. Singulär vorkommende Jahreszahlen wurden nur unter bestimmten Bedingungen aufgenommen.5) Wenn mehrere Jahreszahlen an einem Standort vorhanden waren, wurden sie in einer Sammelnummer zusammengefaßt und unter der frühesten Jahreszahl im Katalog eingeordnet.

Der Katalogteil ist chronologisch aufgebaut. Die Artikel gliedern sich in der Regel nach folgendem Schema:

In der Mitte der Kopfzeile steht bei jeder Inschrift der Standort. Bei erhaltenen Inschriften wird immer der letztbekannte Standort angegeben. Die Standorte werden - mit Ausnahme der ehemaligen Klöster Lorsch und Hirschhorn - grundsätzlich unter ihrer heutigen Bezeichnung angeführt.

1 Links in der Kopfzeile steht die fortlaufend gezählte Katalognummer.
Ein Kreuz neben der laufenden Nummer kennzeichnet die nichtoriginal überlieferten Inschriften.
(†) Befinden sich innerhalb einer Sammelnummer erhaltene und nicht erhaltene Inschriften, steht das Kreuz in Klammern.
1400 Die Datierung am rechten Rand der Kopfzeile gibt, sofern feststellbar, das Entstehungsjahr der Inschrift an, das nicht immer mit dem Entstehungsjahr des Trägers identisch sein muß. Bei Grabinschriften wird von einer Herstellung im Todesjahr ausgegangen, falls keine Hinweise auf eine andere Datierung vorliegen[Druckseite XII]. Bei einer zufälligen Wiederverwendung des Trägers werden die Inschriften getrennt und unter Verweis auf den Träger unter dem jeweiligen Entstehungsjahr eingeordnet, bei einer bewußt konzipierten Wiederverwendung werden sie gemeinsam unter der frühesten Inschrift ediert. Die Entstehungszeit undatierter Inschriften wurde durch paläographische Untersuchungen der Schrift, durch die Heranziehung historischer Zeugnisse oder mit Hilfe stilistischer Merkmale des Trägers so genau wie möglich bestimmt. Diese Inschriften sind jeweils am Ende des in Frage kommenden Zeitraums eingeordnet.
1400? Unsichere Datierungen sind mit einem Fragezeichen versehen.
(1400) Wichtige in der Inschrift erwähnte Jahreszahlen und Jahreszahlen von erst später vervollständigten Inschriften sind dem Entstehungsjahr in Klammern hinzugefügt.

Der auf die Kopfzeile folgende Absatz beginnt mit der Benennung von Inschriftenart und Inschriftenträger. Er gibt Informationen hinsichtlich des Materials, des Erhaltungszustandes, der Ikonographie, der Position der Inschriften am Träger und ihrer Ausführung. Außer bei Blasonierungen erfolgen die Beschreibungen immer vom Blickpunkt des Betrachters aus. Bei nichtoriginal überlieferten Inschriften wird die Quelle der Textwiedergabe genannt. Am Schluß des Abschnitts stehen die Maßangaben (in cm) des Inschriftenträgers und der Buchstaben (wenn möglich am klein- bzw. großgeschriebenen N gemessen) und der genauen Schriftbezeichnung. Am Rand steht die zugehörige Nummer der im Tafelteil wiedergegebenen Abbildung.

Bei der Wiedergabe der Inschriftentexte werden folgende Zeichen verwendet:

A, B, C Mehrere Inschriften an demselben Träger werden durch Großbuchstaben unterschieden. Die Texte werden fortlaufend wiedergegeben, wenn es sich nicht um metrische Inschriften handelt. Diese sind versweise angeordnet.
/ Ein Schrägstrich markiert das reale Zeilenende auf dem Träger.
// Doppelte Schrägstriche kennzeichnen den Übergang auf ein anderes Inschriftenfeld.
( ) Abkürzungen werden unter Fortlassung des Kürzungszeichens in runden Klammern aufgelöst.
NE Unter die Zeile gesetzte Bögen kennzeichnen Ligaturen.
[ ] Eckige Klammern machen Textverlust, nicht mehr sicher lesbare Stellen, Konjekturen des Bearbeiters und Ergänzungen aus nichtoriginaler Überlieferung kenntlich.
[..] Ist bei Textverlust eine Ergänzung nicht möglich, stehen in den Klammern Punkte auf der Zeile. Sie zeigen bei geringen Verlusten in etwa den Umfang des verlorenen Teils an, während bei großen Verlusten stets nur drei Punkte gesetzt sind.
< > Bei der Herstellung der Inschrift absichtlich freigelassene Stellen - etwa für später nachzutragende Sterbedaten - sind mit spitzen Klammern kenntlich gemacht, die entweder Punkte oder den tatsächlichen Nachtrag enthalten.
Änderung in der Onlineversion

Nicht Bögen, sondern Striche unter der Zeile (Unterstreichungen) bezeichnen Buchstabenligaturen.

Dem Text der Inschrift folgen gegebenenfalls eine Übersetzung, die Auflösung des Datums, die Nennung der am Träger befindlichen Wappen und die Angabe des Versmaßes oder der Reimform. Um die Abstammungslinien deutlicher zu machen, wird bei der Anordnung der Wappen folgendermaßen verfahren: Zunächst wird das Mittel- bzw. Allianzwappen genannt, dann werden jeweils durch einen Strichpunkt getrennt die Wappen der linken (meist Vaterseite), dann die der rechten Seite (meist Mutterseite) aufgeführt. In der Literatur nicht nachweisbare oder nur selten vorkommende Wappen werden blasoniert.

Der Kommentarteil enthält Erläuterungen zum paläographischen Befund, zu philologischen Besonderheiten, zu den genannten Personen, zu historischen Hintergründen und unter Umständen zur kunsthistorischen Einordnung des Trägers.

Der Anmerkungsapparat ist in Buchstaben- und Ziffernanmerkungen unterteilt. Die Buchstabenanmerkungen enthalten textkritische Angaben, wie etwa Textvarianten in der Parallelüberlieferung, orthographische Besonderheiten und unsichere Lesarten. Die Ziffernanmerkungen umfassen Zitat- und Literaturnachweise sowie ergänzende Bemerkungen zum Kommentar.

Das Literaturverzeichnis am Schluß der Katalognummern nennt die wichtigsten Überlieferungen des Inschriftentextes in chronologischer Reihenfolge.

Zitationshinweis:

DI 38, Bergstraße, Einleitung, 1. Vorwort, Vorbemerkung und Benutzungshinweise (Sebastian Scholz), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04e007.

  1. Eine Ausnahme ist Nr. 177a im Anhang. »
  2. Flurdenkmäler, insbesondere Grenzsteine, wurden aufgrund ihrer problematischen Standorte nur dann aufgenommen, wenn sie in situ angetroffen, auf Karteikarten verzeichnet oder bereits in der Literatur behandelt worden waren. »
  3. Vgl. Kloos, Einführung 2. »
  4. Vgl. dazu Einleitung Kap. 6. »
  5. Vgl. Einleitung Kap. 6. »