Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 546† Merxheim, Evang. Pfarrkirche 1648

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabplatte des wild- und rheingräflichen Amtmanns und Rates Johann Heinrich von Kötteritz. Sie war ehemals innen an der Wand der Kirche befestigt und ging vermutlich beim großen Brand des Dorfes am 24. Juli 1870 unter1). Große einfache Platte2) mit Umschrift auf profiliertem Rahmen, die sich im Mittelfeld in zweimal vier Zeilen fortsetzt. In den Ecken die vier Ahnenwappen des Verstorbenen, in der Mitte in einem mit Blüten besetztem Medaillon die namentlich bezeichneten Ehewappen.

Nach Zeichnung bzw. Foto im StA Meisenheim.

Schriftart(en): Fraktur?

Stadtarchiv Meisenheim [1/1]

  1. Anno 1648 den 18ten Decembris ist im / Herrn entschlafen der Wohledelgebohrne gestrenge Johann Heinrich von / Kötteritz Rheingrafa) Dhaunischer Rath / und Amtmann seines Alters im dreÿ und fünfzigsten Jahr. //Johann Henricus a Kötteritz nobilitate pieta:/:te modestia juris et v linguarum peritia / Consilis ac meritis eximius bismaritus pri=/=mis nuptis cum Anna Salome de Elz. //Alteris cum Dorothea Ursula de Stein=/=Callenfels ex hac relicta filiola Juliana / Magdalena obit pie anno m. d. c. x. LVIII / die XVIII Decemb(ris)

Übersetzung:

Der an Vortrefflichkeit, Frömmigkeit und aufrechter Gesinnung, durch Rat und Verdienste außerordentlich hervorragende Johann Heinrich Kötteritz, rechtsgelehrt und fünfer Sprachen kundig, war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit Anna Salome von Eltz, in zweiter mit Dorothea Ursula von Steinkallenfels, aus der das Töchterlein Juliana Magdalena hinterblieb. Er starb fromm im Jahr 1648, am 18. Tag des Dezembers.

Wappen:
Kötteritz, Pack; Sponheim gen. Bacharach, Allenbach.

Kommentar

 

Wappen mit Wappenbeischriften:

Johann Heinrich v(on) Kötteritz; Dorothea Ursula v(on) Stein Kallenfels.

Die aus der Gegend um Meißen stammende Familie des Verstorbenen3) stand seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in fremden Diensten: Sein mit Brigitta von Pack verheirateter Großvater Wolfgang war unter Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken Kanzler des Fürstentums Pfalz-Neuburg, sein mit Katharina Elisabeth von Sponheim gen. Bacharach4) verheirateter Vater Hermann war zunächst am Hofe des Herzogs von Pfalz-Simmern tätig, fungierte dann als Rat bei den Pfalzgrafen von Veldenz-Lauterecken. Johann Heinrich von Kötteritz wurde 1595 geboren, verbrachte seine Jugendzeit am Hofe des Wild- und Rheingrafen Friedrich im lothringischen Nêufviller und nahm schließlich eine Stelle als Hofmeister bei dem Pfalzgrafen Karl-Ludwig von Veldenz-Lauterecken an. Zusammen mit ihm absolvierte er mehrere Reisen, bei denen er seine inschriftlich erwähnten Sprachkenntnisse (wohl französisch, spanisch, italienisch) vertiefen konnte. Da er sich mehrmals (allerdings vergeblich) um eine Anstellung beim Reichskammergericht in Speyer bemühte und ihn seine Grabinschrift als rechtskundig ausweist, dürfte er als vierte Sprache ausreichend Latein beherrscht haben. 1626 wurde er von den Grafen von Daun-Falkenstein „zu einem rath und amptman zu Oberstein angenommen“5), erhielt kleinere Liegenschaften zu Lehen und erwarb daneben im Lauf der Zeit nicht unbedeutenden Grundbesitz zwischen Sobernheim und Meisenheim. Nach 1636 wechselte er aus unbekannten Gründen seine Stellung und trat ebenfalls als Amtmann und Rat in die Dienste der Wild- und Rheingrafen, die ihm aufgrund der Sponheim-gen.-Bacharach‘schen Erbschaft6) 1638 nach langen Verhandlungen und gegen den Willen der Salm-Kyrburger Linie das Dorf Staudernheim als Erblehen übergaben7). Ein Angebot des Grafen Ernst Casimir zu Nassau-Saarbrücken über eine Oberamtmannsstelle in Weilburg scheint er ausgeschlagen zu haben8).

Johann Heinrich war in erster, kinderloser Ehe mit der Erbtochter Anna Salome von Eltz-Wecklingen9) verheiratet, seit 1639 in zweiter Ehe mit der bereits verwitweten, in Meisenheim residierenden Dorothea Ursula von Steinkallenfels10). Mit seinem Tode erlosch bereits nach wenigen Generationen der linksrheinische Zweig derer von Kötteritz. Juliana Magdalena11), das einzige Kind dieser Verbindung, heiratete 1660 als vermögende Erbtochter ihren als Oberamtmann in Meisenheim tätigen Vetter Philipp Melchior von Steinkallenfels12). Da sich die Grabplatte des Verstorbenen nicht in einer Kirche seines Wohnsitzes in Sobernheim (bzw. später in Meisenheim) oder seines Amtssitzes in Dhaun befand, muß davon ausgegangen werden, daß ihn ein plötzlicher und unerwarteter Tod ereilte, als er sich auf einer Reise in Merxheim aufhielt13). Eine Überführung scheint nicht möglich gewesen zu sein.

Textkritischer Apparat

  1. Wohl mit Rheingräflich aufzulösen.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Nr. 251 von 1517 mit Anm. 1.
  2. Von den zahlreichen, sich ehemals in der Kirche befindlichen Grabdenkmälern (vgl. Nr. 287 von kurz nach 1540) wurden wenige Jahre vor dem Brand auf Veranlassung der Familie Vogt von Hunolstein Zeichnungen angefertigt, die in ihrem Archiv in Grassau/Obb. verwahrt werden sollen. Eine diesbezügliche Anfrage des Bearbeiters wurde von Otto Freiherr Vogt von Hunolstein gen. Steinkallenfels mit Schreiben vom 17.10.1987 dahingehend beantwortet, daß es ihm zur Zeit nicht möglich sei, Nachforschungen in seinem Archiv anzustellen. – Die vorliegende Beschreibung folgt daher einem vereinzelten Foto der damals angefertigten Originalzeichnung dieses Grabdenkmals, das vom Bearbeiter durch Zufall im Nachlaß des damaligen Meisenheimer Stadtarchivars Philipp Hassinger aufgefunden wurde. Hassinger benutzte oben genanntes Archiv in den Jahren 1924 und 1926.
  3. Vgl. zum folgenden Crollius, Commentarius 88-92 (Stammtafel) und die grundlegende Studie von Hassinger.
  4. Vgl. ihr erhaltenes Epitaph Nr. 537 von 1635 in der evang. Pfarrkirche zu Sobernheim.
  5. Vgl. seine Bestallungsurkunde (Hassinger 30f.), die einen guten Einblick in die Rechte, Pflichten und Bezüge eines damaligen Amtmannes erlaubt.
  6. Vgl. Nr. 471 von 1612.
  7. Vgl. den erst 1642 ausgestellten Lehensbrief, Druck bei Hassinger 34f. und in den Meisenheimer Hbll. 3 (1926) 45f.
  8. Vgl. Hassinger 37.
  9. Sie starb zwischen 1635 und 1639 und wurde in der Evang. Kirche zu Sobernheim begraben; ihr Grabdenkmal hat sich nicht erhalten.
  10. Vgl. ihr erhaltenes Epitaph Nr. 573 von 1667 in der Schloßkirche zu Meisenheim.
  11. Ihr mit zwanzig Ahnenwappen versehenes Epitaph von 1718 befindet sich neben dem ihrer Mutter (s.o.); Text der ausführlichen Inschrift bei Kdm. 266, Foto im Archiv der Inschriften-Kommission der Akademie der Wissenschaften, Mainz.
  12. Vgl. zu ihm die Studie von M. Ohlmann, Philipp Melchior von Steinkallenfels, in: HBl. Kirn 23 (1943) Nr. 1-5, 2ff.
  13. Im Jahr 1648 führte er Erbschaftsverhandlungen mit den Vögten von Hunolstein, den Ortsherren von Merxheim, vgl. Hassinger 36.

Nachweise

  1. StA Meisenheim Abt. 84 Nr. 191 (Foto).
  2. Hassinger, Kötteritz 36f.
Addenda & Corrigenda (Stand: 06. Oktober 2014):

Übersetzung:

Der an Adel, Frömmigkeit und aufrechte Gesinnung, durch Kenntnis des Rechts und von fünf Sprachen, durch Rat und Verdienste außerordentlich hervorragende Johann Heinrich Kötteritz war zweimal verheiratet (...)

(Übersetzungsvorschlag meines Heidelberger Kollegen Dr. Harald Drös, Brief vom 14. November 1993).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 546† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0054606.