Inschriftenkatalog: Bad-Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 44 Bad Kreuznach, Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus kurz nach 1360

Beschreibung

Grabplatte für Johannes II. von Steinkallenfels. Sie wurde während der Renovierungsarbeiten an der ehemaligen Klosterkirche der Karmeliter in den Jahren 1898-19051) an den heutigen Standort in die Südwand des Chors versetzt. Große Sandsteinplatte mit Umschrift auf nach innen abgeschrägten Leisten, in den oberen Ecken zwei einfache Wappen. Im kastenartigen Mittelfeld ruht die halbreliefierte Figur2) des Verstorbenen unter einem dreiteiligen, krabbenbesetzten Kielbogen, ausgestattet mit offenem Klappvisier, Halsberge und Waffenhemd, darüber der Lendner mit dem Steinkallenfelser Wappen. An ihm ein mit aneinandergereihten Löwenreliefs besetzter Gürtel, daran ein Dolch. Die rechte Hand hält den Helm, die linke greift ans Schwert, die Füße ruhen auf zwei sich zuwendenden Löwen3). Gesicht, Waffen und Löwen sind stark beschädigt, zudem ist die Platte dick mit Steinfarbe überstrichen. Schriftbeginn rechte Leiste oben, Schmalseiten und Beginn der linken Leiste wegen der figürlichen Darstellungen unbeschriftet. Als Worttrenner dienen kleine Kreise.

Maße: H. 222, B. 98, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. + Annoa) · d(omi)ni · mo · ccco 〈..........〉b) obiit · d(omi)n(u)s · joh(ann)es · de · lapidec) · // cuius · anima · requiescat · in · pace · amen

Wappen:
Steinkallenfels; Steinkallenfels.

Kommentar

Das durch die starken inneren Schrägen entstandene Kastengrabmal ist der früheste Vertreter dieses Typs4) im Bearbeitungsgebiet. Zudem wird hier erstmals bei einem Grabdenkmal die gotische Minuskel als Schriftform verwendet, die allerdings (vor allem von der Schlagtechnik her) ihre Verwandschaft zu der zu dieser Zeit noch vorherrschenden gotischen Majuskel nicht leugnen kann. Während ihre Hasten zwar gleichstrichig eingehauen sind, zeigen die für die Minuskel typischen gebrochenen Hastenenden (etwa bei d und e) zum Teil noch die von der Majuskel her bekannte, stark dreiecksförmig ausgeprägte Struktur.

Johann II.5) war einer von vier Kindern aus der Ehe Ulrichs von Steinkallenfels (Stamm IV) mit einer sonst unbekannten Margarete6). In erster Ehe mit Metza (Mechthild) Kämmerer von Worms verheiratet, fungierte er bis zu ihrem Tod 13397) als kurmainzischer Burggraf zu Böckelheim, dann ab 1343 als kurmainzischer Amtmann auf Burg Klopp in Bingen. 1343 erhielt er von Kurpfalz das erbliche Burgrafenamt8) auf Burg Gollenfels bei Stromberg, die gleichzeitig seiner zweiten Frau als Witwensitz dienen sollte.

Die Datierung der Platte ergibt sich aus seinem letzten urkundlichen Zeugnis am 26. März des Jahres 1360 und dem ab 1362 erwähnten Witwenstand seiner zweiten Frau Adelheid von Oberstein. Die nicht nachgetragenen Todesdaten auf seiner Grabplatte lassen darauf schließen, daß sie Johann wohl noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben hatte.

Textkritischer Apparat

  1. Versalie in der Form eines pseudounzialen Majuskel-A.
  2. Da Helwich zu dieser Stelle bereits 1614 „nihil amplius“ bemerkte und sie nicht durch Beschädigungen markierende Auslassungspunkte kennzeichnete, kann man davon ausgehen, daß der 55 cm lange Abschnitt von vornherein unbearbeitet gewesen war.
  3. Kirsch liest irrtümlich de Koppenstein.

Anmerkungen

  1. Vgl. die Notiz bei Renard, Wiederherstellung 14.
  2. Vgl. zur detailreichen Rüstung Rady, Kostüm 27 mit Umzeichnung auf Bildtafel II 38.
  3. Nicht mit gemeinsamem Kopf (so Kdm.); es könnte sich aber auch um Hunde handeln.
  4. Vgl. dazu Einleitung XXX.
  5. Vgl. zum Folgenden Möller, Stammtafeln AF II Taf. LXV und Conrad, Steinkallenfelser Adel 7 (1960) 1f.
  6. Aufgrund der Ahnenwappen könnte es sich ebenfalls um eine geborene Steinkallenfels einer anderen Linie gehandelt haben. Seine 1321/1327 verstorbenen Eltern wurden im Kloster Eberbach bestattet; zu ihren erhaltenen Grabplatten vgl. künftig DI Rheingau-Taunus-Kreis.
  7. Aus seiner Tätigkeit erklärt sich wohl ihr Begräbnis und das einiger ihrer gemeinsamen Nachkommen in der Kirche des benachbarten Klosters Disibodenberg, vgl. Nr. 41 von 1339/54.
  8. Vgl. das Regest bei Ohlmann, Kopialbuch Nr. 26.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 319.
  2. Roth, Syntagma 3 (1884) 72 (nach Helwich).
  3. Kirsch, St. Nicolauskirche 27.
  4. Zimmermann, Nahegebiet mit Abb. 17.
  5. Zimmermann, Grabdenkmäler mit Abb S. 22.
  6. Stumpf, Grabsteine 7 (1927) 21 (nach Helwich).
  7. Ohlmann, Ganerbenburg 34 mit Abb.
  8. Kdm. 83 mit Abb. 45.
  9. Zimmermann, Kunstwerke 2 (1964) mit Abb. S. 6.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 44 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0004400.