Inschriftenkatalog: Bad Kreuznach

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 34: Bad Kreuznach (1993)

Nr. 508† Bad Kreuznach, Evang. Pauluskirche 1623?/1632

Beschreibung

Grabdenkmal für den markgräflich-badischen Landschreiber Gerhard Patricius (Patrick) und seine Frau Katharina geb. Primm(iana). Noch 1751 im Chor der damaligen Stadtpfarrkirche nachgewiesen, verloren. Die Ausführung ist nicht überliefert. Der umfangreiche Text beginnt mit einem kurzen Sinnspruch, darauf folgen nacheinander ein einleitender Hexameter, die eigentliche Grabinschrift mit den Todesdaten, ein Grabgedicht in sechs Distichen und ein abschließender Spruch.

Nach Wickenburg1).

  1. Proponit homo / Disponit deus2).Est quaedam generis virtutis gloria major.Epitaphium / Clariss(imorum) conjugum Gerhardi Patricii quaestoris provincialis Crucenacensis meritissimi et Catharinae Primmianae, quorum ille obiit anno Christi 1623 20. Aug(usti) aetatis 70, illa an(n)o Christi 32a) 24. Septemb(ris) aetatis 60.Ossa sub hoc tumulo, patriae patris3) ossa GerhardiPatricii, placida morte soluta jacent.Extinxit fragilem mors nescia parcere vitamCorporis: extingui vivida fama nequit.Incubuit primis studio pietatis ab annis,Sanctae justitiae cura secunda fuit.Hisce gubernavit septem perb) lustra ministrisCum summis patriae laudibus imperium.Justitiae patuere fores hoc judice cunctisPropitioq(ue) bonis, terribilique malis:Jam digna fidi fruitur mercede laborisAeternumq(ue) locis vivit in Elisiis.Virtus nec eripi / nec surripi potest / unquam.

Übersetzung:

Der Mensch denkt, Gott lenkt.

Es ist der Ruhm der Tugend wahrhaft größer als (der Ruhm) des Geschlechts.

Epitaph der überaus berühmten Ehegatten Gerhard Patricius, des sehr verdienstvollen Landschreibers des Oberamts Kreuznach, und Katharina Primm(iana), von denen jener im Jahre Christi 1623 am 20. August verstorben ist, im Alter von 70 Jahren, jene im Jahr Christi (16)32, am 24. September, im Alter von 60 Jahren.

Unter diesem Grabmal liegen die Gebeine des Gerhard Patricius, die Gebeine eines Vaters des Vaterlandes, erlöst durch einen sanften Tod. Der Tod hat das zerbrechliche Leben des Körpers – unfähig es zu schonen – ausgelöscht: Der weiterlebende Ruhm jedoch konnte nicht ausgelöscht werden. Von den ersten Jahren an hat er sich dem Streben nach Frömmigkeit gewidmet, seine zweite Sorge galt der heiligen Gerechtigkeit. Mit diesen (beiden) Helfern hat er sieben Lustren lang (35 Jahre) sein Amt mit höchstem Lob des Vaterlandes ausgeübt. Allen standen die Tore der Gerechtigkeit offen unter diesem Richter, der den Guten günstig, den Bösen schrecklich war: Schon genießt er den verdienten Lohn seiner getreulichen Arbeit und lebt ewig in den elysischen Gefilden.

Die Tugend kann niemals entrissen noch heimlich weggenommen werden.

Versmaß: Ein Hexameter, sechs Distichen.

Kommentar

Der am 1. November 1552 geborene Gerhard Patrick4), erscheint erstmals 1570 als Schmied, dann 1586-1588 als Bürgermeister zu Trarbach. Von 1592 bzw. 1594 an amtierte er als markgräflich-badischer Landschreiber in Kreuznach, war damit zusammen mit dem ranggleichen kurpfälzischen Oberamtmann5) der höchste herrschaftliche Repräsentant der damals unter pfälzisch/badischem Kondominat stehenden Vorderen Grafschaft Sponheim. Seine Tätigkeit wurde im Herbst 1620 durch den Einmarsch kaiserlich-spanischer Truppen im Gefolge des 30jährigen Krieges abrupt beendet6). Nach seinen ersten beiden Trarbacher Ehen mit Maria Ernst und Margaretha von Eich heiratete er am 29. Januar 1600 in Kreuznach seine dritte Frau Katharina Primm. Vermutlich wurde das sicherlich aufwendig gestaltete, inhaltlich vor allem das Lob des Verstorbenen7) kündende Grabdenkmal noch zu seinen Lebzeiten bzw. anläßlich seines Todes für beide Ehegatten angefertigt. In diesem Fall wären die Todesdaten seiner später verstorbenen Ehefrau nachgetragen worden8).

Textkritischer Apparat

  1. Sic! für 1632.
  2. Kdm. liest SEPTEMBER.

Anmerkungen

  1. Soweit ersichtlich, folgt die Anordnung des Textes der bei Wickenburg vorgenommenen Einteilung; Großund Kleinschreibung wurde hingegen normalisiert, Zeichensetzung vom Bearbeiter. – Für hilfreiche Hinweise zu Übersetzung und Kommentar danke ich Dres. Luise und Klaus Hallof, Berlin.
  2. Sprichwort, gebildet nach Prv. 16,9 (vgl. Büchmann, Geflügelte Worte 23 und Wander, Sprichwörter-Lexikon 3, 593)
  3. Der wohl etwas zu hoch gegriffene, eigentlich nur Regenten oder herausragenden Kriegern zustehende Titel „Vater des Vaterlandes“ (vgl. etwa DI 3, Burgenland, Nr. 127 und DI 20, Großkreis Karlsruhe, Nr. 344) erklärt sich durch die Stellung des Verstorbenen; zudem spielen die Verse 1 und 2 mit seinem Namen und dem antiken Titel eines ‘patricius‘.
  4. Vgl. zum Folgenden vor allem die maschinenschriftlich vervielfältigte Zusammenstellung von H. Kießling, Patrick aus Trarbach an der Mosel (Heimatwissenschaftliche Zentralbibliothek Bad Kreuznach, Sign. Ch 130) sowie Velten, Weck- und Weinbuch 8. – Das Geschlecht führte einen steigenden Löwen im Wappen, vgl. zu weiteren Grabdenkmälern der Großfamilie K. Armknecht, Denksteine in den Kirchen von Herrstein und Mörschied, in: Archiv für Sippenforschung 37 (1971) 241ff.
  5. Vgl. etwa Nr. 465 von 1609.
  6. Vgl. dazu Fritsch, Kreuznach 24ff. – Patrick verfaßte im Jahr 1620 einen ausführlichen „Bericht der belägerung vnd einnehmung der Statt Creutzenach“, den er seiner vorgesetzten Behörde übermittelte (GLA Karlsruhe, Sponheimer Kopialbuch Nr. 67/1079 fol. 149-154; Angabe nach der teilw. Kopie bei Kießling).
  7. Die Wertschätzung seiner selbst erworbenen, ihm nicht mehr zu nehmenden virtus ist Thema des einleitenden wie des abschließenden Spruchs.
  8. Dafür könnte die gekürzte Form der Jahreszahl in ihrem Todesdatum sprechen.

Nachweise

  1. Wickenburg, Thesaurus Palatinus I 293f.
  2. Kdm. 72 (nach Wickenburg).

Zitierhinweis:
DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 508† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0050804.