Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 544 Volxheim, Kath. Kirche 1641

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Glocke mit Stifter- und Meisterinschrift. Obere Glocke im Glockenstuhl der 1790 anstelle des Vorgängerbaus neuerbauten Kirche St. Matthäus. Kleine Glocke mit Stifterinschrift (A) zwischen Rundstegen, darunter ein großformatiger, hängender Fries aus Frucht- und Pflanzenwerk. Auf der Flanke befindet sich zudem eine Kartusche mit der vierzeiligen Meisterinschrift (B), auf der gegenüberliegenden Seite zwei Wappen mit Initialen. Als Worttrenner dienen kleine Rauten. Gewicht 57 kg.

Maße: Dm. 47, Bu. 1,6 (A), 1 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Eberhard J. Nikitsch) [1/2]

  1. A

    IOHAN · PHILIP · LIEB · KELLER · Z(V) · PRODSELDEN · VERWALTER · VF · COLLEN · B(ERG)

  2. B

    CHRISTIAN / KLAPPERBACH / IN MAINTZ GOSS / MICH A(NN)O 1641

 
Wappen:
Lieb (mit drei Sternen belegter Balken, darüber und darunter je eine von einem Halbkreis umgebene Rosette); unbekannt (Brackenrumpf).

 
Wappenbeischriften:
J(OHAN) P(HILIP) L(IEB), H. D. L(IEB) G(EBORNE) R.

Kommentar

Wie den Inschriften zu entnehmen ist, dürfte die Glocke weder in Volxheim gegossen, noch ursprünglich für die dortige Kirche bestimmt gewesen sein. Angefertigt wurde sie anscheinend auf Veranlassung des auf der damaligen Burg Prozelten1) ansässigen Wirtschaftsverwalters Johann Philipp Lieb, dessen Familie zu dieser Zeit in Unterfranken mehrfach nachweisbar ist2). Zudem war der Stifter in gleicher Funktion auf der benachbarten Burg Kollenburg (bei Fechenbach, Lkrs. Miltenberg) tätig, die 1635 nach dem Aussterben der letzten Rüdt von Collenberg als erledigtes Lehen vom Mainzer Erzstift eingezogen wurde3). Aus diesem Umstand erklärt sich wohl der Gußauftrag an den Mainzer Glockengießer Christian Klapperbach d.J. (vor 1596 bis vor 1653), der im gleichen Jahr auch die größte der drei Uhrglocken für das benachbarte Aschaffenburger Schloß goß4). Entscheidend ist, daß der Guß dieser Glocke in seiner Mainzer Werkstatt und nicht vor Ort erfolgte. Daher könnte es durchaus sein, daß die vorliegende Glocke ebenso in Mainz gegossen wurde und möglicherweise nie ihren eigentlichen Bestimmungsort erreichte.

Unbekannt ist, zu welchem Zeitpunkt die Glocke nach Volxheim überführt wurde. Jedenfalls erhielten die Katholiken gemäß dem das Simultaneum beendenden Teilungsvertrag5) aus dem Jahr 1786 die aus der 1769 eingestürzte Vorgängerkirche stammende kleine Glocke von 1641, die Reformierten erhielten dagegen die zweite, große Glocke zugesprochen, deren Schicksal nicht bekannt ist6).

Anmerkungen

  1. Ruine in der Nähe des heutigen Stadtprozelten, Lkrs. Marktheidenfeld; vgl. dazu A. Antonow, Burgen im Main-Viereck. Frankfurt 1987, 68-80.
  2. Vgl. DI 8 (Mosbach, Buchen, Miltenberg) Nrr. 370, 389, 395.
  3. Vgl. K. Bosl (Hg.), Bayern (Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 7) Stuttgart 21974, 195 und 710.
  4. Vgl. Fritzen, Glockengießer I 90f.
  5. Vgl. dazu Hübner 30ff.
  6. Vielleicht handelte es sich um die noch von Brilmayer überlieferte, sich damals am gleichen Standort befindliche größere Glocke mit der Inschrift 1693 goss mich Caspar Roth in Mainz, die – wie ihre kleinere Schwester – während des Zweiten Weltkrieges abgeliefert werden mußte, jedoch im Gegensatz zu ihr nicht mehr zurückkehrte.

Nachweise

  1. Schrohe, Mainzer Kunstgeschichte 196 (erw.).
  2. Brilmayer, Rheinhessen 443 (B).
  3. R. Hübner, St. Matthäus Volxheim 1790-1990 (Vorgeschichte, Verlauf und Restaurierung), in: St. Matthäus Volxheim 1790-1990. FS aus Anlaß der 200 Jahrfeier, der Restaurierung und Renovierung. Bad Kreuznach 1990, 11-44 (B).
Addenda & Corrigenda (Stand: 23. April 2024):

 
Wappen:
Lieb (mit drei Sternen belegter Balken, darüber und darunter je ein gesichteter Halbmond);

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 544 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0054400.