Inschriftenkatalog: Bad-Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 18 Disibodenberg, Kapitelsaal 1302

Beschreibung

Grabplatte des Ritters Friedrich (IV.) von Heinzenberg. Erster, rechts vom Eingang des Kapitelsaals wohl noch an ursprünglicher Stelle im Boden ruhender Stein (Plan Nr. 22), aufgefunden bei den Ausgrabungen im Sommer 1985. Große, sehr sorgfältig gearbeitete Platte aus Kalksandstein mit Umschrift zwischen Linien, im oberen Mittelfeld erhabenes Wappen mit eingeritzter Zeichnung. Die linke und rechte Seitenleiste der Platte ist jeweils in der Mitte durch eine sich hebende Steinschicht leicht beschädigt.

Maße: H. 217, B. 93, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Heinz Straeter) [1/1]

  1. +a) ANNO / · D(OMI)NI · Mo · CCCo · IIo · XII · K(A)L(ENDAS) · FE/BRVARII · O(BIIT) · / FRIDERIC(VS) · MIL(ES)b) · DE · HEI(N)CI(N)/BERG

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1302 am 12. Tag vor den Kalenden des Februar (21. Januar) starb Friedrich, Ritter von Heinzenberg.

Wappen:
Heinzenberg (jüngere Linie).

Kommentar

Die Grabplatte ist als frühestes Beispiel für die ausgereifte gotische Majuskel im Bearbeitungsgebiet bemerkenswert. Die außergewöhnliche Gestaltung der tief eingehauenen Umschrift besticht durch die Vielfalt der verwendeten Formen: Wechsel von kapitalen und unzialen Buchstaben bei D, E, N, offene und durch feine Haarstriche geschlossene Varianten bei C, E, F, sowie variierende Formen bei A und R. Der dekorative Charakter der Schrift wird zudem durch ungewöhnliche Zierformen1) wie Doppelstriche, eingerollte Ziercauden und kleine, einen rechten Winkel bildende, an ihren Enden mit Perlen versehene Querstriche bei N und dem Kürzungsstrich bei O(BIIT) betont. Da die Kerben der Buchstaben nicht bis zu ihrem Ende durchgehauen sind und so unterseitig eine rauhe Oberfläche zurückgeblieben ist, kann angenomen werden, daß sie ursprünglich mit einer Farbmasse gefüllt oder mit Metall ausgegossen waren2).

Die hervorragende Ausführung der Grabplatte und der für Laien außergewöhnliche Bestattungsort3) weisen darauf hin, daß es sich bei Friedrich IV. von Heinzenberg und seinem daneben begrabenen Vetter Tilmann4) um bedeutende Stifter für das Kloster gehandelt haben dürfte. Die Herren von Heinzenberg sind seit der Mitte des 12. Jahrhunderts als Träger zahlreicher Lehen und Inhaber der Vogtei über das Kloster Ravengiersburg auf der im Kellenbachtal im vorderen Hunsrück gelegenen, gleichnamigen Burg nachweisbar. Da durch Johann I. von Heinzenberg, dem Vater des Verstorbenen, eine neue Linie begründet wurde5), führte sein Sohn Friedrich IV., der mit einer nicht weiter bekannten Genata/Renata verheiratet war6), als Wappen den fünflätzigen Turnierkragen über dem mit acht Steinen belegten Rink. Der 1285-1301 urkundlich erwähnte Friedrich IV. war Lehensmann der Grafen von Sponheim. Die jüngere Linie Heinzenberg scheint mit seinen Nachkommen erloschen zu sein7): sein erster Sohn Johann IV. starb 1334 kinderlos als Burgmann auf dem bei Kreuznach gelegenen Rheingrafenstein, sein zweiter Sohn Friedrich V. wurde 1333 zum Abt des Klosters St. Matthias bei Trier gewählt und über den Sohn seiner einzigen Tochter Margarethe gelangte das Erbe dieser Linie an die Wild- und Rheingrafen zu Dhaun.

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn Mitte der oberen Leiste nach einer reliefiert eingetieften Rosette.
  2. Während die Kürzungen sonst durch die üblichen hakenförmigen Kerben oder die selteneren Siculi angezeigt werden, wird hier mit einem S-förmigen Zeichen gekürzt (vgl. Einleitung LV).

Anmerkungen

  1. Als Vorbild dieser auffallenden Buchstabenformen dürften schreibschriftliche Auszeichnungs- und Rubrikschriften aus der klösterlichen Schreibstube gedient haben. Vgl. zu ähnlichen Schriftformen DI 12 (Heidelberg) Nrr. 15 und 17. Zur Disibodenberger Lapidarschrift vgl. Einleitung XLV.
  2. Vgl. dazu Bauer, Epigraphik 37f. und Einleitung XLVI Anm. 152.
  3. Neben seiner Funktion als Beratungssaal der Mönche diente der Kapitelsaal auch der Bestattung von Äbten (vgl. Nrr. 59 und 102 sowie zu einer weiteren, jedoch inschriftlosen Abtsgrabplatte Nikitsch, Bemerkungen 23 mit Abb. 4) und wenigen verdienten Laien, meist Klostergründern (vgl. dazu den Beschluß des Generalkapitels der Zisterzienser aus dem Jahre 1180 bei Canivez, Statuta I 87 Nr. 5 sowie grundsätzlich Arens, Kapitelsaal).
  4. Vgl. die folgende Nr. 19 – Beide urkunden zwar des öfteren gemeinsam, wobei Friedrich von Tilmann als „cognat(us) me(us)“ bezeichnet wird (vgl. die Nachweise bei J.A. Grüssner, Geschlecht der Herren von Heinzenberg, in: Acta Academiae IV 412); allerdings verzeichnet Ioannis, Spicilegium keine an sich naheliegende Stiftung der Vettern für das Kloster Disibodenberg.
  5. Vgl. Conrad, Heinzenberg 6, 23.
  6. Vgl. Schmitz-Kallenberg, Urkunden S. 192 Nr. 84 und Möller, Stammtafeln NF I Taf. XXII.
  7. Vgl. Zwiebelberg, Familie 28f. Dagegen läßt ders., Freiherrn von Schmidburg 37, die Linie mit dem 1390 verstorbenen Johann V. (als Sohn Johanns IV.) eine Generation länger andauern.

Nachweise

  1. Stanzl, Klosterruine 71 Abb. 55.

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 18 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0001801.